In Art. 11 Abs. 3bis BVG wird eine echte Mitbestimmung des Personals bzw. der Arbeitnehmervertretung bei der Auflösung eines bestehenden Anschlusses an eine Vorsorgeeinrichtung statuiert. So hält diese Bestimmung das Folgende fest:

Die Auflösung eines bestehenden Anschlusses an eine Vorsorgeeinrichtung und der Wiederanschluss an eine neue Vorsorgeeinrichtung durch den Arbeitgeber erfolgt im Einverständnis mit dem Personal oder der allfälligen Arbeitnehmervertretung. Die Vorsorgeeinrichtung hat die Auflösung des Anschlussvertrages der Auffangeinrichtung (Art. 60) zu melden.

In BGE 146 V 169 hatte das Bundesgericht die Möglichkeit, verschiedene Aspekte dieser Mitwirkung zu erläutern.

 

Einverständnis der Arbeitnehmer

Das Bundesgericht hielt explizit fest, dass es nicht zulässig ist, die Mitwirkung der Arbeitnehmer derart zu gestalten, dass das Personal zwar informiert wird, und die Zustimmung bei Schweigen der Arbeitnehmer angenommen wird. Es ist eine aktive Zustimmung notwendig:

Das Wort „Einverständnis“ erfordert deutlich die diesbezügliche Einwilligung des Personals und schreibt diesem eine aktive Rolle zu. Ein „Einverständnis“ erfolgt zudem regelmässig im Voraus, was insbesondere im französischen Wortlaut („après“) klar zum Ausdruck kommt (E. 4.3.1).

Dem Gesetzgeber schwebte demnach eine gemeinsame Entscheidung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Wahl der Vorsorgeeinrichtung vor Augen, und er räumte Letzteren in diesem Zusammenhang ein besonderes (vorsorgespezifisches) Mitwirkungsrecht ein. Es reicht nicht, das Personal nur zu orientieren und/oder anzuhören. Vielmehr bedarf es dessen Zustimmung zum Anschlusswechsel, welcher Akt als eine kollektive Grösse zu begreifen ist und nicht als eine Kumulation individueller Rechte, die jedem einzelnen Arbeitnehmer zusteht (in diesem Sinne auch WYLER, a.a.O., N. 9 zu Art. 11 BVG; MARC HÜRZELER, Betriebsschliessung und Betriebsübernahme, Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge, in: BVG-Tagung 2015, S. 19; RÖSLER, a.a.O., S. 41) (E. 4.3.2.2).

Die Zustimmung selbst ist an keine Form gebunden.

 

Schiedsrichter

Das Gesetz sieht vor, dass wenn keine Einigung zustande kommt, ein neutraler Schiedsrichter zu bezeichnen ist.

Kommt im Falle von Art. 11 Abs. 3 bis (Satz 1) BVG keine Einigung zustande, so entscheidet ein neutraler Schiedsrichter, der im gegenseitigen Einverständnis oder, bei Uneinigkeit, von der Aufsichtsbehörde bezeichnet wird (Art. 11 Abs. 3 ter BVG). Der Entscheid ist konstitutiv (vgl. Art. 387 ZPO). Daraus erhellt, dass es bei Uneinigkeit keine „gestaffelte“ Beschlussfassung im Sinne einer „nachgeordneten“ Genehmigung gibt. Weshalb dies bei einer „Konsens-Kündigung“ im Sinne von Art. 11 Abs. 3 bis Satz 1 BVG anders sein soll, leuchtet nicht ein (E. 4.3.3.1).

 

Keine Wirksamkeit der Kündigung ohne Zustimmung

Das Bundesgericht hielt fest, dass eine Kündigung des Anschlussvertrages ohne Zustimmung der Arbeitnehmer nicht wirksam erfolgen könne:

Die anschlussvertragliche Kündigung ist – nicht anders als jede andere vertragliche Kündigung – ein einseitiges Gestaltungsrecht und grundsätzlich bedingungsfeindlich sowie unwiderruflich (BGE 141 V 597 E. 3.1 S. 601; zur vertraglichen Natur der Anschlussvereinbarung vgl. BGE 120 V 299 und SVR 2017 BVG Nr. 32 S. 145, 9C_108/2016 E. 3.3). Aus diesem Grundsatz folgt – wie sich BGE 128 III 129 E. 2b S. 135 f. (ständige Rechtsprechung; vgl. statt vieler auch Urteil 5A_701/2016 vom 6. April 2017 E. 6.4) entnehmen lässt -, dass die Kündigung erst wirksam sein kann, wenn sie von den dafür zuständigen Personen ausgesprochen worden ist. Ist die notwendige Genehmigung oder Zustimmung eines zweiten „Vorgesetzten“ (auf den vorliegenden Fall übertragen: des Personals) noch nicht erfolgt, kann die Kündigung ihre Wirkungen nicht entfalten. Für die Gegenpartei steht noch nicht fest, ob das „Arbeitsverhältnis“ (hier: Anschlussverhältnis) beendet werden soll. Diese Unsicherheit ist ihr nicht zuzumuten. Sie hat einen Anspruch darauf, während der ganzen Kündigungsfrist ohne Einschränkung zu wissen, dass das „Arbeitsverhältnis“ (hier: Anschlussverhältnis) beendet wird. Ein Schwebezustand ist nicht zumutbar. Von einer Unsicherheit über die Kündigung oder von einem (unannehmbaren) Schwebezustand kann allerdings nur gesprochen werden, wenn die gekündigte Partei tatsächlich an der Verbindlichkeit der Kündigung zweifelt. Wird der Mangel geheilt, was auch stillschweigend erfolgen kann, bevor der „Arbeitnehmer“ (hier: die Vorsorgeeinrichtung) diesen bemerkt, bestand von seiner (hier: ihrer) Seite nie Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung. Die vorliegende Obliegenheit der Vorsorgeeinrichtung (vgl. E. 3.2.3.1 Abs. 2) steht der Möglichkeit einer solchen Heilung von vornherein entgegen (E. 4.3.3.2).

 

Informationspflicht

Damit die Arbeitnehmer überhaupt wirksam entscheiden können, sind sie umfassend durch den Arbeitgeber zu informieren. Eine vor der Information erteilte Zustimmung wäre nicht gültig:

Schliesslich setzen Sinn und Zweck von Art. 11 Abs. 3 bis Satz 1 BVG eine – hinsichtlich der Kündigung – vorgängige Information des Personals voraus. Damit die Arbeitnehmenden ihr Einverständnis geben oder verweigern können, müssen sie frühzeitig über die für sie relevanten Kriterien verfügen. Wohl liegt einem Anschlusswechsel ein vielschichtiger Prozess zu Grunde: Er ist komplex und weist zahlreiche Fallstricke auf (vgl. zum Ablauf und zu Erfahrungen aus der Praxis URS THALMANN, Wechsel der Pensionskasse: Was zu beachten ist, Lösung muss immer wieder überprüft werden, SPV 2013 Sonderausgabe S. 19 f.; URS BANNWART, Pensionskassenwechsel, [K]eine einfache Sache, SPV 2012 Heft 4 S. 35 f.). Ohne dasshier das Verfahren und die Modalitäten, die zum Einverständnis des Personals führen, im Einzelnen festzulegen sind, liegt auf der Hand, dass eine sorgfältige Analyse und Strukturierung sowie die entsprechende Information des Personals zwecks Meinungsbildung eine gewisse Zeit beanspruchen. Im Rahmen des ordentlichen vertraglichen Kündigungsrechts, das hier ausgeübt wurde, lässt sich dies indessen – auch bei Vorliegen eines „träge(re)n“ Anschlussmodells (vgl. E. 1.3.1) resp. Kündigungsmodus (vgl. E. 3.2 vorne) – bestens planen; die notwendige Vorlaufzeit, um die Arbeitnehmenden laufend und sachgerecht informieren zu können, ist abschätz- und kalkulierbar (E. 4.3.4).

 

Mitwirkungsgesetz – Arbeitnehmervertretung

Das Mitwirkungsgesetz (MWG) regelt die Mitspracheberechtigung der Arbeitnehmer auf der betrieblichen Ebene. Betriebe mit mindestens 50 Mitarbeitern können eine oder mehrere Vertretungen wählen (Art. 3 MWG). Auf Verlangen eines Fünftels (oder mindestens 100 Mitarbeitern bei mehr als 500 Angestellten) ist mittels geheimer Abstimmung festzustellen, ob sich die Mehrheit für eine Vertretung ausspricht. Im Falle eines positiven Abstimmungsresultats ist nachfolgend eine Wahl durchzuführen, welche von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gemeinsam durchgeführt wird (Art. 5 MWG).  Besteht eine Arbeitnehmervertretung, erteilt diese die Zustimmung im Rahmen des Pensionskassenwechsels, ansonsten sämtliche Arbeitnehmer. Die Mitwirkungsrechte gelten auch beim Pensionskassenwechsel im Rahmen eines Unternehmenskaufs.

 

Beiträge betreffend den Schutz älterer Arbeitnehmer:

 

Autor: Nicolas Facincani