Das Arbeitsgesetz enthält ein grundsätzliches Verbot der Nachtarbeit. Dabei wird die Nachtarbeit als diejenige Arbeitszeit definiert, welche zwischen 23 Uhr und 6 Uhr geleistet wird und umfasst damit den Zeitraum von sieben Stunden.

Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit bedürfen grundsätzlich einer Bewilligung (fällt die Nachtarbeit in den Bereich der Sonntagsarbeit, ist gesondert zu prüfen, ob auch unter dem Aspekt der Sonntagsarbeit eine Bewilligung erforderlich ist). Die Bewilligung ist unabhängig davon erforderlich, ob die Nachtarbeit notwendig ist oder ob sie von den Arbeitnehmern freiwillig geleistet wird. Für die Bewilligung der dauernden oder regelmässig wiederkehrenden Nachtarbeit ist der Bund (Seco) und für die Bewilligung der vorübergehenden Nachtarbeit die Kantone zuständig Die Bewilligungen sind schriftlich einzuholen, wobei die Behörden hierfür Formulare zur Verfügung stellen.

 

Nachtarbeitzuschlag

Bei vorübergehender Nachtarbeit (weniger als 25 Nächte pro Kalenderjahr) ist in der Regel ein Lohnzuschlag von mind. 25% zu bezahlen (Nachtarbeitzuschlag). Diese Regelung ist zwingend. Dauernde Nachtarbeit ist mit einem Zeitzuschlag von 10% zu kompensieren.

 

Urteil vom 22. August 2018

In einem Entscheid vom 22. August 2018 (4A_389/2018) hat sich das Bundesgericht mit einem Fall zu befassen, bei welchem die Kompensation für die Nacharbeit durch den Arbeitnehmer erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gefordert wurde. Während der Dauer des Arbeitsvertrages wurde lediglich der vereinbarte Lohn ausbezahlt und kein Zeitzuschlag für die unbestrittene Nachtarbeit gewährt. Dies wurde vom Arbeitnehmer akzeptiert.

Der Arbeitgeber machte vor Bundesgericht im Wesentlichen geltend, die verspätete Forderung des Zuschlages würde dem Gebot von Treu und Glauben widersprechen (Art. 2 ZGB) und sei somit nicht zu schützen. Auch die These der Vorinstanz, welche ausführte, dass jemand nicht rechtsmissbräuchlich handeln könne, wenn er sich auf zwingendes Arbeitsrecht stütze, sei unhaltbar.

 

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht fasst die Anforderungen an das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs wie folgt zusammen (Erw. 3.1): „Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Wann ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs zu beachten sind. Zu diesen Fallgruppen ist die Rechtsausübung zu zählen, die ohne schützenswertes Interesse erfolgt oder zu einem krassen Missverhältnis berechtigter Interessen führen würde. Ebenso kann allgemein gesagt werden, dass die Geltendmachung eines Rechts missbräuchlich ist, wenn sie im Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht und dadurch erweckte berechtigte Erwartungen enttäuscht. Indessen ist im Widerspruch zwischen der Zustimmung zu einer Vereinbarung und der nachträglichen Geltendmachung ihrer Ungültigkeit unter Berufung auf zwingendes Recht nur dann ein Rechtsmissbrauch zu erblicken, wenn zusätzliche besondere Umstände gegeben sind; ansonsten würde dem Arbeitnehmer der mit der zwingenden Gesetzesbestimmung gewährte Schutz auf dem Weg über Art. 2 ZGB wieder entzogen. Solche Umstände können vorliegen, wenn die Partei sich auf zwingendes Recht beruft, welche die dagegen verstossende Vereinbarung in eigenem Interesse und in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit selber vorgeschlagen und damit beim Rechtserwerb unredlich gehandelt hat. Besondere Umstände, welche die Berufung auf zwingendes Recht als missbräuchlich erscheinen lassen, sind auch zu bejahen, wenn die von der angerufenen Norm zu schützenden Interessen entfallen oder sonst wie gewahrt wurden oder wenn die Partei mit der Geltendmachung der Nichtigkeit der Vereinbarung derart lange zuwartet, dass der anderen Partei dadurch verunmöglicht wurde, ihre eigenen Interessen zu wahren (vgl. zum Ganzen BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 497 f. mit zahlreichen Hinweisen).

Zu beachten ist dabei, dass Art. 2 Abs. 2 ZGB nicht allgemein für bestimmte Arten von Fällen die Bestimmungen des Zivilrechts ausser Kraft setzt, sondern das Gericht bloss anweist, den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Die Norm dient als korrigierender „Notbehelf“ für die Fälle, in denen formales Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde. Rechtsmissbrauch ist restriktiv anzunehmen. Einen Grundsatz der Gebundenheit an das eigene Handeln gibt es nicht. Vielmehr ist in einem Widerspruch zu früherem Verhalten nur dann ein Verstoss gegen Treu und Glauben zu erblicken, wenn dieses ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, das durch die neuen Handlungen enttäuscht wird (BGE 143 III 666 E. 4.2 mit Hinweisen).“

Aus diesen Gründen sei es unerheblich, weshalb sich der Kläger zur Forderung seiner Guthaben entschliesse (Erw. 3.3).

 

Fazit

Aufgrund des Entscheides des Bundesgerichts kann sich also ein Arbeitgeber nicht darauf verlassen, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine zwingenden Zuschläge und Zulagen durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden können. Diese Überlegungen sind insbesondere auch im Zusammenhang mit Überzeitguthaben zu beachten. Es ist somit möglich, dass sich ein Arbeitnehmer während dem laufenden Arbeitsverhältnis ruhig verhält, unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Forderungen aufgrund von zwingenden Zuschlägen auf den Arbeitgeber zugeht.

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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