Aufgrund der verschiedenen Entscheidungen des Schweizerischen Bundesrates mussten im Jahr 2020 und 2021 verschieden Branchen, insbesondere in der Gastronomie, schliessen. Andere Branchen hatten, insbesondere Zulieferer, plötzlich keine Aufträge mehr.

Viele Arbeitgeber beantragten in der Folge Kurzarbeit. Kurzarbeit ist somit die durch den Arbeitgeber mit Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer angeordnete vorübergehende Reduktion der vertraglichen oder üblichen Arbeitszeit oder vorübergehende vollständige Einstellung der Arbeit mit entsprechender Herabsetzung des Lohns, wobei die arbeitsrechtliche Vertragsbeziehung aufrechterhalten bleibt. Die Arbeitnehmer haben in jedem Fall das Recht, die Kurzarbeit abzulehnen, gehen damit allenfalls aber ein (faktisch) erhöhtes Kündigungsrisiko ein. Mit dieser regulierten Massnahme sollen Arbeitsplätze in konjunkturell schwierigen Phasen erhalten werden können. So können Arbeitslosigkeit einerseits, aber auch nachgelagerte Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten andererseits vermieden werden. Ebenso werden allfällige Beitragslücken in der beruflichen Vorsorge verhindert. Die Arbeitslosenversicherung deckt einen Teil des aus der Kurzarbeit resultierenden Lohnausfalls (Kurzarbeitsentschädigung). Damit sollen Arbeitslosigkeit verhindert und Arbeitsplätze erhalten werden. Das unerwartete Auftreten des Coronavirus dessen Auswirkungen wurden als nicht zum normalen Betriebsrisiko gehörend erachtet. Der Bundesrat hat nun im Zusammenhang mit der Corona Pandemie einerseits den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert und andererseits das Verfahren vereinfacht.

Andere Arbeitgeber verfolgten aber einen anderen Ansatz. Für die Zeit, in welcher der eigene Betrieb keine Arbeit mehr anbieten konnte, wurde versucht, die Arbeitnehmer an andere Betriebe auszuleihen. Hier sind aber verschiedene Schranken zu beachten.

 

Schranken des Arbeitsrechts

Nach dem Obligationenrecht kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zwingen, für einen Dritten zu arbeiten, auch wenn es sich um ein Konzernunternehmen handelt, ausser der Einsatz erfolge immer noch im Auftrag der Arbeitgeberin, ohne Übergang der Weisungsbefugnisse (Art. 333 Abs. 4 OR). Erfolgt aber eine (auch nur temporäre) Übertragung des Arbeitsverhältnisses auf einen Dritten ohne Zustimmung des Arbeitnehmers, so kann der Arbeitgeber die Arbeit verweigern. Aufgrund der Treuepflicht kann der Arbeitnehmer aber in Einzelfällen verpflichtet sein, seine Zustimmung zur Abtretung zu erteilen – dies etwa wenn nach einem Brand eine Tätigkeit für den bisherigen Arbeitgeber keine Tätigkeit mehr möglich ist.

Faktisch kann der Arbeitgeber somit den Arbeitnehmer nur mit dessen Zustimmung an einen Dritten „verleihen“. Wie bereits ausgeführt, kann die Kurzarbeit eine andere Lösung sein, auch hier bracht es aber die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers. Stimmt der Arbeitnehmer weder dem Verleih noch der Kurzarbeit zu, und verfügt der Arbeitgeber über zu viele Kapazitäten, so riskiert der Arbeitnehmer aber, dass sein Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Eine Kündigung dürfte in der Regel unter solchen Umständen nicht missbräuchlich sein (Art. 336 ff. OR).

Eine andere Lösung kann für den Arbeitgeber bei fehlender Zustimmung darin bestehen, dass er die Arbeitnehmer nicht „verleiht“, sondern dass er selbst mit seinen Arbeitnehmenden die Aufträge von Dritten übernimmt. Übernimmt der Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmenden von einem Dritten selbst den Auftrag, so findet rechtlich gesehen kein Verleih statt und für den Arbeitnehmer ändert grundsätzlich nichts. Er arbeitet immer noch für den gleichen Arbeitgeber. In einem solchen Fall stellt sich lediglich die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, dem Arbeitnehmer neue Tätigkeitsgebiete zuzuweisen. Eine solche Übernahme von Aufträgen dürfte aber nicht immer möglich sein.

 

Personalverleih

Beabsichtigt ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmenden an Dritte zu verleihen ist zudem stets zu prüfen, ob eine solches Vorgehen bewilligungspflichtig ist.

Einschlägig ist in einem solchen Fall das Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih («Arbeitsvermittlungsgesetz», «AVG»).

Das Arbeitsvermittlungsgesetz unterscheidet drei Formen des Personalverleihs (Art. 27 AVV):

  • die Temporärarbeit,
  • die Leiharbeit und
  • das gelegentliche Überlassen von Arbeitskräften an Dritte

Allen Formen des Personalverleihs ist gemein, dass ein Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher (Arbeitgeber), Einsatzbetrieb (sogenanntem Entleiher) und Arbeitnehmer vorliegt. Bei der Temporärarbeit und der Leiharbeit besteht der Zweck der Anstellung der Arbeitnehmenden hauptsächlich im Verleih an andere Betriebe. Die gewerbsmässige Temporärarbeit sowie die Leiharbeit sind in der Regel bewilligungspflichtig. Nicht bewilligungspflichtig sind somit Verleihbetrieb, die entweder nicht gewerbsmässig Arbeitnehmer überlassen oder Arbeitnehmer in der Form des gelegentlichen Überlassens bei Einsatzarbeiten arbeiten lassen.

 

Gelegentliches Überlassen von Arbeitskräften

Das gelegentliche Überlassen von Arbeitskräften aus besonderen Anlässen (sogenannte echte Leiharbeit; zum Beispiel bei Auftragsspitzen in einem «befreundeten» Betrieb), wird vom Arbeitsvermittlungsgesetz nicht erfasst. Es ist demnach in Beachtung von Art. 333 Abs. 4 OR erlaubt, wenn der Arbeitnehmer mit der temporären Versetzung in den Betrieb eines Dritten (in den Einsatzbetrieb) einverstanden ist.

Will somit ein Arbeitgeber bei einem wirtschaftlichen Einbruch sein Arbeitnehmenden lieber vorübergehend einem anderen Unternehmen zur Verfügung stellen, so muss er aufpassen, dass dies stets ein gelegentliches Überlassen von Arbeitskräfte im im Sinne des AVG darstellt.

Das gelegentliche Überlassen unterliegt im Grundsatz nicht der Frage, ob es gewerbsmässig erfolgt und damit bewilligungspflichtig ist. Gewerbsmässig erfolgt ein Verleih, wenn er regelmässig erfolgt und ein Gewinn erzielt werden soll bzw. wenn mit der Verleihtätigkeit ein jährlicher Umsatz von mehr als 100‘000 Franken erzielt.

Regelmässig erfolgt ein Verleih, sofern die Verleiherin mit Dritten innerhalb von zwölf Monaten mehr als zehn Verleihverträge abgeschlossen hat (Art. 29 Abs. 2 AVV). Gemäss dem SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) wird allerdings das einmalige Verleihen einer Arbeitsgruppe von mehreren Personen als ein einziger Verleih gezählt. Wird hingegen eine Person mehrmals verliehen, liegen mehrere Fälle vor.

Es besteht jedoch ein gewisses Risiko, dass der Verleih nicht mehr als nur gelegentliches Überlassen taxiert wird, wenn die obigen Grenzen überschritten werden. Arbeitgebende, die ihre Arbeitnehmenden verleihen wollen, sollten also genau prüfen, dass sie maximal zehn oder weniger Verleihverträge pro Jahr abschliessen, um auf der sicheren Seite zu sein. Dabei können sie sich auf die Meinung des SECO stützen, wonach das einmalige Verleihen einer Arbeitsgruppe von mehreren Personen als ein einziger Verleih gezählt wird.

 

Konsequenzen

Liegt ein bewilligungspflichtiger Personalverleih vor und fehlen die Bewilligungen, sind die entsprechenden Verträge nichtig. Zudem riskieren fehlbare Arbeitgebende der Strafverfolgung ausgesetzt und mit Bussen bestraft zu werden.

Weitere Beiträge zum Personalverleih und zur Arbeitsvermittlung:

 

Autor: Nicolas Facincani / Reto Sutter