Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen (Spesen) zu ersetzen, bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderlichen Aufwendungen. Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann als Auslagenersatz eine feste Entschädigung, wie namentlich ein Taggeld oder eine pauschale Wochen- oder Monatsvergütung festgesetzt werden, durch die jedoch alle notwendig entstehenden Auslagen gedeckt werden müssen. Hingegen ist es unzulässig, die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise durch den Arbeitnehmer tragen zu lassen. Diese Regelung gilt auch für das Homeoffice; auch hier hat der Arbeitgeber alle anfallenden Kosten zu tragen, etwa für Strom, Internet, Telefon etc.
Nachweis von Spesen – auch bei Kreditkarten
Der Arbeitnehmer hat die Spesen nach Umfang und Notwendigkeit detailliert nachzuweisen. Der Arbeitnehmer hat die Notwendigkeit wie auch die Höhe der einzelnen Auslagen zu spezifizieren und zu beweisen. Diese Pflicht trifft den Arbeitnehmer deshalb, weil er allein wissen kann, welche Auslagen tatsächlich entstanden sind. Die Abrechnungspflicht umfasst auch die Vorlage von Belegen.
Häufig sieht man in der Praxis, dass Auslagen über eine Geschäftskreditkarte (die so genannte Corporate Card) bezahlt werden müssen. Dann müssen dem Arbeitnehmer keine Kosten vergütet oder Vorschüsse entrichtet werden, sondern es wird, trotz Buchung durch den Arbeitnehmer, erreicht, dass die Rechnungen direkt vom Arbeitgeber bezahlt werden. So kann das Risiko eines Spesenbetrugs durch den Arbeitnehmer weiter reduziert werden.
Auch im Falle des Einsatzes einer Corporate Card gilt – vorbehältlich einer anderweitigen Regelung – die Nachweis- bzw. die Belegpflicht. Bei fehlenden Belegen und Spezifikationen kann der Arbeitgeber verlangen, dass die die Beträge entsprechend den Bezügen vom Arbeitnehmer zurückzuerstatten sind.
Entscheid des Obergericht des Kantons Zug, Zivilabteilung, vom 23.04.2025, Nr.Z1 2024 23
Die vorgenannten Grundsätze wurde auch im Entscheid des Obergericht des Kantons Zug, Zivilabteilung, vom 23.04.2025, Nr.Z1 2024 23 bestätigt.
4.2 In Lehre und Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass der Arbeitnehmer die Notwendigkeit wie auch die Höhe der einzelnen Auslagen zu spezifizieren und zu beweisen hat. Der Begriff der geschäftlichen bzw. geschäftsmässigen Begründetheit wird zwar vorwiegend im steuerrechtlichen Kontext verwendet, kann aber weitestgehend mit dem Begriff der in Art. 327a Abs. 1 OR normierten Notwendigkeit der Auslagen gleichgesetzt werden. Zum Nachweis der notwendigen Auslagen hat der Arbeitnehmer eine detaillierte Abrechnung und grundsätzlich alle hierzu erforderlichen Belege vorzulegen (vgl. Art. 327a Abs. 1 und Art. 327c Abs. 1 OR; BGE 131 III 439 E. 5.1 m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 4C.263/2001 vom 22. Januar 2002 E. 2d; Urteile des Obergerichts Zürich LA200031 vom 3. Februar 2022 E. III.5 und LA180021 vom 5. August 2019 E. V.5).
NIcht notwendige Auslagen sind zurückzuerstatten – wie bei Spesenvorschüssen
Das Zuger Obergericht hielt fest, dass wenn der Arbeitnehmer die anfallenden Auslagen mit einer Bankkarte der Arbeitgeberin bezahle, (oder mit einer Geschäftskreditkarte; sog. „Corporate Card“) müssen ihm zwar keine Kosten vergütet oder Spesenvorschüsse entrichtet werden. Vielmehr werden die Rechnungen direkt von der Arbeitgeberin bezahlt. Den Arbeitnehmer treffe jedoch auch in diesem Fall die Obliegenheit, die Notwendigkeit und Höhe der einzelnen Auslagen nachzuweisen und zu belegen.
Die Situation stelle sich dabei ähnlich dar, wie wenn die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer bei regelmässigen Auslagen einen Vorschuss leiste (vgl. Art. 327c Abs. 2 OR). Übersteige der Vorschuss die notwendigen Auslagen, sei die Differenz zurückzuerstatten (vgl. Urteile des Obergerichts Zürich LA200031 vom 3. Februar 2022 E. III.5.1.4 und LA180021 vom 5. August 2019 E. V.4 f.; Urteil des Bundesgerichts 4C.263/2001 vom 22. Januar 2002 E. 2d m.w.H.; Facincani/Picenoni/Sutter, Entschädigung von Spesen und Auslagen von Arbeitnehmern, TREX 2023 S. 204 ff., 208; Streiff/von Kaenel/Rudolph, Arbeitsvertrag, 7. A. 2012, Art. 327c OR N 4; Brunold, Die Arbeitsauslagen im schweizerischen Individualarbeitsrecht, 2014, N 567 m.w.H.).
Vertraglicher oder berecherungsrechtlicher Anspruch
Bei Spesenvorschüssen (oder Akontozahlungen) handle es sich bloss um vorläufige Zahlungen, die später an die korrekt abgerechnete (Spesen-)Forderung anzurechnen sind. Mithin sei die Differenz zwischen den geleisteten Spesenvorschüssen (oder Akontozahlungen) und der durch die korrekte Abrechnung festgestellten effektiven vertraglichen (Spesen-)Forderung auszugleichen, sei es durch einen „Nachschuss“ der Arbeitgeberin oder eine Rückleistung des Arbeitnehmers. Wenn für eine entsprechende Abrechnungsperiode hinsichtlich der (Spesen-)Forderung ein Saldo gezogen und dieser (auch von der Arbeitgeberin) anerkannt würde, ist der Rückforderungsanspruch bereicherungsrechtlicher Natur und die Arbeitgeberin für die Rückvergütung behauptungs- und beweisbelastet. Vor Anerkennung des Saldos handelt es sich dagegen um einen vertraglichen Anspruch, für den der Arbeitnehmer behauptungs- und beweispflichtig ist (vgl. Urteil des Obergerichts Zug Z1 2023 18 vom 17. Juli 2024 E. 5.2; Urteil des Bundesgerichts 4A_433/2020 vom 4. März 2021 E. 2 m.w.H. [betreffend Akontozahlungen im Zusammenhang mit mietrechtlichen Nebenkosten]; BGE 126 III 119 E. 3d; Schulin/Vogt, Basler Kommentar, 7. A. 2020, Art. 63 OR N 3a [betreffend Akontozahlungen im Zusammenhang mit einer Gewinnbeteiligung]).
Vorliegend hatte die Arbeitgeberin die Auslagen, die mittels Kreditarte bezahlt wurden, bereits beglichen:
Auch wenn wie vorliegend die Beklagte als Arbeitgeberin die vom Kläger als Arbeitnehmer mit der Bankkarte bereits bezahlten und in der Buchhaltung verbuchten, aber (aus ihrer Sicht) nicht notwendigen Auslagen zurückfordert, verbleibt nach dem Gesagten die Beweislast hinsichtlich der Notwendigkeit und Höhe der einzelnen Auslagen beim Kläger, soweit für die Abrechnungsperiode nicht ein Saldo gezogen und dieser (auch von der Beklagten) anerkannt wurde. Solche Saldomitteilungen und/oder -anerkennungen wurden im vorliegenden Fall von keiner Partei behauptet und sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Somit ist der Rückerstattungsanspruch der Beklagten – analog zur Rückforderung von Spesenvorschüssen oder Akontozahlungen – vertraglicher und nicht bereicherungsrechtlicher Natur (vgl. Urteil des Obergerichts Zürich LA200031 vom 3. Februar 2022 E. III.5.1.6). Demnach sind die Beweislastregeln des Bereicherungsrechts vorliegend nicht anwendbar. Vielmehr ist – wie im bundesgerichtlichen Verfahren 4A_433/2020 beurteilten Fall – zu prüfen, ob der Anspruch effektiv im abgerechneten Umfang besteht, wofür mangels entsprechender (Saldo-)Anerkennungen der Beklagten der Kläger als Arbeitnehmer die Beweislast trägt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_433/2020 vom 4. März 2021 E. 2.4.2 und 2.6.1).
Zudem dürfte bei Beweisschwierigkeiten nicht die Beweislast umgekehrt werden. Immerhin sei aber zu beachten, dass nach der Rechtsprechung vom Arbeitnehmer mit Bezug auf die Höhe der Auslagen kein strenger Beweis verlangt werden darf und effektiv gehabte Auslagen, die ziffernmässig nicht mehr beweisbar sind, vom Gericht in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzen sind (vgl. BGE 131 III 439 E. 5.1; act. 149 E. 4.6.3; s. dazu auch vorne E. 2.4 sowie hinten E. 6.3.4).
Weitere Beiträge zu Spesen und Auslagen (Auswahl):
- Entschädigung für das private Generalabonnement (GA)?
- Verjährung von Spesen und Auslagen
- Spezifizierung von Spesen bei Kreditkarten
- Homeoffice, was gilt?
- Geschäftsreisen
- Arbeitsrecht und Verjährung
- Das Telefon und die Arbeit
- Kann ein Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen werden?
- Entschädigung für das Halbtax-Abo
- Ersatz der Verpflegungskosten
- Anzug und Krawatte obligatorisch – Zur Entschädigung von Kleidern
- Ersatz der Aufwendungen für das Geschäftsfahrzeug
- Vergütung von Spesen und Auslagen
Autor: Nicolas Facincani
Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.
Umfassende Informationen zum Gleichstellungsrecht finden Sie hier.