Sofern ein internationales Arbeitsverhältnis vorliegt, ist zu beachten: Nicht alle Arbeitsverträge, welche mit einem Schweizer Arbeitgeber abgeschlossen werden, unterliegen automatisch schweizerischem Recht.

Gemäss Art 121 Abs. 1 IPRG (Bundesgesetz über das internationale Privatrecht) unterliegt ein Arbeitsvertrag im internationalen Verhältnis grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem sich der gewöhnliche Arbeitsort befindet. Damit ist der Ort gemeint, an dem der Arbeitnehmer vorwiegend aktiv tätig ist. Für die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes ist die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, dessen Verknüpfung mit der Arbeitsstätte, sowie die Eingliederung in den Betrieb massgeblich. Wird der Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeit vorübergehend in einen anderen Staat entsendet, ist im Einzelfall auf seine Verbindung mit seinem Betrieb abzustellen.

Von dieser grundsätzlichen Regelung wird in Art. 121 Abs. 2 IPRG abgewichen. Dieser regelt Fälle, in denen kein bestimmter Standort als gewöhnlicher Arbeitsort bestimmt werden kann. Es ist an folgende Konstellationen zu denken: die Arbeitsleistung wird gewöhnlich in mehreren Staaten erbracht (bspw. Arbeit für multinationale Konzerne), die Arbeit wird in mehreren Staaten geleistet, ohne dass ein Schwerpunkt lokalisierbar ist (bspw. bei Montagearbeiten, Baustellenarbeiten), oder der gewöhnliche Arbeitsort befindet sich im sog. juristischen Niemandsland (bspw. Hochsee-Bohrinsel, Weltraumstation). In solchen Fällen untersteht der Arbeitsvertrag gemäss Art. 121 Abs. 2 IPRG dem Recht des Staates in dem sich die Niederlassung, d.h. der Betrieb, des Arbeitgebers befindet. Bei Beschäftigung von Arbeitnehmern in Zweigstellen ist der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehung des Arbeitnehmers befindet, massgeblich. Fehlt es an einer Niederlassung sind subsidiär der Wohnsitz bzw. Sitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Arbeitgebers für die Anknüpfung massgeblich (ist der Arbeitgeber eine juristische Person, kommt nur der statutarische Sitz in Frage).

Absatz 3 sieht sodann die Möglichkeit der Rechtswahl vor. Die Parteien können gemäss Art. 121 Abs. 3 IPRG den Arbeitsvertrag dem Recht am gewöhnlichen Arbeitsort des Arbeitnehmers oder dem Recht des Staates unterstellen, in dem sich die Niederlassung, der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Arbeitgebers befindet.

 

Entscheid des Bundesgerichts 4A_430/2018 vom 4. Februar 2019

Ein Beispiel für die Anwendung dieser Bestimmungen findet man im Entscheid des Bundesgerichtes 4A_430/2018 vom 4. Februar 2019.

Darin ging es um eine Schweizer Aktiengesellschaft, die einer Gruppe angehört, die unter anderem noch eine Produktionsstätte in Frankreich und eine Tochtergesellschaft in Marokko umfasst.

Die Schweizer Aktiengesellschaft stellte den Arbeitnehmer als Projektleiter ein. Zuerst arbeitete er in der Produktionsstätte in Frankreich und anschliessend war er für die Gründung und den Aufbau der Tochtergesellschaft in Marokko zuständig, deren Geschäftsführer auch war. Im Rahmen einer Bonusstreitigkeit argumentierte der Arbeitnehmer, auf den Arbeitsvertrag sei nicht das Recht der Schweiz, sondern das Recht Marokkos anwendbar. Das obere kantonale Gericht verneinte dies mit der nachfolgenden Begründung, was auch vom Bundesgericht (aufgrund mangelnder Argumentation) geschützt wurde:

 

Begründung der Gerichte

Obgleich der Arbeitnehmer vorallem in Marokko tätig war, wurde er von Genf aus angestellt. Die Arbeit wurde von der Schweiz aus organisiert und auch die Sozialabgaben wurden nach dem Recht der Schweiz abgezogen. Der Lohn wurde in Schweizer Franken bezahlt und auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen. Sodann war der Arbeitnehmer einer schweizerischen Pensionskasse angeschlossen und absolvierte während der Arbeitszeit einen MBA an der Universität Genf, weshalb er sich stets zwischen Genf und Marokko aufhielt. Sodann wurde in der Tatsache, dass der Lohn in Schweizer Franken bezahlt wurde und die Sozialabgaben nach dem Recht der Schweiz bestimmt wurden, eine stillschweigende Vereinbarung des schweizerischen Rechts erblick (Faisant sien le raisonnement des juges de première instance, la cour cantonale a retenu que l’employé avait principalement travaillé pendant une période au sein de X.________ Maroc, puisque la création de cette société lui avait été confiée. Il était toutefois domicilié à Genève depuis qu’il était entré en fonction au sein de l’employeuse, son activité au Maroc était organisée depuis la Suisse et son salaire, duquel étaient déduites des charges sociales suisses, était versé en francs suisses sur un compte suisse. En outre, l’employé était affilié à une caisse de pension suisse et avait effectué un MBA à l’Université de Genève, payé par son employeur, raison pour laquelle il partageait son temps entre le Maroc et la Suisse. Enfin, une élection tacite en faveur du droit suisse résultait du versement du salaire en francs suisses et de la déduction de charges sociales suisses).

Der Entscheid überzeugt nicht vollends. Dem Bezug zu Marokko scheint im Rahmen des zu beurteilenden internationalen Arbeitsverhältnisses eine grosse Bedeutung zuzukommen. Und das Abstellen auf die Währung und die Sozialversicherungsabgaben für die Begründung einer Rechtswahl scheint etwas einfach.

Es empfiehlt sich, um Klarheit zu schaffen, in jeden Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel aufzunehmen.

 

Autoren: Nicolas Facincani / Aline C. Camin