Das Universitätsspital Basel (USB) betreibt eine eigene KiTa. Spitalmitarbeitende, die dieses Betreuungsangebot oder das einer anderen angeschlossenen KiTa in Anspruch nehmen, haben die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung durch das USB für die Betreuungskosten. Ausgerichtet wird der Betrag vom USB nicht an die Eltern, sondern direkt an die KiTa. Die Ausgleichskasse Arbeitgeber Basel kam 2019 zum Schluss, dass auf die Subventionen des USB bisher fälschlicherweise keine AHV-Beiträge erhoben worden seien.

 

Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt

Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt stellte auf Beschwerde des USB 2021 fest, dass die KiTa-Subventionen von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen seien; die KiTa-Subventionen seien als Familienzulagen zu betrachten, die gemäss Artikel 6 der AHV-Verordnung beitragsbefreit seien. Das Bundesgericht fasste die Ausführungen der Vorinstanz wie folgt zusammen:

Das kantonale Gericht hat diesbezüglich erwogen, die KiTa-Subvention diene im Grunde dem gleichen Zweck wie die (beitragsfreien) Familien- und Haushaltszulagen. Dabei gehe es stets um die Minderung der Kosten, welche Erwerbstätigen durch die notwendige Fremdbetreuung ihrer Kinder anfallen. Abgegolten würden Mehrkosten, welche im Zusammenhang mit der Familie stünden. Ferner komme der KiTa-Subvention Sozialleistungscharakter zu. Diese bezwecke nebst der Entlastung von Personen mit Betreuungspflichten die Unterstützung des Spitals bei der Rekrutierung und Erhaltung von Arbeitskräften mit Erziehungspflichten, sei doch gerade die Tätigkeit im Spital mit speziellen Arbeitszeiten verbunden. Alsdann könne der KiTa-Subvention in Anbetracht des Verhältnisses zum Grundlohn der Charakter einer echten sozialen Zulage nicht abgesprochen werden, auch wenn diese nicht jedem Bezüger in gleicher Höhe zustehe. Die in der Verordnung vorgesehene Orts- und Branchenüblichkeit sei zu bejahen, nachdem andere ortsansässige (private) Arbeitgeber ebenfalls Kindertagesstätten führten, deren Tarife einkommensabhängig seien, wobei subventionierte Plätze angeboten würden. Da somit der soziale Charakter wie auch die Orts- und Branchenüblichkeit gegeben seien, müsse von beitragsbefreiten Familienzulagen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV ausgegangen werden.

 

Argumentation der Ausgleichkasse

Die Ausgleichskasse erhob Beschwerde an das Bundesgericht und hielt den Ausführungen der Vorinstanz dem im Wesentlichen entgegen, bei genauerem Hinsehen könnten die KiTa-Subventionen keiner der in Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV aufgeführten Zuschussarten zugewiesen werden. Die dort genannten periodischen Leistungen der Kinder- respektive Haushaltszulagen seien an ein Kindesverhältnis, an eine Kinderunterstützungsverpflichtung oder an einen Familienhaushalt gebunden. Demgegenüber bestehe der Zweck der KiTa-Subvention darin, die Fremdbetreuung in der subventionierten Betreuungseinrichtung zu sichern. Handelte es sich dabei um eine Familienzulage im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV, so müsste diese allen Mitarbeitern des Spitals, welche für den Unterhalt eines Kindes aufzukommen hätten oder einen Familienhaushalt führten, in gleicher Höhe zukommen. Nicht anders zu behandeln wären diesfalls Beiträge des Arbeitgebers an eine Musik- oder Reitschule, wenn damit bezweckt werde, den Kindern Zugang zu erschwinglichem Musik- oder Reitsportunterricht zu gewähren. Letzteres hätte jedoch eine regelrechte Erosion des Beitragssubstrats zur Folge, was nicht der Intention des Verordnungsgebers entspreche. Im Übrigen lasse sich nicht nachvollziehen, wie hoch die Zuschüsse im Vergleich seien. Daher bleibe die in Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV erwähnte Orts- und Branchenüblichkeit ungeklärt.

 

Das Bundesgericht

In seinem Entscheid vom 9C_466/2021 vom 17. Oktober hielt das Bundesgericht fest, dass eine Auslegung ergebe, dass es sich bei KiTa-Subventionen entgegen der Auffassung des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt nicht um Familienzulagen im Sinne der AHV-Verordnung handelt. Als Familienzulagen gelten insbesondere Haushaltszulagen, die feste, von der Höhe des Lohnes unabhängige Leistungen darstellen, die für alle anspruchsberechtigten Angestellten gleich hoch ausfallen müssen. Die KiTa-Subventionen des USB werden indessen nur zu Gunsten von Mitarbeitenden ausgerichtet, deren Nettohaushaltseinkommen einen gewissen Betrag nicht übersteigt. Bei den Familienzulagen kennt dagegen kein einziger Kanton eine an das Haushaltseinkommen gebundene Lösung. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass Eltern selbst dann nicht automatisch von den KiTa-Subventionen des USB profitieren können, wenn ihr Einkommen unter dem Grenzbetrag liegt; vielmehr erfolgt jeweils eine Bedürfnisabklärung im Einzelfall. Schliesslich haben KiTa-Subventionen zwar ebenso wie Familienzulagen die finanzielle Entlastung der Eltern zum Ziel. Allerdings ist zu beachten, dass die KiTa-Subventionen auch einen Anreiz bei der Personalrekrutierung und -erhaltung darstellen und damit über einen rein sozialen Zweck hinausgehen.

8.

8.1. Nicht jede Vergünstigung mit sozialem Charakter gilt als Familienzulage. Das Beschwerde führende BSV vertritt die Auffassung, dass die KiTa-Subvention insbesondere deshalb keine Familienzulage im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV darstellt, weil sie nicht allen Mitarbeitenden in gleicher Höhe zukommt.

8.2. Das heutige FamZG basiert auf der am 13. März 1991 von Nationalrätin Angeline Fankhauser eingereichten parlamentarischen Initiative (91.411). Diese verlangte insbesondere, dass jedes in der Schweiz wohnhafte Kind Anspruch auf eine fixe Zulage von mindestens Fr. 200.- pro Monat hat. Nach dem Bericht der mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Gesetzesvorlage betrauten Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 20. Dezember 1998 war beabsichtigt, die Vielfalt der bis dahin geltenden Regelungen mit 26 verschiedenen kantonalen Familienzulagensystemen für Arbeitnehmer zu vereinheitlichen. Vor allem die Ungleichbehandlung, dass einige Bevölkerungsgruppen gänzlich vom Anspruch ausgeschlossen waren, wurde als störend empfunden. So erhielten unter damaligem Recht selbständigerwerbende Landwirte bundesrechtliche Familienzulagen nur dann, wenn ihr Einkommen unter einer gewissen Grenze lag (vgl. Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft vom 20. Juni 1952 [FLG; SR 836.1]); lediglich sechs Kantone kannten Zulagen ohne Einkommensgrenze. Nichtlandwirtschaftliche Selbständigerwerbende konnten nur in zehn Kantonen Familienzulagen beziehen; in sieben davon galt eine Einkommensgrenze. Ein Anspruch für Nichterwerbstätige war ausserdem nur in vier Kantonen vorgesehen. Das neue Familienzulagensystem sollte auf dem bereits in der Initiative Fankhauser enthaltenen Grundsatz „ein Kind – eine Zulage“ beruhen. Danach wird die Zulage für jedes Kind ausgerichtet, und zwar „unabhängig vom Beruf der Eltern und von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit“ (zum Ganzen: BBl 1999 III 3224 f.; vgl. auch: KIESER/REICHMUTH, a.a.O., N. 21 Einleitung; MAJA JAGGI, Die Entstehung des Familienzulagengesetzes, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], Bundesgesetz über die Familienzulagen [FamZG], S. 55). Dieses Prinzip gilt zumindest im hier interessierenden Kontext der Unselbständigerwerbenden im nicht landwirtschaftlichen Bereich bis heute (Art. 5 Abs. 1 FamZG: „Die Kinderzulage beträgt mindestens 200 Franken pro Monat.“). Daraus erhellt, dass der Gesetzgeber sämtliche Beziehenden gleich behandeln wollte, indem pro Kind ein (relativ) fixer Betrag zur Auszahlung gelangt. Es sollte, wie in den meisten europäischen Ländern bereits vorgesehen, „die Verknüpfung zwischen dem Grad der Erwerbstätigkeit und der Höhe der Zulage“ aufgegeben werden (BBl III 1999 3221). Eine einkommensabhängige Familienzulage, wie sie die KiTa-Subvention gemäss Reglement darstellt (vgl. E. 6.2 hievor), steht zu diesem Grundgedanken im Widerspruch.

8.3. In systematischer Hinsicht handelt es sich beim FamZG um ein Rahmengesetz, wobei von Anfang an feststand, dass den Kantonen weiterhin eine erhebliche Kompetenz verbleibt (vgl. BBl III 1999 3221; 2000 4788). Dieser Grundsatz wurde beibehalten (vgl. BBl 2004 6900; AB 2005 N 265). Die Kantone haben in der Regel Einführungsgesetze erlassen, welche teilweise höhere und/oder andere Leistungen als das FamZG enthalten (vgl. dazu: URS-CHRISTOPH DIETERLE, Umsetzung auf kantonaler Ebene, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], Bundesgesetz über die Familienzulagen [FamZG], S. 75 ff.). Auf Letztere finden ebenfalls die Bestimmungen des FamZG Anwendung, wobei solche anderen Leistungen ausserhalb dieser Familienzulagenordnung geregelt und finanziert werden müssen (Art. 3 Abs. 2 FamZG). Im Kanton Basel-Stadt beträgt die Kinderzulage beispielsweise mindestens 275 Franken, die Ausbildungszulage mindestens 325 Franken pro Monat je anspruchsberechtigtes Kind (Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Familienzulagen vom 4. Juni 2008 [Familienzulagengesetz; EG FamZG; SG 820.100]). Im Weiteren bestehen kantonale Vorschriften, welche ab einem bestimmten Alter des Kindes oder ab dem dritten Kind eine Erhöhung des Grundansatzes vorsehen (so etwa im Kanton Wallis; Art. 9 des Ausführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Familienzulagen vom 11. September 2008 [AG FamZG/VS; SGS 836.1]). Eine an das Haushaltseinkommen gebundene Familienzulage kennt hingegen kein einziger Kanton, sondern die Leistungen für Unselbständigerwerbende sind dadurch gekennzeichnet, dass sie unabhängig vom finanziellen Bedarf ausgerichtet werden (vgl. auch: KIESER/REICHMUTH, a.a.O., Einleitung N. 12). „Ein Kind – eine Zulage“ heisst – von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen (vgl. betreffend Nichterwerbstätige: Art. 19 Abs. 2 FamZG) – somit richtig verstanden auch, dass im Unterschied zur KiTa-Subvention gerade nicht nach elterlichem Einkommen differenziert wird („Jedes Kind ist gleich viel wert.“). Dies stützt das Resultat der historischen Auslegung.

8.4. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass das Reglement die KiTa-Subvention nicht nur von einer Einkommensgrenze abhängig macht (vgl. E. 6.2 hievor), sondern die betreffende Arbeitgeberzuwendung an eine Reihe weiterer Voraussetzungen knüpft. So besteht ein Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz nur für Angestellte des Spitals A.________, ab dem Jahr 2016 sogar lediglich bis zum Eintritt des Kindes in die Primarschule (Ziff. 1.2 des Reglements vom 1. Mai 2014 und Ziff. 2.2 des Reglements vom 1. November 2016). Fällt das Arbeitsverhältnis dahin, so erlischt auch die Möglichkeit der KiTa-Subvention. Es besteht folglich neben der Einkommenskoppelung auch eine Bindung an das Arbeitsverhältnis sowie an das Alter des zu betreuenden Kindes. Die Eltern müssen sodann die betriebseigene oder eine angeschlossene Kindertagesstätte berücksichtigen. Abgesehen davon ist eine über das Arbeitspensum hinausgehende Betreuung zum Vornherein von der Subventionierung ausgeschlossen (Ziff. 2.2 des Reglements vom 1. Mai 2014 und Ziff. 3.2 des Reglements vom 1. November 2016). Mit anderen Worten kann längst nicht jeder Mitarbeitende von der Subvention profitieren, selbst wenn er oder sie über ein unter der reglementarischen Obergrenze liegendes Haushaltseinkommen verfügt. Im Gegenteil erfolgt gemäss Reglement explizit eine Bedürfnisabklärung im Einzelfall. Ebenso besteht nach dem Gesagten eine Verknüpfung mit dem Grad der Erwerbstätigkeit (Arbeitspensum), was der Gesetzgeber bei den Familienzulagen explizit als Missstand erkannt hatte und beheben wollte (vgl. E. 8.2 hievor). Diese zusätzlichen Faktoren sind mit dem Charakter einer Familienzulage unvereinbar. Obschon (auch) der KiTa-Subvention eine soziale Komponente nicht abgesprochen werden kann, ist sie mit Blick auf ihre reglementarische Ausgestaltung – wie das BSV zu Recht geltend macht – somit klar von einer Familienzulage zu unterscheiden. Daher besteht kein hinreichender Anhaltspunkt, dass sie beitragsrechtlich gleich zu behandeln wäre wie die gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV von der Beitragspflicht ausgenommenen Familienzulagen.

9.

9.1. Demzufolge hält die von der Vorinstanz vertretene Sichtweise, wonach die im Reglement vorgesehene KiTa-Subvention eine Familienzulage nach Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV darstellt, einer näheren Betrachtung unter Einbezug historischer und systematischer Gesichtspunkte nicht stand. Daran vermag das vom Beschwerdegegner angerufene Urteil H 120/94 vom 7. November 1994 (SVR 1995 AHV Nr. 50 S. 137), welches deutlich vor Erlass des FamZG erging, nichts zu ändern. Weiterungen zur Orts- und Branchenüblichkeit erübrigen sich.

9.2. Bringt der Beschwerdegegner schliesslich im Eventualantrag vor, die KiTa-Subvention sei in Anbetracht der behördlichen Auskunft vom August 2014 nach Treu und Glauben von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen, so ist dem kein Erfolg beschieden. Wohl hielt die Ausgleichskasse im August 2014 auf Nachfrage hin fest, da die Zahlungen direkt an die betreuenden Einrichtungen gingen, seien sie nicht AHV-pflichtig (vgl. E-Mail vom 20. August 2014). Indessen ist weder ersichtlich noch in der Vernehmlassung (substanziiert) dargetan, inwieweit der Beschwerdegegner gestützt darauf Dispositionen getroffen hätte, welche ohne die fragliche Angabe der Ausgleichskasse unterblieben wären und die zudem nicht ohne Nachteil wieder rückgängig gemacht werden könnten. Eine Berufung auf Art. 9 BV fällt deshalb ausser Betracht (zu den Voraussetzungen: BGE 143 V 95 E. 3.6.2; 141 V 530 E. 6.2). Was sodann den vom Beschwerdegegner nur sinngemäss geltend gemachten Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht anbelangt, indem die KiTa-Subvention (auch) bei den kantonalen Stellen nach wie vor nicht als massgeblicher Lohn behandelt werde, bleibt dieser Umstand vernehmlassungsweise gänzlich unbelegt. Abgesehen davon zeigt der Beschwerdegegner auch hier nicht auf, weshalb die dafür nach der Rechtsprechung geltenden (strengen) Anforderungen ausnahmsweise erfüllt sein sollten (dazu etwa: Urteil 2C_807/2015 vom 19. Oktober 2016 E. 6.3 mit Hinweis auf BGE 139 II 49 E. 7.1). Damit verbietet sich eine Beitragsbefreiung auf diesem Weg.

 

Autor: Nicolas Facincani

 

 

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