Arbeitnehmer A war von Januar 2004 bis Ende 2013 bei Arbeitgeberin B angestellt, zuletzt als stellvertretender Geschäftsführer.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte Arbeitnehmer A von Arbeitgeberin B eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung und forderte gemäss einem Textvorschlag ein Arbeitszeugnis von ihr.

Strittig im Arbeitszeugnis war vor Bundesgericht (BGer 4A_574/2017 vom 14. Mai 2017) nur ein Satz. So wurde in diesem festgehalten, dass A seit Januar für die Arbeitgeberin keine Tätigkeiten mehr ausgeführt hatte und in der Folge ab Mitte Juli 2013 freigestellt worden war. A war der Auffassung, dass seine krankheitsbedingte Abwesenheit nur 6.5 Monate und damit deutlich weniger als ein Jahr gedauert habe und deshalb im Arbeitszeugnis nicht zu erwähnen sei.

Die erste Gerichtsinstanz stellte fest, dass eine ersatzlose Streichung nicht in Frage käme, weil ein Arbeitszeugnis zwar wohlwollend, aber korrekt abzufassen sei. Daher sei die Formulierung betreffend der Abwesenheit des Arbeitnehmenden angebracht. Die zweite kantonale Instanz bestätigte den Entscheid der Erstinstanz.

Das Bundesgericht (BGer 4A_574/2017 vom 14. Mai 2017)  bekräftigte im konkreten Fall, dass die Erwähnung der Arbeitsverhinderung von sechs Monaten im Zeugnis zulässig sei. Der Arbeitnehmende sei neun Jahre bei Arbeitgeberin B beschäftigt gewesen, wobei er zuletzt als stellvertretender Geschäftsführer gearbeitet habe. Genau in diese Zeit fiel auch seine Abwesenheit. Eine Nichterwähnung hätte ein falsches Bild ermittelt: «Die Vorinstanz ging zutreffend von dieser Rechtslage aus. Ihre Wertung, wonach im konkreten Fall eine halbjährige krankheitsbedingte Abwesenheit als erheblich einzustufen ist, wird vom Beschwerdeführer nur mit dem unzutreffenden Hinweis auf eine vermeintliche Mindestabwesenheitsdauer von einem Jahr beanstandet.» Gerade weil Arbeitnehmer A erst im April 2009 stellvertretender Geschäftsführer geworden sei und die gesamte krankheits- und freistellungsbedingte Absenz in jene Zeit fiel, in der er diese Position innehatte, hätte bei einer Nichterwähnung einen unzutreffenden Eindruck bezüglich seiner erworbenen Berufserfahrung erweckt. Die vorinstanzliche Beurteilung sei deshalb nicht zu beanstanden.

 

Konsequenz für die Praxis

Bereits in einem älteren Entscheid hatte das Bundesgericht entschieden, dass in einem Arbeitszeugnis gemäss Art. 330a Abs. 1 OR eine Krankheit des Arbeitnehmers namentlich zu erwähnen sei, wenn sie seine Eignung zur Erfüllung der bisherigen Aufgabe in Frage stelle und damit einen sachlichen Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bilde. Diese Voraussetzung sei gegeben, wenn ein Arbeitnehmer infolge einer Krankheit seine bisherige Tätigkeit über ein Jahr lang nicht ausüben könne und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht absehbar wäre, ob und wann er dazu wieder in der Lage wäre. Im vorliegenden Entscheid wurde festgehalten, dass eine Gesamtbetrachtung erfolgen muss. Würde ohne die Erwähnung einer Krankheit ein falsches Bild vermittelt, sei es möglich, Absenzen von weniger als einem Jahr im Arbeitszeugnis zu erwähnen.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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