Arbeitzeugnisse haben verschiedenen Anforderungen genügen:

  • Wohlwollen: Das Arbeitszeugnis muss wohlwollend sein und darf die berufliche Zukunft des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren. Dies ist zwar nicht im Gesetz vorgeschrieben, doch ergibt sich dieser Grundsatz aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Trotzdem sind durch den Arbeitgeber auch negative Punkte zu erwähnen, wenn dies für die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens von Bedeutung, also wesentlich, ist.
  • Wahrheitsgebot: Der Inhalt des Arbeitszeugnisses muss der Wahrheit entsprechen. Einmalige Verfehlungen, welche keinen Zusammenhang mit der Kündigung haben, sind im Arbeitszeugnis nicht zu erwähnen.
  • Vollständigkeitsgebot: Das Arbeitszeugnis muss vollständig sein. Es muss alle relevanten Fakten und Bewertungen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung notwendig sind.
  • Klarheitsgebot: das Arbeitszeugnis muss klar und frei von Widersprüchen sein. Es ist auf die Verwendung von missverständlichen Formulierungen zu verzichten. Insbesondere ist es nicht zulässig, dass ein Arbeitgeber sogenannte „Geheimcodes“ verwendet.

 

Immer wieder stellt sich die Frage der Haftung für ein falsches Arbeitszeugnis gegenüber Dritten und dem Arbeitnehmer.

 

Haftung gegenüber Dritten

Bei unwahren Zeugnissen kann der Arbeitgeber gegenüber Dritten haftbar werden. Der Anspruch stützt sich auf Art. 41 OR. Die Haftung nach Art.41 Abs.1 OR setzt voraus, dass dem Dritten ein Schaden entstanden ist, der widerrechtlich und schuldhaft verursacht wurde und in einem adäquaten Kausalzusammenhang zu dem schädigenden Ereignis steht.

In BGE 101 II 69 hatte das Bundesgericht festgehalten, dass das falsche Ausstellen eines Zeugnisses eine unerlaubte Handlung darstellt. Es stellt einen Fall von Urkundenfälschung (Art. 252 StGB) dar.

Der adäquate Kausalzusammenhang in Zusammenhang mit einem Arbeitszeugnis gegeben, wenn das Arbeitszeugnis geeignet war, den neuen Arbeitgeber zu veranlassen, den Arbeitnehmer einzustellen. Wenn der neue Arbeitgeber das Zeugnis aber nicht beachtet oder auf andere Faktoren für die Einstellung abstellt, so fehlt es am Kausalzusammenhang und es kann keine Haftung für ein falsches Zeugnis bestehen.

Will der neue Arbeitgeber den alten Arbeitgeber in Anspruch nehmen, muss dieser beweisen, dass ihm ein Schaden entstanden ist und dass die Einstellung gestützt auf das Arbeitszeugnis erfolgte. Ein Schaden kann insbesondere dadurch entstehen, dass man den entsprechenden Arbeitnehmer wieder entlassen muss Kosten für die Suche nach einem neuen Mitarbeiter, wie Insertionskosten oder Kosten für einen Headhunter ein zweites Mal entstehen.

 

Haftung gegenüber Arbeitnehmer

Es gibt nicht nur Fälle, in denen der neue Arbeitgeber Schadenersatzforderungen wegen einem falschen Zeugnis stellt, sondern auch der Arbeitnehmer kann gegen den Arbeitgeber vorgehen. Wie erwähnt hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zeugnis, das den gesetzlichen Erfordernissen entspricht. Er kann ein solches Zeugnis während und nach dem Arbeitsverhältnis verlangen.

Damit ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden kann, muss der betreffende Arbeitnehmer einen Schaden, also eine unfreiwillige Vermögenseinbusse, erleiden. Damit ein Schadenersatzanspruch durchgesetzt werden kann, muss der Arbeitgeber seine vertraglichen Pflichten verletzt haben – d.h. er hat kein Arbeitszeugnis ausgestellt oder er hat ein solches zu spät ausgestellt oder er hat ein Zeugnis ausgestellt, welches den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspricht (was sich nach einer Zeugnisberichtigungsklage herausstellen kann). Streitigkeiten betr. Arbeitszeugnisse entstehen in der Regel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder während der Kündigungsfrist, sind aber auch während dem Arbeitsverhältnis möglich (und kommen zwar nicht so häufig, aber doch vor.

Damit eine Haftung des Arbeitgebers in Zusammenhang mit einem Zeugnis in Frage kommt, muss die Kausalität zwischen der Vertragsverletzung des Arbeitgebers und dem entsprechenden Schaden gegeben sein. Ein Schaden kann etwa dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer eine Stelle nicht erhält.

Auch hier sind die Hürden regelmässig hoch. Der Arbeitnehmer hat nämlich darzulegen und zu beweisen, dass er mit einem «richtigen» Zeugnis die Stelle erhalten hätte.

In diesem Zusammenhang wurde kürzlich ein Urteil aus dem Kanton Waadt – dem Tribunal cantonal Vaud – veröffentlicht (JAR 2019, 570). Ein Arbeitgeber versuchte Schadenersatz wegen einem falschen Zeugnis zu verlangen. Er konnte aber nicht nachweisen, dass er bei einem korrekten Zeugnis die Stelle erhalten hätte. Der Arbeitnehmer scheiterte an der geforderten Kausalität (vgl. auch Streiff/von Kaenel/Rudolph Art. 330a N 7).

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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