Situation bis zum 30. Juni 2023: Spätestens durch die Covid-Pandemie gewann das Arbeiten von zuhause an Bedeutung. Heute ist das Homeoffice aus einem modernen Arbeitsumfeld nicht mehr wegzudenken. Erfolgt das Homeoffice nicht mehr zu 100% in den Räumlichkeiten des inländischen Arbeitgebers, so stellen sich insbesondere auch sozialversicherungsrechtliche Fragen.

Im Sinne einer Ausgangslage sieht die 25%-Regel mit Blick auf die Zuständigkeit der Sozialversicherungen bei Telearbeit vor, dass die Arbeitnehmer nicht im Sitzstaat des Arbeitgebers, sondern in ihrem Wohnland versichert sind, wenn sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit, d.h. mindestens 25%, dort verrichten.

Aufgrund der mit der globalen Covid-Pandemie verbundenen Einschränkungen einigten sich die EU/EFTA-Staaten auf eine vorübergehende Flexibilisierung der Regeln für die Koordinierung der sozialen Sicherheit. Dies galt bis zum 30. Juni 2023.

Bis zu diesem Datum unterlag eine Person (z.B. ein Grenzgänger im Homeoffice) weiterhin den schweizerischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit, auch wenn sie ihre Tätigkeit in Form von Telearbeit – egal in welchem Umfang (!) – in ihrem Wohnland (EU/EFTA) ausübte.

 

Vereinbarung ab dem 1. Juli 2023

Inzwischen haben die Schweiz und bestimmte Staaten der EU und der EFTA eine multilaterale Vereinbarung unterzeichnet, welche die Telearbeit im Interesse sowohl der Arbeitnehmenden wie auch deren Arbeitgeber weiterhin erleichtern soll.

Sie sieht vor, dass Personen, die in dem Staat arbeiten, in dem sich auch der der Sitz ihres Arbeitgebers befindet, bis zu 50% grenzüberschreitende Telearbeit (maximal 49.9 % der Arbeitszeit) im Wohnstaat leisten dürfen, grundsätzlich unter Verwendung von Informatikmitteln, und dass die Zuständigkeit für die Sozialversicherungen im Staat des Arbeitgebersitzes verbleibt. Diese 49,9%-Grenze wird über einen Zeitraum von 12 Monaten berechnet. Die Regel ist nur auf Situationen anwendbar, die zwei Staaten betreffen, welche die Vereinbarung unterzeichnet haben.

 

Vertragsparteien

Unterzeichnet haben die Vereinbarung neben der Schweiz auch Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Kroatien, Liechtenstein Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Spanien, Tschechien.

 

Anwendbarkeit

Die Vereinbarung ist nur anwendbar auf Personen, für welche auf das Freizügigkeitsabkommen mit der EU bzw. das EFTA-Abkommen gilt. Insbesondere auf Selbständigerwerbende ist sie daher nicht anwendbar – genauso wenig auf Personen, die neben der Telearbeit gewöhnlich weitere Tätigkeiten im Wohnstaat ausüben, Personen, die neben der Telearbeit im Wohnstaat in einem weiteren EU/EFTA-Staat gewöhnlich eine Tätigkeit ausüben und Personen, die neben der Tätigkeit für ihren Schweizer Arbeitgeber in einem EU/EFTA-Staat arbeiten. In der AHV-Mitteilung Nr. 470 finden sich detailliertere Informationen zur multilateralen Vereinbarung.

Damit die Vereinbarung für ihre Arbeitnehmenden gilt, müssen Schweizer Arbeitgeber bei ihrer AHV-Ausgleichskasse via die Plattform ALPS (Applicable Legislation Portal Switzerland) eine Bescheinigung A1 (maximale Gültigkeit 3 Jahre, verlängerbar) beantragen. ALPS wurde angepasst (neuer Geschäftsfall «grenzüberschreitende Telearbeit»). Es ist jedoch nicht nötig, sofort einen Antrag einzureichen, da die Bescheinigung A1 für die bis Ende Juni 2024 eingereichten Anträge rückwirkend per 1. Juli 2023 ausgestellt werden kann.

 

Kein Zuständigkeitswechsel und Anwendung der ordentlichen Regeln bei Telearbeit unter 25% im Verhältnis zu allen EU/EFTA-Staaten

Die Vereinbarung gilt für grenzüberschreitende Telearbeit zwischen 25% und 49,9% der Gesamtarbeitszeit. Für grenzüberschreitende Telearbeit unter 25% – auch wenn die Telearbeit in einem Staat erfolgt, welcher die Vereinbarung unterzeichnet hat – gelten die nachfolgend beschriebenen ordentlichen Regeln und Verfahren.

Bei Telearbeit in einem Staat, der die multilaterale Ausnahmevereinbarung nicht unterzeichnet hat, oder für einen Arbeitgeber mit Sitz in einem Staat, der der Vereinbarung nicht beigetreten ist, gelten ab dem 1. Juli 2023 wieder die vor der Pandemie angewendeten ordentlichen Regeln und Verfahren für die Beantragung der Bescheinigung A1 (die Versicherungsunterstellung wird durch den zuständigen Träger im Wohnstaat festgelegt) : Grenzüberschreitende Telearbeit bis zu 25% (maximal 24.9%) ist ohne Auswirkungen auf die Sozialversicherungen möglich.

 

Zum Homeoffice, siehe insbesondere auch die folgenden Beiträge:

 

Autoren: Nicolas Facincani/Laura Meier

 

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.

 

Umfassende Informationen zum Gleichstellungsrecht finden sie hier.