Das Freizügigkeitsabkommen (FZA) wurde am 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz unterzeichnet. Durch das FZA und dessen Protokolle werden die Lebens- und Arbeitsbedingungen für EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Schweiz vereinfacht. Ergänzt wird das Freizügigkeitsrecht durch die gegenseitige Anerkennung von Berufsdiplomen, durch das Recht auf den Erwerb von Immobilien und die Koordination der Sozialversicherungssysteme. Die gleichen Regelungen gelten für Staatsangehörige der EFTA-Länder. Seit dem 1. Juni 2002 ist das FZA in Kraft. Bei jeder EU-Erweiterung wurde das Abkommen mit einem Zusatzprotokoll auf die neuen EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet.

Am 1. Juli 2013 ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten. Die Erweiterung des FZA auf Kroatien wurde in einem neuen Protokoll III ausgehandelt. Das Zusatzprotokoll sieht während eines Übergangszeitraums von zehn Jahren eine allmähliche und schrittweise Öffnung des Zugangs von kroatischen Staatsangehörigen zum Schweizer Arbeitsmarkt vor. Seit dem 1. Januar 2022 gilt für Kroatinnen und Kroaten die volle Personenfreizügigkeit.

 

Schutzklausel

Die im FZA vorgesehene Schutzklausel erlaubt es der Schweiz, für eine begrenzte Zeit einseitig wieder Bewilligungskontingente einzuführen, wenn die Zuwanderung aus Kroatien einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Dieser Schwellenwert ist erreicht, wenn die Zahl der erteilten Bewilligungen (2022) mehr als 10 Prozent über dem Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre (2019-2021) liegt.

 

Aktivierung Schutzklausel durch den Bundesrat

Zwischen Januar und Oktober 2022 hat die Schweiz 2413 Bewilligungen B für kroatische Arbeitskräfte erteilt, während der Schwellenwert für das gesamte Jahr 2022 bei 178 liegt (in den Jahren 2019-2021, als noch Höchstzahlen anwendbar waren, betrug der Jahresdurchschnitt 162 Bewilligungen B, +10 %). Die quantitativen Bedingungen für die Anwendung der einseitigen Schutzklausel im nächsten Jahr sind somit erfüllt.

Der Bundesrat hat entschieden, die Anzahl der kroatischen Arbeitnehmenden und Selbständigen ab dem 1. Januar 2023 zu beschränken (siehe Pressemitteilung zur Aktivierung der Ventilklausel unten). Die Wiedereinführung der Kontingentierung betrifft die Erteilung von erstmaligen Kurzaufenthaltsbewilligungen L und Aufenthaltsbewilligungen B zur Erwerbstätigkeit:

In Übereinstimmung mit den rechtlichen Bestimmungen wird die Schweiz ab dem 1. Januar 2023 wieder Kontingente für Bewilligungen B und L einführen. Im Jahr 2023 stehen 1150 neue Bewilligungen B und 1007 neue Bewilligungen L für kroatische Arbeitskräfte zur Verfügung.

Der Bundesrat nutzt somit die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente für eine bessere Migrationssteuerung entsprechend dem wirtschaftlichen Bedarf. In der Vergangenheit hat er wiederholt gegenüber Angehörigen anderer Staaten, die neu der EU beigetreten waren, von der Schutzklausel Gebrauch gemacht. Durch die Anwendung dieser Schutzmassnahme sorgt er für eine allmähliche und schrittweise Umsetzung der Personenfreizügigkeit für kroatische Staatsangehörige auf dem Schweizer Arbeitsmarkt.

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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