Das Bundesgericht hat sich in den Urteilen vom 15. Januar 2019 (4A_215/2017, 4A_230/2018) mit der Frage befasst, ob Grenzgängern der Lohn wegen der Frankenstärke in Euro hat ausbezahlt werden dürfen (sog. Eurolöhne). Die kantonalen Vorinstanzen erachteten dies aufgrund des Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der EU als unzulässig.

Die klagenden Arbeitnehmer wohnen in Deutschland bzw. Frankreich und arbeiteten als Grenzgänger in der Schweiz. Die Unternehmen im Kanton Schaffhausen und im Kanton Jura hatten diesen Arbeitnehmern den Lohn während mehrerer Jahre ganz oder teilweise zu einem nachteiligen Wechselkurs in Euro entrichtet. Einer entsprechenden Vertragsänderung – wonach der Lohn statt wie bislang in Schweizer Franken, fortan in Euro ausbezahlt wird – hatten die Arbeitnehmer im Jahr 2011 zugestimmt. Erst im Jahr 2015 bzw. 2016 forderten sie von ihren Arbeitgebern die Zahlung des Differenzbetrags – jeweils rund 20’000 Schweizer Franken. So viel weniger hatten die klagenden Arbeitnehmer in den fraglichen Perioden erhalten, weil ihnen der Lohn in Euro ausbezahlt worden war.

 

Allgemeine Regelung

Gemäss Art. 323b Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn in gesetzlicher Währung – also in Schweizer Franken – während der Arbeitszeit auszurichten und eine schriftliche Abrechnung zu übergeben. Hinsichtlich der Währungsart ist eine abweichende Vereinbarung oder Übung möglich (zur Frage der Zulässigkeit der Bezahlung des Lohnes in Bitcoins – siehe auch den Link). Die Auszahlung in anderer als gesetzlicher Währung kann sich insbesondere für Grenzgänger oder Arbeitnehmer, die vorübergehend im Ausland tätig sind, anbieten. Fehlt hingegen eine entsprechende Vereinbarung oder Übung, so müssen auch in Grenznähe gelegene Betriebe den Lohn weiterhin in Schweizer Franken entrichten – es kann somit nicht einfach auf eine andere Währung gewechselt werden, nur weil diese aufgrund des Wechselkurses interessanter wird.

 

Erwägungen des Bundesgerichts

Nach Art. 2 des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der europäischen Union (FZA) dürfen Staatsangehörige einer Vertragspartei, die sich rechtmässig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, nicht auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden. Art. 9 von Anhang I FZA untersagt eine unterschiedliche Entlöhnung von Angehörigen eines Vertragsstaates gegenüber inländischen Arbeitnehmern. Somit sind Vertragsbestimmungen, welche diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen, nichtig. Zwar hat das Bundesgericht die Frage der Drittwirkung des Verbots der Arbeitnehmerdiskriminierung auf private Arbeitgeber diskutiert, allerdings hat es diese sowie die Frage, ob eine unzulässige Arbeitnehmerdiskriminierung vorliegt, offengelassen. Dies rührt daher, dass das Bundesgericht die Beschwerden der beiden Unternehmen aus einem anderen Grund gutgeheissen hat: In casu hatten die klagenden Arbeitnehmer im Jahr 2011 in eine Vertragsänderung zur Ausrichtung ihres Lohnes in Euro – im Wissen um die besonderen Umstände dieser Lohnmassnahme sowie darum, dass ein in Schweizer Franken entrichteter Lohn in Anbetracht des tatsächlichen Wechselkurses einen höheren Eurobetrag ergeben hätte – eingewilligt. Das Bundesgericht hat ihre erst nach Jahren erhobenen Nachforderungen aufgrund der besonderen Umstände als rechtsmissbräuchlich beurteilt und die Beschwerden der beiden Unternehmen gutgeheissen. Damit bleibt die Frage, ob die Bezahlung von Löhnen an Grenzgänger in Euro grundsätzlich gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU verstösst, weiterhin ungeklärt. Die Begründung der Urteile liegt noch nicht vor.

 

Autoren: Nicolas Facincani / Jacqueline Brunner