Hitzeferien aufgrund hoher Temperaturen sind dem schweizerischen Arbeitsrecht fremd. Dennoch stellt sich an heissen Sommertagen die Frage nach zulässigen Arbeitsbedingungen und den entsprechenden Fürsorgepflichten der Arbeitgeber.

Das Obligationenrecht sowie das Arbeitsgesetz enthalten nur rudimentäre Regelungen in Bezug auf die Fürsorgepflichten betreffend Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. So schreibt das Obligationenrecht vor, dass der Arbeitgeber auf die Gesundheit der Arbeitnehmer gebührend Rücksicht zu nehmen hat. Das Arbeitsgesetz verpflichtet den Arbeitgeber zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebs angemessen sind. Diese Verpflichtung wird in der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz sowie in der (nicht justiziablen) 200-seitigen Wegleitung des Seco, welche zahlreiche Empfehlungen enthält, weiter konkretisiert. Darin werden die Massnahmen festgelegt, die der Arbeitgeber umzusetzen hat, damit die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird. Nachfolgend werden die Vorschriften und Empfehlungen für das Raumklima, die Lichtverhältnisse sowie die Sonneneinstrahlung erläutert.

 

Raumklima

Gemäss Verordnung 3 sind die Raumtemperatur, Luftgeschwindigkeit und relative Luftfeuchtigkeit so zu bemessen und aufeinander abzustimmen, dass ein der Gesundheit nicht abträgliches und der Art der Arbeit angemessenes Raumklima gewährleistet ist. Zusätzlich sind alle Räume künstlich oder auf natürliche Weise zu lüften. Muss in ungeheizten Räumen, in nicht vollumwandeten Bauten oder im Freien gearbeitet werden, so sind zusätzlich die erforderlichen Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer vor Kälte und Witterungseinflüssen zu treffen. Durch den Arbeitgeber ist dafür zu sorgen, dass sich die Arbeitnehmer an den einzelnen Arbeitsplätzen erwärmen können. Diese Vorschriften der Verordnung 3 lassen aber einen weiten Interpretationsspielraum offen. Die Empfehlungen der Wegleitung sind hier detaillierter.

Gemäss der Wegleitung beträgt die Lufttemperatur bei sitzenden, vor allem geistigen Tätigkeiten (z.B. Bildschirmarbeit) idealerweise 21–23°C. Bei sitzender, leichter Handarbeit werden 20–22°C empfohlen. Bei hohen Aussentemperaturen (z.B. Sommer) sind die empfohlenen Lufttemperaturen nach oben anzupassen (bis maximal 28°C). Je stärker die körperliche Belastung, desto tiefer ist die zu empfehlende Temperatur. So werden unter anderem bei mittelschwerer Arbeit im Stehen (z.B. Arbeit an der Maschine) 15 °C als adäquat empfunden. Bei diesen in der Wegleitung genannten Temperaturen handelt es sich aber nicht um zwingende Temperaturen, die nicht überschritten werden dürfen – sondern um Empfehlungen. Abweichungen davon können ein Indiz sein, dass die Verordnung 3 nicht eingehalten wird. An Sommertagen darf die maximale Temperatur auch gemäss Wegleitung überschritten werden.

Gewisse Personengruppen, z.B. Schwangere, Untergewichtige, Übergewichtige und ältere Arbeitnehmer, reagieren zudem besonders empfindlich auf Hitze. Bei Temperaturen über 30 °C wird daher gemäss Wegleitung eine erhöhte Aufmerksamkeit von den Arbeitgebern verlangt, da insbesondere in Räumlichkeiten ohne Kühlungsmöglichkeiten während Hitzeperioden gesundheitliche Hitzebeschwerden relativ schnell auftreten können. Generell schreibt die Verordnung vor, dass in der Nähe der Arbeitsplätze Trinkwasser zur Verfügung stehen muss.

 

Lichtverhältnisse

Auch den Lichtverhältnissen kommt besondere Bedeutung zu. Das Licht beeinflusst insbesondere das Sehen, die Physiologie des Menschen (Stoffwechsel, Kreislauf, Hormonhaushalt) und die Psyche. Damit übt das Licht einen wichtigen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Motivation des Menschen aus. Räume, Arbeitsplätze und Verkehrswege innerhalb und ausserhalb der Gebäude müssen daher entsprechend ihrer Verwendung ausreichend natürlich oder künstlich beleuchtet sein.

In den Arbeitsräumen muss Tageslicht vorhanden sein sowie eine künstliche Beleuchtung, welche der Art und den Anforderungen der Arbeit angepasste Sehverhältnisse (Gleichmässigkeit, Blendung, Lichtfarbe, Farbspektrum) gewährleistet. Räume ohne natürliche Beleuchtung dürfen nur dann als Arbeitsräume benützt werden, wenn durch besondere bauliche oder organisatorische Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen des Gesundheitsschutzes insgesamt Genüge getan ist.

 

Sonneneinstrahlung

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmer vor übermässiger Sonneneinwirkung sowie vor übermässiger Wärmestrahlung, die durch Betriebseinrichtungen und Arbeitsvorgänge verursacht wird, geschützt sind. Zu beachten ist, dass Sonneneinstrahlung durch Fenster das Raumklima von Arbeitsräumen empfindlich stören kann. Zusätzlich werden Arbeitnehmer durch direkte Sonnenbestrahlung durch die Fenster einer beachtlichen Wärmestrahlung ausgesetzt und dadurch in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt. Einer unerwünschten Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter etc. muss daher durch den Arbeitgeber vorgebeugt werden, so z.B. durch Sonnenschutzgläser, Beschattungselemente in der Fassade, Sonnenstoren oder reflektierende Folien bzw. Storen zwischen den Gläsern.

 

Möglichkeiten des Arbeitnehmers

Bei Verletzungen des Arbeitsgesetzes und der entsprechenden Verordnungen (vorliegend Verordnung 3) durch den Arbeitgeber ist es einem Arbeitnehmer erlaubt, sich an die Vollzugsbehörden des Arbeitsgesetzes (in der Regel die kantonalen Arbeitsämter) zu wenden. Die Wegleitung erläutert die Regelungen des Arbeitsgesetzes. Beschwerden werden vertraulich behandelt, die Arbeitsinspektoren unterstehen dem Amtsgeheimnis. Diese können vom Betrieb verlangen, dass angemessene Massnahmen getroffen werden, sofern die Gesundheit der Arbeitnehmer ungenügend geschützt ist. Auf diese Weise kann ein Arbeitnehmer einer direkten Konfrontation mit dem Arbeitgeber ausweichen. Zudem ist bei Verletzungen des Arbeitsgesetzes sowie der Verordnungen gleich wie bei einer Verletzung des Obligationenrechts eine Klage auf Schadenersatz und Genugtuung möglich, sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. In gravierenden Fällen kann eine Arbeitsverweigerung nach vorgängiger Abmahnung zulässig sein. Der Arbeitgeber gerät diesfalls in Annahmeverzug und bleibt lohnzahlungspflichtig.

Autoren: Nicolas Facincani / Juliane Jendis