Strittig war in einem Fall vor Bundesgericht (4A_365/2021 vom 28. Februar 2022), ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand oder nicht (siehe zu dieser Frage auch Gersbach/Gross, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 319 N 2 ff.). Der Arbeitnehmer war im Bereich des Fondsvertriebs angestellt.

 

Beurteilung durch die obere kantonale Instanz

Im vorliegenden Fall hielt das kantonale Gericht zunächst fest, dass der streitige Vertrag den Titel „Employment Contract“ trug, alle üblichen Klauseln eines Arbeitsvertrags enthielt und aus dem elektronischen Austausch zwischen der Beschwerdeführerin und dem Arbeitnehmer, der nach dem Abschluss eines Memorandum of Understanding vom 4. Januar 2016 und einem Cooperation Agreement vom 24. Februar 2016, aber vor dem streitigen Vertrag stattfand, hervorging, dass die Parteien den Willen hatten, sich durch ein arbeitsrechtliches Verhältnis zu binden. Zudem hielt das kantonale Gericht fest, dass der Arbeitnehmer spätestens ab Mai 2016 gemäss den von ihm eingeholten Zeugenaussagen sowohl intern als auch extern als Angestellter der Arbeitgeberin vorgestellt worden sei.

Das kantonale Gericht erwog weiter, dass der Arbeitnehmer über eine gewisse Unabhängigkeit in der Organisation seiner Geschäftstätigkeit mit institutionellen Investoren verfügte, dass aber dennoch ein organisatorisches Unterordnungsverhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmer bestehe. Das kantonale Gericht hielt nämlich fest, dass die Arbeitgeberin bei der Anmietung von Räumlichkeiten interveniert und einem Immobilienmakler erklärt hatte, dass sie das Ziel habe, eine Niederlassung in Genf zu eröffnen, dass sie dem Arbeitnehmer Arbeit verschafft hatte, indem sie ihm Kunden nannte, die er ansprechen sollte, dass sie sich an der Suche nach Investoren beteiligt habe und dass sie einseitig und ohne Absprache beschlossen habe, zwei Mitarbeiter des Arbeitnehmers am 30. September 2016 in ihrer Position als Fondsmanager zu ersetzen, wobei sie der Depotbank gegenüber klargestellt habe, dass diese ihre Angestellten seien und blieben.

Zudem hielt das kantonale Gericht fest, dass der Arbeitnehmer und seine Kollegen an einer Compliance- und Trading-Schulung in den Räumlichkeiten des Hauptsitzes der Arbeitgeberin teilgenommen hatten.

Schliesslich hielt das kantonale Gericht fest, dass der Arbeitnehmer seine gesamte Arbeitskraft der Arbeitgeberin widmete und keine andere Erwerbstätigkeit, auch keine Nebenerwerbstätigkeit, ausübte, so dass er wirtschaftlich von der Arbeitgeberin abhängig war.

In Bezug auf den Lohn hielt das kantonale Gericht fest, dass die Parteien ausdrücklich die Zahlung eines Lohnes vereinbart hatten. Es stützte sich dabei auf den Wortlaut des Memorandum of Understanding, wonach die Frage der Vergütung der Parteien Gegenstand separater Vereinbarungen sein sollte, sowie auf den Inhalt des Cooperation Agreement, wonach die Parteien die Form der Zahlungen in separaten Vereinbarungen, z.B. in einem Arbeitsvertrag, vereinbaren würden.

Daher entschied das kantonale Gericht, dass es sich um einen Arbeitsvertrag handelt.

 

Beurteilung durch das Bundesgericht – zum Subordinationsverhältnis

Die Arbeitgeberin machte zunächst geltend, dass zwischen ihr und dem Arbeitnehmer kein Unterordnungsverhältnis bestanden habe, da er nicht in die Organisation der Gesellschaft integriert gewesen sei, das Organigramm, das ihn als solchen ausweise, nicht offiziell sei oder sie den Arbeitnehmer und seine Kollegen nie als ihre Angestellten vorgestellt habe.

Die Arbeitgeberin machte sodann hilfsweise geltend, der Arbeitnehmer sei nur aufgrund des Geschäftsmodells für die ihm auferlegten Aufgaben in die Organisation der Arbeitgeberin eingegliedert gewesen. Sie argumentiert, dass die Tatsache, dass der Arbeitnehmer sich als ihr Angestellter ausgab und eine Visitenkarte im Namen der Arbeitgeberin besass, ein relativierendes Argument sei, wenn man bedenkt, dass die Integration des Arbeitnehmers in die Struktur der Beschwerdeführerin die notwendige Folge war, damit er in den Genuss der FINMA-Lizenz kommen konnte.

Dieses Argument reicht allerdings gemäss Bundesgericht nicht aus, um auf das Fehlen eines Arbeitsvertrags zu schliessen. Obwohl Umstände, die eine bestimmte Organisation der Arbeit der Arbeitnehmer innerhalb der Struktur eines Unternehmens vorschreiben, das Kriterium der Unterordnung relativieren können, insbesondere in Bezug auf den Ort, an dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt (Urteil 4A_64/2020, E. 8.2.2), könne dies nur für Kriterien gelten, die durch das Geschäftsmodell strikt vorgeschrieben seien.

Die Relativierung des Kriteriums des Unterordnungsverhältnisses aufgrund des gewählten Geschäftsmodells schliesse nicht aus, dass der Arbeitnehmer darüber hinaus weitere Abhängigkeiten zum Unternehmen aufweist, insbesondere durch die Tatsache, dass er seine gesamte Zeit dem Unternehmen widmete, keine andere Erwerbstätigkeit ausübte und sich somit wirtschaftlich von diesem abhängig machte.

 

Beurteilung durch das Bundesgericht – zum Lohn

In Bezug auf den Lohn argumentiert die Arbeitgeberin, dass die Parteien vereinbart hätten, dass der Arbeitnehmer keinen Lohn erhalten solle.

Die Arbeitgeberin beschränkte sich in diesem Punkt darauf, eine andere Version des Sachverhalts darzulegen als das kantonale Gericht, das der Ansicht war, dass, obwohl die Parteien in ihrem Vertrag festgelegt hatten, dass kein sofortiger Lohn gezahlt wird, dies nur eine vorübergehende Situation sein sollte und dass trotzdem ein Lohn geschuldet sei.

Dabei übersah die Arbeitgeberin – so das Bundesgericht, dass das kantonale Gericht, wenn es in der Lage ist, die tatsächliche und gemeinsame Absicht der Parteien anhand von Indizien zu ermitteln, auf seine allgemeine Lebenserfahrung zurückgreift und damit eine Tatsachenfeststellung vornimmt.

Daher war auch diese Rüge zurückzuweisen.

 

Beurteilung durch das Bundesgericht – Was ist ein Arbeitsvertrag

Das Bundesgericht nutzte die Gelegenheit, die Qualifkationsmerkmale des Arbeitsvertrages festzuhalten (siehe hierzu auch Gersbach/Gross, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 319 N 2 ff.):

4.1.1. La qualification juridique d’un contrat se base sur le contenu de celui-ci (ATF 144 III 43 consid. 3.3). Dans une première étape, il s’agit de déterminer le contenu du contrat en recherchant la réelle et commune intention des parties (interprétation subjective) (art. 18 al. 1 CO). Si une telle intention ne peut être constatée, le contenu du contrat doit être interprété selon le principe de la confiance (interprétation normative ou objective) (ATF 144 III 43 consid. 3.3; 140 III 134 consid. 3.2; arrêt 4A_643/2020 du 22 octobre 2021 consid. 4.2.1 et 4.2.2).

Une fois le contenu du contrat déterminé, il s’agit, dans une seconde étape et sur cette base, de catégoriser juridiquement la convention (arrêt 4A_53/2021 du 21 septembre 2021 consid. 5.1.1 et les références citées). La qualification juridique d’un contrat est une question de droit. Le juge applique le droit d’office (art. 57 CPC) et détermine d’office les règles légales applicables à la convention des parties. Il n’est lié ni par la qualification effectuée par les parties ni par les expressions ou dénominations inexactes dont les parties ont pu se servir soit par erreur, soit pour déguiser la nature véritable de la convention ( “ falsa demonstratio non nocet „) (art. 18 al. 1 CO; ATF 131 III 217 consid. 3; 129 III 664 consid. 3.1; arrêt 4A_53/2021 précité consid. 5.1.1 et les références citées).

4.1.2. Par le contrat individuel de travail, le travailleur s’engage, pour une durée déterminée ou indéterminée, à travailler au service de l’employeur et celui-ci à payer un salaire fixé d’après le temps ou le travail fourni (art. 319 al. 1 CO). Les éléments caractéristiques de ce contrat sont une prestation de travail, un rapport de subordination, un élément de durée et une rémunération (arrêts 4A_53/2021 précité consid. 5.1.2; 4A_64/2020 précité consid. 6.1 et les arrêts cités; 4A_10/2017 du 19 juillet 2017 consid. 3.1).

4.1.2.1. Le contrat de travail se distingue avant tout des autres contrats de prestation de services, en particulier du mandat, par l’existence d’un lien de subordination (ATF 125 III 78 consid. 4; 121 I 259 consid. 3a; 112 II 41 consid. 1a; arrêt 4A_53/2021 précité consid. 5.1.3.1 et les arrêts cités), qui place le travailleur dans la dépendance de l’employeur sous l’angle personnel, organisationnel et temporel ainsi que, dans une certaine mesure, économique (ATF 121 I 259 consid. 3a; arrêt 4A_53/2021 précité consid. 5.1.3.1 et les arrêts cités). Le travailleur est assujetti à la surveillance, aux ordres et instructions de l’employeur; il est intégré dans l’organisation de travail d’autrui et y reçoit une place déterminée (arrêts 4A_64/2020 précité consid. 6.3.1; 4A_10/2017 précité consid. 3.1; 4A_200/2015 du 3 septembre 2015 consid. 4.2.1 et les arrêts cités).

Le critère de la subordination doit toutefois être relativisé en ce qui concerne les personnes exerçant des professions typiquement libérales ou ayant des fonctions dirigeantes. Comme l’indépendance de l’employé est beaucoup plus grande, la subordination est alors essentiellement organisationnelle. Dans un tel cas, plaident notamment en faveur du contrat de travail la rémunération fixe ou périodique, la mise à disposition d’une place de travail et des outils de travail, ainsi que la prise en charge par l’employeur du risque de l’entreprise. Le travailleur renonce à participer au marché comme entrepreneur assumant le risque économique et abandonne à un tiers l’exploitation de sa prestation, en contrepartie d’un revenu assuré (arrêt 4A_592/2016 du 16 mars 2017 consid. 2.1).

4.1.2.2. Le salaire est un élément essentiel du contrat de travail (arrêts 4A_53/2021 précité consid. 4.1.3.2; 4A_64/2020 précité consid. 6.3.5; 4A_485/2016 du 28 avril 2017 consid. 4.1.1; 4A_251/2015 du 6 janvier 2016 consid. 4.2). L’absence de clause expresse sur le salaire n’exclut pas que les parties soient liées par un contrat de travail, dans la mesure où il suffit que, d’après les circonstances, un salaire doive être payé par l’employeur (TERCIER/BIÉRI/CARRON, Les contrats spéciaux, 5e éd. 2016, n° 2729).

 

Weitere Beiträge zur Qualifikation von Verträgen:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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