Das Entsendegesetz (EntsG) sowie die dazugehörige Verordnung regeln die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen, die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmern gewährt werden müssen, indem es eine bestimmte Anzahl der in der Schweiz geltenden Regelungen auf diese Arbeitnehmer anwendbar erklärt.

Es handelt sich um die folgenden Bereiche:

  • Arbeits- und Ruhezeit,
  • Mindestdauer der Ferien,
  • minimale Entlöhnung,
  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz,
  • Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen,
  • Gleichbehandlung von Frau und Mann,

sofern diese Regelungen:

  • in Bundesgesetzen und Verordnungen des Bundesrates,
  • in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen,
  • oder in Normalarbeitsverträgen enthalten sind.

Das EntsG sieht Kontrollen und die Verhängung von Sanktionen bei Verstössen vor: Die Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen wird stichprobenweise durch die paritätischen Kommissionen (bezüglich Branchen mit ave GAV), die kantonalen tripartiten Kommissionen (bezüglich Branchen mit einem NAV mit zwingenden Mindestlöhnen), die kantonalen Arbeitsinspektorate (Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz) sowie die SUVA (Gesundheitsschutz) kontrolliert.

 

Sanktionen für den Entsendebetrieb

Bei geringfügigen Verstössen gegen das EntsG können Bussen bis zu CHF 5000 ausgesprochen werden. Bei schwerwiegenden Verstössen kann sogar eine Dienstleistungssperre gegen den ausländischen Entsendebetrieb von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Der mit einer Dienstleistungssperre verhängte ausländische Arbeitgeber wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in einer öffentlich zugänglichen Liste im publiziert.

Im Fall von Auskunftspflichtverletzungen (absichtliche Erteilung von falschen Auskünften), der Verweigerung der Auskunft oder bei Sich-Widersetzen oder Verunmöglichen einer Kontrolle, kann ein ausländischer Arbeitgeber mit einer Busse bis zu CHF 40‘000 bestraft werden. Werden die Mindestbedingungen gemäss EntsG systematisch und in gewinnsüchtiger Absicht nicht garantiert, kann eine Busse von bis zu einer Million Franken ausgesprochen werden. Bei einem Verstoss gegen die Bestimmungen eines allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrages (GAV) können zudem auch noch zivilrechtliche Sanktionen aus dem GAV erhoben werden.

 

Haftung des Unternehmers

Im Jahr 2013 ist die verstärkte Solidarhaftung im Entsendegesetz in Kraft getreten. Gemäss dem Entsendegesetz haftet bei von Subunternehmern ausgeführten Arbeiten im Bauhaupt- oder Baunebengewerbe der Erstunternehmer (Total-, General- oder Hauptunternehmer) zivilrechtlich für die Nichteinhaltung der Netto-Mindestlöhne und der Arbeitsbedingungen (Art. 5 Abs. 1).

Damit sollen Lohnunterbietungen im Rahmen von Kettenvergaben im Baugewerbe vermieden werden. In der Entsendeverordnung (EntsV) sind die Möglichkeiten für den Erstunternehmer aufgeführt, sich von der Haftung zu befreien, indem er nachweist, dass er die nach den Umständen gebotene Sorgfaltspflicht erfüllt hat.

 

Anpassung EntsV

Der Bundesrat hat am 23. November 2022 die Änderung der EntsV verabschiedet.

Der geänderte Wortlaut der EntsV stellt neue Anforderungen an den Inhalt von Bescheinigungen paritätischer Kommissionen und von Einträgen in einem Register. Diese müssen künftig Auskunft darüber geben, ob die Kontrollen durchgeführt wurden und ob die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden:

Künftig wird die Aussagekraft einer von einer paritätischen Kommission ausgestellten Bescheinigung oder des Eintrags in einem Register erweitert. In der Bescheinigung einer paritätischen Kommission ist neu nicht nur das Ergebnis der Kontrolle anzugeben, sondern auch, ob die Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen durch den Subunternehmer kontrolliert wurde. Für den Eintrag in ein Register gelten die gleichen Anforderungen. Der Erstunternehmer muss die vorgelegten Belege und Dokumente jedoch nach wie vor auf Basis der Umstände des Einzelfalls prüfen und beurteilen, ob der Subunternehmer die geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einhält.

Anfang Januar 2023 wird auf der Website des SECO ferner eine Empfehlung publiziert. Damit soll verhindert werden, dass ein Subunternehmer ein Fehlverhalten seinerseits verschweigen kann, indem er dem Erstunternehmer einfach eine Selbstdeklaration vorlegt.

Die neue Regelung zur Solidarhaftung tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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