In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Arbeitnehmer geltend macht, er könnte aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten, während dem der Arbeitgeber den entsprechenden Arbeitnehmer eine unberechtigte Arbeitsverweigerung vorwirft.

Wichtig ist: Macht ein Arbeitnehmer geltend, er könne aus gesundheitlichen oder anderen persönlichen Gründen nicht zur Arbeit erscheinen, ist er hierfür beweispflichtig.

Ein Beispiel dazu hatte das Bundesgericht in BGer 4A_138/2022 vom 21. Juni 2022 zu beurteilen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Sachverhalt in BGer 4A_138/2022 vom 21. Juni 2022

Der entsprechende Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin angestellt. Im November 2018 verwarnte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer unter Androhung der fristlosen Entlassung, weil dieser die Verrichtung einer zu seinem Pflichtenheft gehörenden Arbeit verweigert hatte. Im Dezember 2018 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ordentlich per Ende Februar 2019. Am 5. Januar 2019 weigerte sich der Arbeitnehmer, seinen Arbeitseinsatz in der Reinigungsabteilung der Arbeitgeberin zu leisten, woraufhin die Arbeitgeberin am 7. Januar 2019 dem Arbeitnehmer die fristlose Kündigung aussprach.

Der Arbeitnehmer stellte sich allerdings auf den Standpunkt, dass seine Abwesenheit vom 5. Januar 2019 wie auch jene im November 2018 „krankheits- bzw. gesundheitsbedingt“ aufgrund seiner Mehl- und Eierallergie erfolgt sei. Entsprechend sei die fristlose Kündigung als ungerechtfertigt zu qualifizieren.

 

Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich

Das Obergericht kam insgesamt zum Schluss, ein Anwendungsfall von Art. 337 Abs. 3 OR (berechtigte Arbeitsverweigerung) liege in casu nicht vor. Der Arbeitnehmer habe unterlassen, das Vorliegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung darzutun, welche die (gelegentliche) Arbeit in der Reinigungsabteilung habe unzumutbar erscheinen lassen.

Er habe daher innerhalb von nur rund zwei Monaten zweimal gegen seine Hauptpflicht – die Pflicht zur Leistung von Arbeit – verstossen. Das zweite Mal, nachdem er zuvor für den ersten Verstoss eine Verwarnung unter Androhung der fristlosen Entlassung im Wiederholungsfall erhalten habe. Die Arbeitgeberin sei daher gestützt auf Art. 337 Abs. 1 OR zur fristlosen Entlassung des Arbeitnehmers berechtigt gewesen. Daran ändere nichts, dass das Arbeitsverhältnis ohnehin per Ende Februar 2019 geendet hätte. Das Vertrauen der Arbeitgeberin sei derart enttäuscht worden, dass die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung auch während nur rund sieben Wochen verneint werden müsse. Ebenso wenig sei in diesem Zusammenhang erheblich, dass das Arbeitsverhältnis bereits etliche Jahre gedauert habe und die Arbeitgeberin mit den Leistungen des Arbeitnehmers – nach dessen Aussagen – zufrieden gewesen sei, denn auch dies ändere nichts am Vertrauensverlust.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Auch das Bundesgericht folgte den Erwägungen der Vorinstanz. So fehle es insbesondere an einer Sachverhaltsbasis für die behaupteten medizinischen Gründe:

E.4 […] Soweit der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringt, dass er aufgrund gesundheitlicher bzw. medizinischer Gründe (behauptete Eier- und Mehlallergie) unverschuldet an der Arbeitsleistung verhindert war, fehlt es an einer Sachverhaltsbasis (dazu oben Erwägung 3.2). Auf diese Elemente kann sich der Beschwerdeführer nicht stützen. Im Übrigen wiederholt er im Wesentlichen bloss seine bereits vor der Vorinstanz vorgetragenen Standpunkte, wonach er seit etlichen Jahren für die Beschwerdegegnerin tätig gewesen sei, die Arbeiten stets zu ihrer Zufriedenheit ausgeübt habe, weshalb es auch zumutbar gewesen sei, ihn in den verbleibenden rund sieben Wochen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu beschäftigen. 

Bereits die Vorinstanzen gingen im Einzelnen auf diese Argumente ein und kamen unter Berücksichtigung der gesamten Umständen des vorliegenden Einzelfalls zum Ergebnis, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beschwerdeführer für die Beschwerdegegnerin unzumutbar gewesen sei. Mit diesen Ausführungen der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinander, noch zeigt er rechtsgenüglich auf (Erwägung 2.1), inwiefern die Vorinstanz diesbezüglich Bundesrecht verletzt haben soll.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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