Durch den Lehrvertrag verpflichtet sich der Arbeitgeber die lernende Person für eine bestimmte Berufstätigkeit auszubilden. Die lernende Person ihrerseits verpflichtet sich, zu diesem Zweck Arbeit im Dienst des Arbeitsgebers zu leisten (Art. 344 OR). Der Lehrvertrag verfolgt also einen Ausbildungszweck, wobei die Ausbildung umfassend und systematisch angelegt ist.

Neben den Bestimmungen in Art. 344 ff. OR geltend einerseits ergänzend die Bestimmungen von Art. 319 ff. OR betreffend den Arbeitsvertrag. Sodann kommen die Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes (BBG) und der Berufsbildungsverordnung (BBV) zur Anwendung. Im Weiteren ist zu beachten, dass die lernenden Personen dem Geltungsbereich des Arbeitsgesetzes unterstehen (Art. 1 Abs. 1 ArGV1) und oft unter 18 Jahre alt sind. Daher kommen zusätzlich die Schutzvorschriften gemäss Art. 29 ff. ArG zur Anwendung.

Nachfolgend soll auf die gewisse Besonderheiten des Lehrvertrages eingegangen und aufgezeigt werden, inwiefern sich der Lehrvertrag vom gewöhnlichen Einzelarbeitsvertrag unterscheidet:

Formvorschriften Der Lehrvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Schriftform (Art. 344a Abs. 1 OR). Er hat die Dauer der beruflichen Bildung, den Lohn, die Probezeit, die Arbeitszeit und die Ferien zu regeln. Für die Probezeit, die Ferien und den Lohn stehen Ersatzregelungen im Gesetz bereit, sollte der Vertrag diese Punkte nicht regeln. Vereinbarungen, die die lernende Person im freien Entschluss nach der Beendigung der Lehre beeinträchtigen, sind zudem nichtig (Art. 344a Abs. 6 OR).
Genehmigung Der Lehrvertrag ist von der zuständigen kantonalen Behörde zu genehmigen (Art. 14 Abs. 3 BGG). Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Voraussetzungen in Bezug auf den auszubildenden Arbeitgeber sowie auf den Lehrvertrag erfüllt sind. Ist die lernende Person noch minderjährig, ist der Lehrvertrag zudem vom gesetzlichen Vertreter zu genehmigen oder von diesem zu unterzeichnen. Untersteht die lernende Person der gemeinsamen elterlichen Sorge, genügt die Zustimmung von nur einem Elternteil.
Lohn Der Lehrvertrag ist im Gegensatz zum gewöhnlichen Arbeitsvertrag nicht zwingend entgeltlich.
Lehrziel Die lernende Person hat alles zu tun, um das Lehrziel zu erreichen (Art. 345 Abs. 1 OR). Zudem hat auch die gesetzliche Vertretung der lernenden Person den Arbeitgeber in der Erfüllung seiner Aufgabe nach Kräften zu unterstützen, um das gute Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und der lernenden Person zu fördern (Art. 345 Abs. 2 OR). Das OR auferlegt hier also eine Pflicht einer Person, die gar nicht Vertragspartei des Lehrvertrages ist. Auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Berufslehre unter der Verantwortung einer Fachkraft steht, welcher hierfür die nötigen beruflichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften besitzt (Art. 345a Abs. 1 OR). Akkordarbeiten und andere Arbeiten als berufliche Arbeiten sind nur in engen Grenzen zulässig (Art. 345a Abs. 4 OR).
Arbeitsbefreiung und Ferien Der lernenden Person ist ohne Lohnabzug die Zeit frei zu geben, die für den Besuch der Berufsschule und für die überbetrieblichen Kurse und für die Teilnahme an den Prüfungen erforderlich ist (Art. 345a Abs. 2 OR). Sodann sind der lernenden Person bis zum 20. Altersjahr mindestens fünf Wochen Ferien zu gewähren (Art. 345a Abs. 3 OR).
Probezeit Die Probezeit darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen. Wird die Probezeit im Lehrvertrag nicht geregelt, gilt eine Probezeit von drei Monaten (Art. 344a Abs. 3 OR). Die Probezeit kann vor ihrem Ablauf durch Abrede der Parteien und unter Zustimmung der kantonalen Behörde ausnahmsweise auf bis zu sechs Monate verlängert werden (Art. 344a Abs. 4 OR).
Ordentliche Beendigung: Während der Probezeit gilt eine Kündigungsfrist von sieben Tagen (Art. 346 Abs. 1 OR). Aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lehrvertrag um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, ist nach der Probezeit eine ordentliche Kündigung nicht mehr möglich. Ausnahmen hiervon sind ein Aufhebungsvertrag, Tod der lernenden Person, Ungültigkeit oder die die ausserordentliche Kündigung.
Ausserordentliche Kündigung Art. 346 Abs. 2 OR listet die Konkretisierungen für wichtige Gründe auf, aus welchen ein Lehrvertrag fristlos aufgelöst werden kann.
Zeugnis Im Gegensatz zum gewöhnlichen Arbeitsverhältnis wird nach Beendigung der Lehre lediglich ein Zeugnis ausgestellt, welches die erforderlichen Angaben über die erlernte Berufstätigkeit und die Dauer der Lehre enthält (Art. 346a Abs.1 OR). Ein Vollzeugnis wird nur auf Verlangen ausgestellt (Art. 346 a Abs. 2 OR).

 

Autor: Nicolas Facincani