Immer wieder stellt sich die Frage, ob ein Bonus Lohn oder eine Gratifikation darstellt, so auch im Sachverhalt, welcher dem Entscheid des Bundesgerichts (4A_215/2018) vom 25. Juli 2018 zugrunde lag, und wo das Bundesgericht zugunsten des Arbeitnehmers entschied.

 

Bonus: Lohn oder Gratifikation

Eine Gratifikation zeichnet sich gegenüber dem Lohn dadurch aus, dass sie zum Lohn hinzutritt und immer in einem gewissen Masse vom Willen des Arbeitgebers abhängt. Die Gratifikation wird damit ganz oder zumindest teilweise freiwillig ausgerichtet. Freiwilligkeit wird angenommen, wenn dem Arbeitgeber zumindest bei der Festsetzung der Höhe des Bonus ein gewisses Ermessen zusteht. Ein solches Ermessen wird in der Rechtsprechung auch bejaht, wenn die Höhe des Bonus nicht nur vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses, sondern zudem auch von der subjektiven Einschätzung der persönlichen Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber abhängig gemacht wird. Ein im Voraus festgesetzter und fest vereinbarter Betrag kann daher keine Gratifikation sein.

 

Entscheid des Bundesgerichts (4A_215/2018) vom 25. Juli 2018

Dem Entscheid des Bundesgerichts (4A_215/2018) vom 25. Juli 2018 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen der Vertragsverhandlungen für den Arbeitsvertrag unterbreitete der Arbeitgeber das nachfolgende Angebot (zitiert gemäss Bundesgericht, Erw. 3.1): „Die Bonusvereinbarung wird von Herrn D.________ und Herrn E.________ [sc. leitende Angestellte der Beschwerdeführerin] zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt. Bei Erreichen der vereinbarten Ziele kann der Bonus einen Betrag bis CHF 90’000 bewirken. Der Bonus wird nur ausbezahlt, wenn der Arbeitnehmer das ganze Jahr für den Arbeitgeber tätig war. Das heisst jeweils vom 01.01 bis 31.12 des Jahres. Es gibt keine pro Rata Bonuszahlung. Der Bonus wird zum ersten Mal im Mai 2014 ausbezahlt. Der Bonus für das Jahr 2014 wird zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt.“

Der Arbeitnehmer war hiermit nicht vollends einverstanden und machte den folgenden Gegenvorschlag (zitiert gemäss Bundesgericht, Erw. 3.1): „Die Bonusvereinbarung für das Jahr 2013 wird von Herrn D.________ und Herrn E.________ zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt. Ein Bonus von CHF 90’000 für das Jahr 2013 ist jedoch garantiert. Der Bonus 2013 wird im Mai 2014 ausbezahlt. Für das Jahr 2014 und die Folgejahre hat der Arbeitnehmer bei Erreichen der vereinbarten Ziele Anspruch auf einen Bonus mindestens im Rahmen des Bonus 2013. Die Bonusvereinbarung für das Jahr 2014 sowie die Folgejahre wird in einem späteren Zeitpunkt festgelegt. Der Bonus wird pro rata ausbezahlt, sollte das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden.“

Der Arbeitnehmer trat seine Stelle am 1. April 2013 an, wurde aber per Ende Dezember 2013 durch den Arbeitnehmer wieder gekündigt. Unterschrieben wurde die Klausel, welche vom Arbeitgeber ursprünglich vorgeschlagen wurde. Dem Arbeitnehmer gelang es aber die Gerichte zu überzeugen, dass sich die Parteien auf den Vorschlag des Arbeitnehmers geeinigt hatten und die vom Arbeitgeber vorgeschlagene Klausel ersetzen wollten. Somit wurde der Bestand wie auch die Mindesthöhe der Sondervergütung vertraglich abgesichert und der Arbeitgeber zur Zahlung von CHF 90‘000 verpflichtet, obgleich der Arbeitnehmer kein ganzes Jahr für den Arbeitgeber tätig war. Weitere Voraussetzungen mussten somit nicht mehr gegeben sein, damit die Bonuszahlung fällig wurde.

Der Arbeitgeber hätte möglicherweise gut daran getan, im Rahmen der Vertragsverhandlungen klar darzulegen, dass sie die Klausel des Arbeitnehmers nicht akzeptieren würde. Möglicherweise hätte er dadurch die Zahlungspflicht abwenden können.

 

Weitere relevante Beiträge zum Thema:

 

Autor: Nicolas Facincani