Georges Chanson, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht, CHANSON Anwalt, www.arbeitsrechtler.ch
Bundesgesetz über die Zustellung von Sendungen an Wochenenden und Feiertagen (BGFL) verabschiedet
In den Schlussabstimmungen vom 26.09.2025 haben die eidgenössischen Räte die Vorlage des Bundesrats über ein neues Rahmengesetz (abgesehen von einer redaktionellen Anpassung im französischen Text) fast einstimmig bestätigt. Dagegen stimmte in der nur der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess. Zu seinen Beweggründen ist im Internet auf Anhieb nichts zu finden. Seine Partei hatte die Änderung schon in der Vernehmlassung unterstützt.
In der Vernehmlassung hatte sich von den Kantonen lediglich Glarus gegen die Vorlage ausgesprochen (vgl. die S. 15-19 in den Stellungnahmen, unter anderem mit der Begründung, kurzlebigen Erscheinungen in der Postlandschaft sei nicht mit einer aktivistischen Gesetzgebung zu begegnen. Juristisch etwas fundierter ist die dazugehörige Stellungnahme der Verwaltungskommission der Glarner Gerichte, welche eine Erosion der einheitlichen Fristenberechnung befürchtet und überdies einen Widerspruch zum Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen (EuFrÜb) sieht, weshalb dieses bei Annahme der Gesetzesänderung zu kündigen wäre! Die Stellungnahme einer Privatperson (S. 49-51) hatte eine Zustellung nicht auf den Samstag, Sonntag oder Feiertag folgenden Werktag, sondern auf den nächstfolgenden siebten Werktag vorgeschlagen.
Alle Materialien sind auf Curia Vista unter der Geschäftsnummer 25.023 abrufbar. Dort ist auch der Link auf die Referendumsvorlage publiziert.
Die Vorlage umfasst Änderungen beim VwVG, BGG, MStG, MStP, DBG, StHG, ATSG sowie beim BG über den Fristenlauf an Samstagen (SR 173.110.3) das künftig BG über die Zustellung von Sendungen an Wochenenden und Feiertagen (BGFL) heisst und das einen einen neuen Art. 1a mit folgendem Wortlaut erhält:
1 Eine Mitteilung einer Behörde oder einer privaten Person, die durch Postsendung an einem Samstag, Sonntag oder einem vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag nicht gegen Unterschrift überbracht wird, gilt am nächstfolgenden Werktag als zugestellt.
2 Massgebend für die Bestimmung der Feiertage ist das Recht des Kantons, in dem der Adressat oder die Adressatin oder dessen oder deren Vertretung Wohnsitz oder Sitz hat.
3 Vorbehalten bleiben gesetzliche Bestimmungen oder vertragliche Abreden zwischen dem Absender oder der Absenderin und dem Empfänger oder der Empfängerin, die den Empfang von Mitteilungen regeln.
Lediglich formeller Natur ist die Anpassung verschiedener Fussnoten im Obligationenrecht, unter anderem bei Art. 78 Abs. 1 OR. Weiter koordiniert ein Anhang der Vorlage mit der künftigen Regelung des BG über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) vom 20. Dezember 2024, wo kein Referendum ergriffen worden ist (vgl. zur Referendumsvorlage BBl 2025 19) und welches laut einem aktuellen Merkblatt von Justitia 4.0 bezüglich der Verfahrensbestimmungen frühestens auf Anfang 2027 in Kraft tritt.
Die Vorlage beschränkt sich auf Bundesrecht, d.h. sie bezieht sich nicht auf Fristbestimmungen gemäss kantonalem Recht. Davon ausgenommen ist lediglich das Steuerverfahrensrecht, wo der Bund legiferieren darf und die Kantone aufgrund von Art. 72 StHG die nötigen Anpassungen vorzunehmen haben.
Georges Chanson, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht, CHANSON Anwalt, www.arbeitsrechtler.ch
Weitere Beiträge zu prozessualen Fragen:
- Übersetzung fremdsprachiger Beweismittel im Arbeitsprozess?
- Neue prozessuale Fristenfalle
- Keine strafprozessualen Garantien bei internen Untersuchungen
- Prozessvertretung durch Gewerkschaften
- Glaubhaftmachung in Gleichstellungsprozessen
- Geplante Änderung der Zivilprozessordnung – Auswirkungen auf den Arbeitsprozess
- Örtlich zuständiges Gericht beim Arbeitsprozess
- Einsprache gegen die Kündigung (Art. 336b OR) und Novenschranke
- Schadenersatz wegen Mobbing und soziale Untersuchungsmaxime
- Arbeitsrecht – soziale Untersuchungsmaxime (Art. 247 Abs. 2 ZPO)
- Befangener Gerichtspräsident?
Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.