Das Bundesgericht hatte sich im Entscheid BGer 9C_560/2020 vom 27. Januar 2021 mit der Frage auseinanderzusetzen, wie einem Studenten, der ebenfalls in einem Teilzeitpensum einer Erwerbstätigkeit nachging, die Entschädigung gemäss EOG zu bemessen ist. Ist einem solchen Fall neben der Entschädigung gestützt auf den Status als Erwerbstätiger eine anteilsmässige Entschädigung gestützt auf den Status als Nichterwerbstätiger (Student) auszurichten?

 

Sachverhalt

Dem Entscheid BGer 9C_560/2020 vom 27. Januar 2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der 1986 geborene Arbeitnehmer/Student war seit 2014 in Teilzeit erwerbstätig und im Übrigen Fachhochschulstudent. Er leistete in den Jahren 2015 bis 2018 verschiedentlich Militärdienst. Hierfür erhielt er jeweils Entschädigungen für Dienstleistende, wobei ihn die Ausgleichskasse als Erwerbstätigen qualifizierte und seine Erwerbsausfallentschädigung entsprechend am durch die Teilzeittätigkeit erwirtschafteten Einkommen bemass.

Der Arbeitnehmer/Student war hingegen der Ansicht, dass ihm für in den Jahren 2015 bis 2018 geleistete Militärdienste nebst der Entschädigung gestützt auf den Status als Erwerbstätiger eine anteilsmässige Entschädigung gestützt auf den Status als Nichterwerbstätiger (Student) auszurichten sei.

 

Erwerbsersatz während Militärdienst

Gemäss Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (EOG) haben Personen, die in der schweizerischen Armee oder im Rotkreuzdienst Dienst leisten, für jeden besoldeten Diensttag Anspruch auf eine Entschädigung. Ausgenommen sind Angestellte der Militärverwaltungen des Bundes und der Kantone deren Militärdienstpflicht verlängert wurde, die freiwillig Militärdienst leisten oder den Dienst in der Militärverwaltung leisten. Die Entschädigung gilt bereits für den Tag der Rekrutierung.

Artikel 10 des EOG hält fest, wie die Entschädigung für andere Dienste als die Rekrutenschule zu bemessen ist. Dabei wird zwischen Erwerbstätigen und nicht Erwerbstätigen unterschieden

1 Während Diensten, die nicht unter Artikel 9 fallen, beträgt die tägliche Grund­ent­schädigung 80 Prozent des durchschnittlichen vor­dienstli­chen Erwerbsein­kom­­­mens. Vorbehalten bleibt Artikel 16 Absätze 1–3.

2 War die dienstleistende Person vor Beginn des Dienstes nicht erwerbstätig, so entspricht die tägliche Grund­entschädigung den Mindest­beträgen gemäss Artikel 16 Absätze 1–3.

 

Kantonaler Entscheid

Bereits die kantonalen Behörden lehnten das Begehren des Arbeitsnehmers/Studenten ab. Der Gesetzgeber qualifiziere jede versicherte Person entweder als Erwerbstätige oder Nichterwerbstätige (Art. 10 EOG; Art. 2 EOV). Dass eine Kumulation der Entschädigung für Erwerbstätige und Nichterwerbstätige nicht beabsichtigt sei, ergebe sich nicht nur aus der Regelung der Entschädigung, sondern auch aus derjenigen der Beiträge (Art. 27 Abs. 2 EOG). Die Tatsache, dass ein Teilzeiterwerbstätiger – anders als ein vollzeitlich Erwerbstätiger – nicht für ein vollzeitliches Erwerbspensum entschädigt werde, stelle keine unsachgemässe Schlechterstellung dar. Der Teilerwerbstätige erhalte zudem im Minimum die Entschädigung, die einem Nichterwerbstätigen zustehe, weshalb auch im Vergleich zu diesem keine Schlechterstellung vorliege. Da der Versicherte vor den jeweiligen Diensten unbestritten einer teilzeitlichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, erweise sich die Qualifikation als Erwerbstätiger als rechtens.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht schützte den Entscheid der kantonalen Vorinstanzen:

Der Arbeitnehmer/Student verkenne mit seiner Argumentation, wonach er für die geleistete volle Tätigkeit in der Armee zu 100 % zu entschädigen sei, dass es sich bei den Entschädigungen nach dem EOG eben gerade – bereits dem Namen nach – nicht um  Dienstlohn handle der für alle Dienstleistenden gleichermassen nach dem geleisteten (i.d.R. vollen) Pensum zu bemessen wäre, sondern um  Erwerbsersatz, der grundsätzlich – vorbehältlich der minimalen Entschädigung für Nichterwerbstätige – am durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommen zu bemessen sei (Art. 10 Abs. 1 EOG). Auf die vorinstanzlichen Ausführungen zur Qualifikation einer Person entweder als erwerbs- oder als nichterwerbstätig (tertium non datur) sowie zum Fehlen einer unsachgemässen Ungleichbehandlung der teilzeitlich Erwerbstätigen könne ohne Weiterungen verwiesen werden.

 

Autor: Nicolas Facincani