Im Entscheid BGer 4A_482/2024 vom 12.8.2025 hatte sich das Bundesgericht mit Fragen zur sozialen Untersuchungsmaxime (Art. 247 Abs. 2 ZPO) auseinanderzusetzen. Gemäss Art. 247 Abs. 2 ZPO stellt das Gericht Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest: in gewissen Streitigkeiten mit einem Streitwert von bis CHF 30000 aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht sowie in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Angelegenheiten bis zu einem Streitwert von CHF 30000 sowie in weiteren Angelegenheiten gemäss Art. 243 Abs. 2 ZPO.

 

Sachverhalt und Rechtsfrage

Dem Entscheid BGer 4A_482/2024 vom 12.8.2025 lagen im Wesentlichen folgende Situation und Streitfrage zugrunde, die von den kantonalen Vorinstanzen unterschiedlich beurteilt worden waren: Ein Arbeitnehmer hatte in einem vereinfachten Verfahren (Streitwert bis zu CHF 30’000) sein Klagefundament nicht ausreichend dargelegt Es stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob dies gemäss Art. 247 Abs. 2 ZPO vom Gericht auch dann zu korrigieren sei, wenn der Arbeitnehmer im Verfahren von einer berufsmässigen Vertretung (Anwalt) nach Art. 68 Abs. 2 lit. b ZPO vertreten wird?

 

Keine Anwendung bei berufsmässiger Vertretung

Das BGer verneinte im Ergebnis die vorstehende Frage. Aus der Auslegung von Art. 247 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit Art. 68 Abs. 2 lit. d ZPO liesse sich ableiten, dass in Verfahren, die dem sozialen Untersuchungsgrundsatz unterliegen, das Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts Zurückhaltung üben kann und muss, wie in einem Verfahren nach dem ordentlichen Verfahren, wenn die Vertretung durch einen beruflich qualifizierten Vertreter erfolgt.

„3.5: L’interprétation de l’art. 247 al. 2 CPC, en relation avec l’art. 68 al. 2 let. d CPC, permet en conséquence d’établir que, dans les causes soumises à la maxime inquisitoire sociale, le tribunal peut et doit faire preuve de retenue dans son implication dans l’établissement des faits, comme dans un procès soumis à la procédure ordinaire, en cas de représentation par un mandataire professionnellement qualifié.“

 

Urteil des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hielt fest, dass im zu beurteilenden Fall festgestanden habe, der Arbeitnehmer, obwohl er durch eine Gewerkschaftssekretärin vertreten war, das vorliegende Verfahren durch Einreichung einer Klage mit sachlichen Mängeln eingeleitet habe, die er vor der Beratung durch das erstinstanzliche Gericht nicht behoben habe, da er vom Gericht nicht dazu aufgefordert worden war. Aus den Feststellungen des Kantonsgerichts liesse sich nicht ableiten, dass diese Mängel offensichtliche Unachtsamkeiten waren, die in jedem Fall eine Aufforderung seitens des erstinstanzlichen Gerichts hätten nach sich ziehen müssen.

Ebenso unbestritten und bereits vor der Vorinstanz nicht beanstandet worden sei, dass die Vertreterin Arbeitnehmers über die Qualifikation einer professionellen Bevollmächtigten verfügte.

Angesichts der in diesem Fall gebotenen Zurückhaltung bei der Anwendung des sozialen Untersuchungsgrundsatzes habe das kantonale Gericht keineswegs gegen Bundesrecht verstossen, als es davon ausging, dass die erste Instanz Art. 247 Abs. 2 ZPO korrekt angewendet habe.

„3.7: Dans le cas d’espèce, il est établi que le recourant, alors qu’il était représenté par une secrétaire syndicale, a initié la présente cause par le dépôt d’une demande présentant des carences factuelles, qu’il n’a pas rectifiées avant les délibérations de la juridiction de première instance, n’ayant pas été interpellé en ce sens par le tribunal. Les constatations de la cour cantonale ne permettent pas d’inférer que ces carences relèveraient d’inadvertances évidentes, qui auraient dû, en toute hypothèse, susciter une interpellation de la part du tribunal de première instance. Le recourant ne le soutient d’ailleurs nullement.

Il est pareillement incontesté et n’avait déjà pas été remis en cause devant l’instance précédente que la représentante du demandeur disposait de la qualité de mandataire professionnellement qualifié. Sa capacité de postuler, que l’état de fait cantonal ne fait pas ressortir comme manifestement absente, ne peut dès lors pas être examinée par le Tribunal fédéral.

Aussi, compte tenu de la retenue qui s’imposait en l’occurrence dans la mise en pratique de la maxime inquisitoire sociale, la cour cantonale n’a nullement violé le droit fédéral en considérant que la première instance avait fait une application correcte de l’art. 247 al. 2 CPC. Partant, ce grief du recourant doit être rejeté.“

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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