Wie bequem ist der Arbeitsplatz? Diese Frage stellt sich gerade vermehrt im Homeoffice, wo Arbeitnehmer ihr Büro selber einrichten, obwohl dies gesetzlich dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers unterliegt. Jener kann sich nicht vor der Einhaltung der Vorgaben verstecken – auch nicht zu Hause beim Arbeitnehmer im Homeoffice. Gesetzliche Grundlage ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (zur Fürsorgepflicht im Homeoffice, siehe insbesondere Etter/Sokoll, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 328 N 31 ff.).

 

Fürsorgepflicht

Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen (Art. 328 Abs. 1 OR).

Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung2 ihm billigerweise zugemutet werden kann (Art. 328 Abs. 2 OR).

Die Fürsorgepflicht konkretisiert sich unter anderem im Gesundheitsschutz. So ist die Arbeitgeberin verpflichtet Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer zu treffen. Dies lässt sich aus Art. 328 Abs. 2 OR sowie auch aus Art. 82 Abs. 1 UVG und Art. 6 Abs. 1 ArG ableiten. Art. 6 ArG wird sodann in der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) konkretisiert.

 

Wegleitungen des SECO

Das SECO hat zu den Verordnungen zum Arbeitsgesetzt Wegleitungen erlassen. Die Wegleitungen erläutern die Regelungen und zeigen an praktischen Beispielen, wie sie zu interpretieren und anzuwenden sind.

Sie dienen vor allem den Durchführungsorganen des Arbeitsgesetzes als Arbeitshilfsmittel, aber auch allen Verantwortlichen für Administration und Personalwesen in den Betrieben, den Mitgliedern von Personal- und Betriebskommissionen, den Berufsverbänden sowie den Rechtsberatern, welche in diesen Bereichen tätig sind.

Diese Wegleitungen sind sehr praxisorientiert und dienen in erster Linie als Indikator potentieller Verletzungen. Sie sind folglich Hilfsmittel für den Arbeitgeber die Umsetzung seiner Massnahmen zu kontrollieren. Ihr gesetzlicher Charakter beschränkt sich indessen darauf, den Auslegungsspielraum zu konkretisieren.

Nachfolgend werden verschiedene Faktoren beschrieben, welche es zu berücksichtigen gilt, um den Arbeitsplatz ergonomisch zu gestalten, dies nach Wegleitung des SECO zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz sowie dem vom SECO publizierten Prüfmittel Gesundheitsrisiken.

Das Prüfmittel definiert Gesundheitsschutzkriterien für zehn wichtige Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung und bewertet Arbeitshaltungen und -bewegungen für die fünf Körperteile Rücken, Nacken, Schultern/Arme, Hände, Hüfte/Beine. Es stützt sich auf den aktuellen Stand der Technik im Bereich des gesetzlichen Gesundheitsschutzes gemäss Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz.

 

Raum

Umfang: Es muss so viel Raum vorhanden sein, dass sich der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit ungehindert bewegen kann (Art. 24 Abs. 1 ArGV 3). Vertikal regelmässig zu erreichenden Objekten sollen gemäss SECO zwischen Hüft- und Schulterhöhe angeordnet werden, wobei dann beim horizontalen Greifraum unterschieden wird zwischen häufigen, kurzzeitigen und seltenen Arbeiten. Bei häufigen Arbeiten sollen die notwendigen Objekte direkt vor dem Körper liegen. Kurzzeitige Arbeiten sollen einen Radius von 40-70cm und seltene Arbeiten 60-90cm nicht überschreiten. Dies entspricht den Mindestanforderungen gemäss SECO-Wegleitung.

Beleuchtung: Der Raum muss zudem natürlich oder künstlich beleuchtet sein. In den Arbeitsräumen soll Tageslicht vorhanden sein, welche der Art und den Anforderungen der Arbeit angepasste Sehverhältnisse gewährleistet (Art. 15 ArGV 3).

Belüftung: Überdies soll der Raum natürlich oder künstlich belüftet sein (Art. 16, 17 ArGV 3). Bei natürlicher Belüftung sollen folglich Dachlichter und Fassadenfester, bei künstlicher Belüftung diese der Art des Betriebes angepasst werden.

Lärmimmissionen: Jeglicher Lärm oder Vibrationen sind zu vermeiden, wobei der Arbeitgeber gehalten ist, Vorkehrungen zu treffen.

 

Arbeitsfläche

Die Arbeitsfläche sollte bei Bildschirmarbeit eine Mindesttiefe von 80cm und eine Mindestbreite von 120cm aufweisen, wobei sie nicht blenden darf (Reflexionsgrad < 50%), die Körperwärme nicht ableitet und die Kanten abgerundet sind. Bezüglich Höhe der Arbeitsfläche soll vermerkt werden, dass wiederum differenziert wird, ob diese sitzend oder stehend verrichtet wird.

Bei stehender Arbeit ist die Ellenbogenhöhe massgebend. Muss eine feine Arbeit, bspw. Zeichnen, verrichtet werden, so beträgt die Arbeitshöhe 5-10cm über der Ellenbogenhöhe, wobei eine Abstützung der Unterarme notwendig ist. Wird eine Arbeit manuell verrichtet, so beträgt die Arbeitshöhe 5-10cm unter der Ellenbogenhöhe.

Bei sitzender Arbeit ist die Arbeitshöhe 5-10cm über der Ellenbogenhöhe für Präzisionsarbeiten mit kurzer Sehdistanz vorgesehen (bspw. Der Uhrmacher, welche die Uhr unter der Lupe montiert). Diesem sind auch eine Abstützung der Vorderarme bzw. Handballen zu gewährleisten. Wird hingegen Bildschirm-, Schreib- oder Lesearbeit verrichtet, so entspricht die Arbeitshöhe der Ellenbogenhöhe.

Zur Einrichtung der Arbeitsfläche gehört zudem – bei einem Bildschirmarbeitsplatz – das Vorhandensein einer externen Maus und Tastatur, Bewegungsraum um die Arbeitsfläche, gute Arbeitsplatzbeleuchtung und eine Sicht ins Freie bei ständigen Arbeitsplätzen.

 

Arbeitsstuhl

Der Arbeitsstuhl muss individuell verstellbar sein und darf die optimale Sitzhaltung nicht verhindern. Zu hohe oder tiefe Tische und Stühle können behelfsmässig durch Fussstützen ausgeglichen werden, welche ebenfalls in Höhe und Neigung verstellbar sein müssen (SECO).

 

Psychische Belastungen im Homeoffice

WILDHABER/PIETRUSZAK (in: Wildhaber (Hrsg.), Handbuch Homeoffice, S. 59 ff.) nennen verschiedene Ursachen für psychische Belastungen beim Arbeitnehmer im Homeoffice, insbesondere:

  • Fehlender Austausch mit Kollegen
  • Zu wenig klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
  • Arbeiten zu unüblichen Zeiten (Abend)
  • Grundspannung der ständigen Erreichbarkeit
  • Unzureichende Arbeitsausstattung, bspw. schlechte Internetverbindung
  • Störungen und Ablenkungen durch den Alltag

Auch diese Ursachen sollen sachgerecht behoben werden, sodass psychische Belastungen vermieden werden können. So ist empfehlenswert, arbeitsorganisatorische Vorkehrungen zu treffen, welche festlegen, wann ein Arbeitnehmer erreichbar sein muss. Er ist auch auf die Arbeits- und Ruhezeiten aufmerksam zu machen, sodass eine Trennung von Arbeit und Freizeit auch im Homeoffice möglich wird. Mittels Mitarbeitergesprächen – auch online – kann das physische und psychische Befinden des Arbeitnehmers periodisch abgeholt werden. Dies soll regelmässig gemacht werden, um frühzeitig reagieren zu können.

 

Zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers siehe auch (Auswahl):

 

Autoren: Nicolas FacincaniMatteo Ritzinger

 

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