Eine Arbeitnehmerin war ab 1. Oktober 1999 als kantonale Angestellte bei der Hochschule Luzern – Design & Kunst und nach der Überführung dieser kantonalen Teilschule in das Zentralschweizer Fachhochschul-Konkordat ab dem 1. März 2013 als hauptamtliche und nebenamtliche Dozierende bei der Hochschule Luzern (Design & Kunst) tätig. Ab dem 1. September 2016 übernahm sie zusätzlich Aufgaben als Diversity-Beauftragte. Sie kündigte den Arbeitsvertrag per 31. August 2022.
Nachdem sie bei der Hochschule Luzern erfolglos eine rückwirkende Entschädigung für ihre Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Homeoffice geltend gemacht hatte, gelangte sie am 9. Januar 2023 mit verwaltungsgerichtlicher Klage an das Kantonsgericht Luzern. Darin beantragte sie, die Hochschule Luzern sei zu verpflichten, ihr Fr. 47’783.– nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Juli 2019 zu bezahlen.
Das Kantonsgericht hiess die verwaltungsgerichtliche Klage mit Urteil vom 29. April 2024 teilweise gut und verpflichtete die Hochschule Luzern zur Zahlung von Fr. 12’000.– nebst Zins zu 5 % ab dem 1. Juli 2019. Die Hochschule Luzern gelangte in der Folge an das Bundesgericht (BGer 1C_328/2024 vom 4. März 2025).
Kantonales Recht anzuwenden
Vorliegend ging es vor Bundesericht um die Frage, ob das kantonale Recht korrekt angewendet worden war. Soweit es um die Anwendung kantonalen Rechts geht, kann vorbehältlich Art. 95 lit. c-e BGG im Wesentlichen vorgebracht werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Bundesrecht, namentlich das Willkürverbot nach Art. 9 BV (BGE 141 I 36 E. 1.3; 138 I 143 E. 2). Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Nach Massgabe der allgemeinen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es jedoch nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 144 V 388 E. 2). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft es zudem nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht; Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).
Begründung der Vorinstanz
Die Vorinstanz prüfte im angefochtenen Urteil anhand des Arbeitsvertrags und diverser kantonaler Rechtsquellen, ob und inwieweit seitens der Hochschule Luzern für die Verrichtung von notwendigem Homeoffice eine Pflicht zur Entschädigung der Arbeitnehmenden besteht.
Dabei führte sie zunächst aus, der öffentlich-rechtliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien sehe hierzu keine Regelung vor. Dieser verweise jedoch auf die Bestimmungen des Personalrechts der Hochschule Luzern.
Die Ausführungsbestimmungen zum Personalrecht der Hochschule Luzern vom 18. März 2013 (nachfolgend: Ausführungsbestimmungen) würden als Arbeitsort die Standorte der Hochschule festlegen (Art. 13 Abs. 1) und bestimmen, dass Homeoffice in Absprache mit der vorgesetzten Person möglich sei (Art. 13 Abs. 2). Daraus schliesst die Vorinstanz, dass lediglich das Homeoffice im Interesse bzw. auf Wunsch der Mitarbeitenden Gegenstand von Art. 13 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen bilde. Die Konstellation, dass dem Arbeitnehmer kein geeigneter Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Hochschule zur Verfügung gestellt werde und die Verrichtung der Arbeit im Homeoffice deshalb notwendig sei, sei von dieser Bestimmung jedoch nicht erfasst.
Weiter würde das Spesenreglement der Hochschule Luzern in den relevanten Fassungen vom 24. November 2016 und 24. November 2017 vorsehen, dass Ausgaben für die Einrichtung und den Betrieb von Heimarbeitsplätzen grundsätzlich nicht übernommen und entschädigt würden (Ziff. 7.2 Abs. 2). Der Wortlaut dieser Bestimmung spreche zwar gegen eine Entschädigung für jegliche Art von Tätigkeiten in privaten Räumlichkeiten. Anhand einer systematischen Betrachtungsweise sei die Bestimmung jedoch in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen so auszulegen, dass darunter nur Homeoffice-Arbeit falle, welche vereinbart wurde und im Interesse des Arbeitnehmers liege. Die Konstellation, in der kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden könne und die Verrichtung der Arbeit im Homeoffice notwendig sei, sei vom Spesenreglement dagegen nicht erfasst.
Weiter prüfte die Vorinstanz das subsidiär anwendbare kantonale Personalrecht bzw. die Besoldungsverordnung für das Staatspersonal vom 24. September 2002 (BVO/LU; SRL 73a), welche in §§ 22 ff. den Spesenersatz regle. Auch darin sei jedoch der Auslagenersatz für die notwendige Homeoffice-Arbeit nicht geregelt.
Da für die Entschädigung von notwendigem Homeoffice in den einschlägigen Reglementen keine Regelung vorhanden sei, bedürfe es der richterlichen Lückenfüllung. Im Rahmen dessen führt die Vorinstanz aus, § 22 Abs. 1 BVO/LU sehe einen grundsätzlichen Anspruch der Angestellten auf Ersatz der Spesen vor, die sie zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht notwendigerweise tätigen müssten. Diese Bestimmung entspreche dem privatrechtlichen Art. 327a OR, der den Arbeitgeber ebenfalls verpflichte, dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. Werde das Homeoffice im Interesse des Arbeitgebers genutzt, obliege diesem grundsätzlich die Pflicht zum Auslagenersatz. In analoger Anwendung der privatrechtlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung seien der Beschwerdegegnerin daher die Kosten für das privat eingerichtete, notwendige Büro bei ihr Zuhause zu entschädigen.
Falsche Auslegung
Die Hochschule Luzern machte vor Bundesgericht konkret geltend, die Vorinstanz habe eine Auslegung vorgenommen, wo gar kein Raum dafür bestanden habe. Der Wortlaut von Ziff. 7.2 Abs. 2 des Spesenreglements sei klar und eine Entschädigung für Homeoffice auch in denjenigen Fällen nicht geschuldet, in denen kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Triftige Gründe für ein Abweichen vom klaren Wortlaut würden von der Vorinstanz nicht dargelegt und auch nicht vorliegen.
Gemäss Bundesgericht ist eine Gesetzesbestimmung ist in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. Abweichungen sind indes auch von einem klaren Wortlaut zulässig oder sogar geboten, wenn sich namentlich aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergibt, dass er nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht (vgl. BGE 149 IV 376 E. 6.6; 148 V 265 E. 5.3.3; 145 IV 252 E. 1.6.1; je mit Hinweisen). Ziff. 7.2 Abs. 2 des Spesenreglements sehe insbesondere vor, dass Ausgaben für die Einrichtung und den Betrieb von Heimarbeitsplätzen grundsätzlich nicht übernommen würden. Die Vorinstanz habe eingehend erklärt, weshalb diese Bestimmung für den Fall, in dem kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung sehe und die Arbeitnehmenden zur Verrichtung von Heimarbeit verpflichtet seie, nicht einschlägig sei. Es ist nicht geradezu willkürlich, wenn die Vorinstanz Ziff. 7.2 Abs. 2 des Spesenreglements in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen dahingehend ausgelegt habe, dass der Ausschluss einer Entschädigung für Einrichtung und Betrieb von Heimarbeitsplätzen bei Dozierenden lediglich gelte gilt, wenn die Heimarbeit freiwillig erfolgt. Indem die Vorinstanz die Begründung des angefochtenen Urteils zudem so abfasste, dass sich die Beschwerdeführerin über dessen Tragweite Rechenschaft geben und es in voller Kenntnis der Sache ans Bundesgericht weiterziehen konnte, genügte sie ihrer Begründungspflicht ohne Weiteres. Eine Verletzung der geltend gemachten Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) liege daher ebenfalls nicht vor (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2; 141 III 28 E. 3.2.4; 141 V 557 E. 3.2.1; 134 I 83 E. 4.1).
Unechte Lücke
Weiter moniert die die Hochschule Luzern, dass selbst dann, wenn der Vorinstanz gefolgt und eine Lücke vorliegen würde, keine echte, sondern höchstens eine unechte Lücke bestehe, bei der eine Regelung existiere, aber die Antwort zu einem sachlich unbefriedigenden Resultat führe. Ein sachlich unbefriedigendes Resultat sei jedoch nicht auszumachen.
Eine Lücke im Gesetz besteht, wenn sich eine Regelung als unvollständig erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig bleibt. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend – im negativen Sinn – mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung. Eine Gesetzeslücke, die vom Gericht zu füllen ist, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann. Von einer unechten oder rechtspolitischen Lücke ist demgegenüber die Rede, wenn dem Gesetz zwar eine Antwort, aber keine befriedigende zu entnehmen ist. Echte Lücken zu füllen, ist dem Gericht aufgegeben, unechte zu korrigieren, ist ihm nach traditioneller Auffassung grundsätzlich verwehrt (Urteil 1C_648/2023 vom 8. Oktober 2024 E. 4.4, zur Publikation vorgesehen; zum Ganzen: BGE 149 IV 376 E. 6.6; 146 III 426 E. 3.1; je mit Hinweisen).
Das Bundesgericht war der Auffassung, dass nachdem die Vorinstanz willkürfrei zum Schluss gelangt sei, dass Ziff. 7.2 Abs. 2 des Spesenreglements eine Entschädigung lediglich für freiwillige Heimarbeit ausschliesst (vgl. E. 3.3.1 hiervor) und auch sonst keine explizite Regelung für die Entschädigung notwendiger Heimarbeit vorliegt, sei es nicht unhaltbar, dass sie auch davon ausgeht, eine Regelung für die Entschädigungspflicht von unfreiwilliger Heimarbeit fehle und es liege eine vom Gericht zu füllende Lücke vor. Dass es sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz offensichtlich um ein qualifiziertes Schweigen handeln soll, vermöge die Hochschule Luzern nicht aufzuzeigen.
Fehlerhafte Lückenfüllung
Ferner hatte die Hochschule Luzern beanstandet, die Vorinstanz habe eine fehlerhafte Lückenfüllung vorgenommen, indem sie eine privatrechtliche Rechtsprechung auf ein spezielles öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis übertragen und keine eigene Regel aufgestellt habe.
Gemäss Bundesgericht verkennt die Hochschule Luzern mit diesem Vorbringen, dass die Vorinstanz Art. 327a OR nicht direkt angewendet habe. Sie halte im angefochtenen Urteil explizit fest, die privatrechtliche Gesetzgebung und Rechtsprechung analog anzuwenden, weil es keine öffentlich-rechtlichen Regelungen zu verwandten Sachverhalten gebe. Lücken könnten oftmals auf dem Weg der Analogie geschlossen werden (Urteil 1C_648/2023 vom 8. Oktober 2024 E. 4.4, zur Publikation vorgesehen; BGE 146 III 426 E. 3.1; 144 IV 97 E. 3.1.2). Dass eine öffentlich-rechtliche Regelung bestünde, die für eine analoge Anwendung geeigneter wäre, vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen. Wie die Vorinstanz festhalte, seien vom zitierten § 22 Abs. 1 BVO/LU ausschliesslich die in §§ 23 ff. BVO/LU genannten Spesen gedeckt. Der Auslagenersatz für notwendige Heimarbeit werde darin nicht aufgeführt. Die Ausgangslage bei der Hochschule Luzern, die nicht nur als Dozentin, sondern auch als Diversity-Beauftragte tätig war, sei auch nicht derart verschieden von privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen, dass eine analoge Anwendung dieser Grundsätze unhaltbar wäre. Die durch die Vorinstanz vorgenommene Lückenfüllung könne daher nicht als willkürlich bezeichnet werden.
Willkürliche Sachverhaltsdarstellung
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen hob das Bundesgericht den Entscheid auf, da das vorinstanzliche Urteil in diverser Hinsicht auf einer willkürlichen Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung gründe (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Zum einen habe die Vorinstanz die Tragweite von mehreren Beweismitteln der Arbeitnehmerin offensichtlich verkannt, indem sie auf Belege abgestellt hat, die zeitlich ausserhalb der relevanten Periode liegen und somit zum Beweis nicht geeignet seien.
Zum anderen verkenne die Vorinstanz, dass die Hochschule Luzern die tatsächlichen Behauptungen der Arbeitnehmerin substanziiert bestritten und ihrerseits Beweise offeriert hat (insb. Befragung der HR-Verantwortlichen sowie der Leiterin Administration und Infrastruktur). Eine Abnahme der Beweise habe jedoch nicht stattgefunden und die Hochschule Luzern sei von der Vorinstanz auch nicht aufgefordert worden, zusätzliche sachdienliche Unterlagen einzureichen, auf die nur sie Zugriff hätte.
Zum Homeoffice, siehe insbesondere auch die folgenden Beiträge:
- Entschädigung für privates Zimmer beim Homeoffice
- Homeoffice, was gilt?
- Mögliche Haftung des Arbeitnehmers bei Cyberangriffen im Homeoffice
- Flexible Arbeitszeiten im Homeoffice
- Technische Überwachung im Homeoffice
- Ergonomie am Arbeitsplatz
- Vergütung von Spesen und Auslagen
Autor: Nicolas Facincani
Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.