Der Bundesrat unterstützt mehrheitlich die Vorschläge der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates für flexiblere Arbeits- und Ruhezeitregeln bei der Telearbeit. Die Vorlage entspricht gemäss Bundesrat den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung in der Arbeitswelt und verankert gleichzeitig das Recht auf Nichterreichbarkeit während der täglichen Ruhezeit und an Sonntagen im Arbeitsgesetz. Der Bundesrat hat am 21. Mai 2025 seine Stellungnahme zum Entwurf der Kommission verabschiedet und beantragt neben einem eingeschränkteren Geltungsbereich zusätzliche Anpassungen im Obligationenrecht.
Telearbeit und im Speziellen Homeoffice gehören heute zum Arbeitsalltag. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) möchte mit dem Gesetzesentwurf den Bedürfnissen von Arbeitnehmenden, die ihre Arbeit in Telearbeit verrichten, Rechnung tragen. Damit setzt sie die 2019 überwiesene parlamentarische Initiative Burkart «Mehr Gestaltungsfreiheit bei Arbeit im Homeoffice» um.
Vorlage der Kommission
Gemäss dem Entwurf der Kommission sollen alle Arbeitnehmenden ab 18 Jahren ihre Arbeitsleistung ausserhalb des Betriebes erbringen können, wenn sie dies schriftlich mit dem Arbeitgeber vereinbart haben. Das bereits heute implizit geltende Recht auf Nichterreichbarkeit während der täglichen Ruhezeit und an Sonntagen soll explizit im Arbeitsgesetz festgehalten werden.
Zudem sieht die Vorlage vor, dass die Tages- und Abendarbeit innerhalb von 17 Stunden zu leisten ist. Heute sind es 14 Stunden. Die tägliche Ruhezeit soll neu mindestens neun anstelle von elf Stunden betragen, Da insbesondere bei Telearbeit von zu Hause aus der Arbeitsweg wegfällt, ist die zum Schutz der Gesundheit notwendige tägliche Ruhezeit nach wie vor gewährleistet. Für Arbeitnehmende in Betrieben der Informations- und Kommunikationstechnologie existiert bereits eine gleichlautende Regelung (Art. 32b Abs. 2 ArGV 2), die von der Grundnorm in Artikel 15a ArG, welche eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf Stunden vorsieht, abweicht. Diese Regelung in der ArGV 2 wurde mit den Sozialpartnern erarbeitet und trat am 1. Juli 2023 in Kraft.
An höchstens sechs Sonntagen pro Jahr soll an höchstens fünf Stunden bewilligungsfrei gearbeitet werden können. Diese Sonntagsarbeit ist mit einem Lohnzuschlag von 50 Prozent abzugelten.
Anpassungsvorschläge des Bundesrats
Der Bundesrat unterstützt die Vorlage mit einigen punktuellen Anpassungsvorschlägen, denn sie schafft Klarheit, ohne dabei den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden zu vernachlässigen. Er beantragt jedoch, den Geltungsbereich auf jene Arbeitnehmenden einzuschränken, die ihre Arbeitszeit zu einem namhaften Teil selber festsetzen können. Nur wer diese Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung hat, kann vom Anliegen der Vorlage profitieren, Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit zu optimieren.
Der Bundesrat beantragt zudem, von der Formerfordernis der Schriftlichkeit für die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und -nehmer abzusehen, da diese keinen Mehrwert bringt und eine administrative Erschwernis für die Betriebe bedeutet.
Das Recht auf Nichterreichbarkeit soll nicht nur für Personen in Telearbeit, sondern für alle Arbeitnehmenden gelten. Aufgrund der heutigen Kommunikationsmittel, die eine ständige Erreichbarkeit ermöglichen, besteht eine erhöhte Gefahr, dass Arbeits- und Freizeit vermengt werden. Deshalb begrüsst der Bundesrat die explizite Verankerung des Rechts auf Nichterreichbarkeit im ArG, auch wenn dieses Recht implizit schon heute gilt. Die nun vorgeschlagene Bestimmung finde sich allerdings im Kapitel mit den Sonderbestimmungen für Telearbeit. Dies könnte nach dem Bundesrat so verstanden werden, dass dieses Recht nur Telearbeit leistenden Personen zugutekommt. In verschiedenen Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung wurde denn auch entsprechende Kritik geäussert. Im Sinne der Rechtssicherheit beantragt der Bundesrat, das Recht auf Nichterreichbarkeit nicht nur für Telearbeitende explizit zu verankern. Deshalb soll diese Bestimmung gesetzessystematisch verschoben werden, damit dieses Recht für alle dem ArG unterstehenden Arbeitnehmenden gilt.
Änderungen des Obligationenrechts
Der Bundesrat beantragt weiter, das Obligationenrecht zu ergänzen, damit die Revision in ihrer Gesamtheit kohärent ist. In Übereinstimmung mit den Anpassungen im Arbeitsgesetz soll auch im Obligationenrecht der Begriff «Telearbeit» definiert werden. Zudem sollen die Punkte aufgeführt werden, welche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden zu vereinbaren sind. Schliesslich soll das Recht auf Nichterreichbarkeit auch im Obligationenrecht festgehalten werden:
- Es erfolgt eine Definition von Telearbeit in Artikel 319 Absatz 3.
- Die Aspekte, zu denen eine Vereinbarung getroffen werden muss, sind in Artikel 320 Absatz 1bis abschliessend festgelegt, wobei die Form der Vereinbarung nicht vorgeschrieben ist.
- Das Recht auf Nichterreichbarkeit während der Freizeit, der Ferien und des Urlaubs wird wie im ArG auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgeweitet (Art. 329k)
- Die Artikel 320 Absatz 1bis und 329k sind unabänderlich zuungunsten der Arbeitnehmenden und werden deshalb in Artikel 362 Absatz 1 aufgelistet.
Als nächstes wird sich die WAK-N mit der Stellungnahme des Bundesrates befassen.
Zum Homeoffice, siehe insbesondere auch die folgenden Beiträge:
- Entschädigung für privates Zimmer beim Homeoffice
- Homeoffice, was gilt?
- Mögliche Haftung des Arbeitnehmers bei Cyberangriffen im Homeoffice
- Flexible Arbeitszeiten im Homeoffice
- Technische Überwachung im Homeoffice
- Ergonomie am Arbeitsplatz
- Vergütung von Spesen und Auslagen
- Entschädigung im Homeoffice im öffentlichen Dienstrecht (kt. Luzern)
Autor: Nicolas Facincani
Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.