Dem Streitwert einer Klage kommt in verschiedener Hinsicht Bedeutung zu. So kann er etwa für die sachliche Zuständigkeit (Einzelgericht, Kollegialgericht, ect.) oder die Verfahrensart (einfaches oder ordentliches Verfahren) relevant sein. Auch die Höhe der Gerichtskosten und Parteientschädigungen hängen vom Streitwert ab. Ebenso wird die Frage, ob ein Verfahren kostenlos ist, zum Teil aufgrund des Streitwerts entschieden.

Die Bestimmung des Streitwerts

Art. 91 der Schweizerischen Zivilprozessordnung bestimmt, dass der Streitwert durch das Rechtsbegehren bestimmt wird. Lautet dieses nicht auf eine bestimmte Geldsumme, setzt das Gericht den Streitwert fest.

Beziffert der Kläger also sein Klage (so etwa die Höhe der konkreten Lohnforderung)  ergibt sich der Streitwert aus dem Klagebegehren.

Lohnklage

Trotzdem ist die Höhe des Streitwerts bei einer Lohnklage nicht vollends geklärt. Wird nämlich eine Lohnklage anhängig gemacht, gäbe es theoretisch 4 Möglichkeiten für die Streitwertbestimmung:

  • Höhe des eingeklagten Betrages – wird der Nettolohn eingeklagt, wäre dieser relevant; wird der Bruttolohn eingeklagt, wäre dieser relevant
  • Höhe des Nettolohns (d.h. Bruttolohn abzüglich Beträge, welche dem Arbeitnehmer nicht zufliessen), unabhängig davon, ob der Netto- oder der Bruttolohn eingeklagt wird
  • Höhe des Bruttolohns, unabhängig davon, ob der Netto- oder der Bruttolohn eingeklagt wird
  • Höhe des Brutto-Bruttolohnes (zuzüglich der vom Arbeitgeber zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträgen).

Das Gesetz spricht sich nicht darüber aus, ob der Brutto- oder  der Nettolohn einzuklagen ist, wobei sich der Nettolohn aus vollstreckungsrechtlichen Gründen anbietet.

Gemäss dem sich in der Praxis herausgebildeten helvetischen Kompromiss stellen die Gericht in der Regel auf den Bruttolohn für die Bestimmung des Streitwerts ab. Wird also ein Nettolohn eingeklagt, bestimmt sich der Streitwert dennoch nach dem Bruttolohn. So hat auch das Obergericht des Kantons Bern kürzlich entschieden (vgl. Entscheid vom 30. Oktober 2017, ZK 17 441). Dies ist insbesondere bei Einleitung einer Klage zu beachten. Wird ein Nettolohn von CHF 30’000 eingeklagt, ist der Streitwert über CHF 30’000 (dies ist insbesondere relevant, weil arbeitsrechtliche Klagen bis CHF 30’000 kostenlos sind und im vereinfachten Verfahren behandelt werden).

Richterliche Fragepflicht

Das Berner Obergericht hat aber entschieden (vgl. Entscheid vom 30. Oktober 2017, ZK 17 441), dass in einem Fall, wo sich aus den Akten ergibt, dass ein Kläger von einem vereinfachten Verfahren ausgeht (da er eine Netto-Lohnforderung von CHF 30’000 einklagt), das Gericht abzuklären hat, ob dieser bei Kenntnis der Sachlage am Streitwert festhält oder nicht. Hält er daran fest, ist der Streitwert mehr als CHF 30’000 (Bruttolohn) und die Klage ist im ordentlichen nicht-kostenlosen Verfahren zu behandeln. Der Kläger könnte aber in diesem Fall die eingeklagte Forderung auf einen Brutto-Betrag von CHF 30’000 reduzieren und somit die Kostenlosigkeit des Verfahrens und das vereinfachte Verfahren sicherstellen.

Autor: Nicolas Facincani