Im Juni 2020 hatte das Verwaltungsgericht Zürich sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Umkleidezeit im für die angerechnete Arbeitszeit ausgerichteten Monatslohn für Angestellte des Spitals Limmattal bereits inbegriffen ist (VWGer ZH VB.2019.00766). Hier forderten Angestellte des Spital Limmattal gegen den Spitalverband Limmattal eine Auszahlung von Mehrarbeit inkl. 25% für eine tägliche Umkleidezeit von 15 Minuten.

Angestellte des Spitals Limmattal unterstehen den personalrechtlichen Regelungen des Spitals Limmattal, d.h. dem Personalreglement (PR) Spital Limmattal vom 1. Juli 2015 bzw. 1. Juli 2010, das in Ziff. I.3 bzw. vormals I.4 subsidiär auf das kantonale Personalrecht des Kantons Zürich verweist.

Keine Entschädigung für Umkleidezeit: In diesem Entscheid (VWGer ZH VB.2019.00766) wurde zunächst festgehalten, dass Umkleidezeit auch Arbeitszeit darstellt. Beim Spital bestehe aber eine langjährige, unbestrittene Praxis, wonach die bezahlte Arbeitszeit mit dem Dienstantritt auf der Station oder im Operationssaal beginnt und mit dem Dienstende am entsprechenden Arbeitsort ende. Dies entspreche bis vor Kurzem auch der Praxis zahlreicher anderer Spitaler im Kanton Zürich. Im bereits erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich, wurde dann festgehalten, dass die Umkleidezeit nach gelebter Praxis nicht zur bezahlten Arbeitszeit zähle. bzw. diese im Monatslohn inbegriffen wäre. Dies gelte umso mehr für die Entlöhnung im Rahmen öffentlich-rechtlicher Anstellungsverhältnisse eines Zweckverbandes wie ein Spital (VWGer ZH VB.2019.00766, Urteil E.3.3 – siehe hierzu den Beitrag Lohn für die Umkleidezeit).

 

Weiterzug an das Bundesgericht

Wie medial angekündigt, wurde der Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen, welches sich im Entscheid BGer 8C_514/2020 vom 20. Januar 2021 mit der Angelegenheit zu befassen hatte.

Streitig und zu prüfen war durch das Bundesgericht, ob die Vorinstanz eine Rechtsverletzung beging, indem sie die Rechtmässigkeit der Weisung des Spitals Limmattal, wonach die Angestellten während der gesamten entschädigten Arbeitszeit vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitskleider tragen müssen und die Umkleidezeit demnach nicht entschädigt wird, bestätigte. Konkret ging es um die Frage, ob die vorinstanzliche Verneinung des Anspruchs der Beschwerdeführer auf Anrechnung der zu Schichtbeginn und -ende anfallenden Umkleidezeit als bezahlte Arbeitszeit im Umfang von pauschal 15 Minuten pro Arbeitstag eine Rechtsverletzung darstellt.

Da der Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts auf kantonalem Recht beruhte, kann vom Bundesgericht nur geprüfte werden, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung sonstwie gegen übergeordnetes Recht verstossen (BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 60; vgl. auch BGE 138 I 225 E. 3.1 und 3.2 S. 227 f., je mit Hinweisen).

Die Arbeitnehmer rügten, die Vorinstanz sei in Willkür verfallen, da sie mit ihrer Bezugnahme auf die gelebte Praxis einen Ansatz gewählt habe, der den üblichen Auslegungsregeln und jeder „Normenfolge des Rechts“ offensichtlich widerspreche.

Willkür gemäss Rechtsprechung ist aber nur gegeben, wenn ein Entscheid nicht bloss in der Begründung, sondern auch im Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheint, genügt nicht.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht betonte im Entscheid BGer 8C_514/2020 vom 20. Januar 2021 zunächst das Argument im Beschluss des Bezirksrates (Vorinstanz des kant. Verwaltungsgerichts), dass mit Blick auf die nicht nur beim Spital Limmattal gelebte, sondern offenbar geradezu branchenübliche Praxis eine gewollte, zusätzliche oder gesonderte Abgeltung der Umkleidezeit ausdrücklich reglementarisch zu verankern gewesen wäre.

Sodann bestätigte das Bundesgericht, dass der kantonale Entscheid nicht willkürlich war und wies die Beschwerde ab – es gibt also weiterhin keine Entschädigung für die Umkleidezeit:

Dass die auf das PR des Beschwerdegegners bezogene Annahme, die Umkleidezeit zähle nicht zur bezahlten Arbeitszeit bzw. gelte als im Monatslohn inbegriffen, unhaltbar oder mit Blick auf das Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 1 BV willkürlich wäre, ergibt sich sodann auch nicht daraus, dass sowohl die Rechtsprechung zum privaten Arbeitsrecht (vgl. BGE 124 III 249 E. 3b S. 251 betreffend Bereitschaftsdienst) als auch Art. 13 Abs. 1 ArGV 1, ohne sich explizit zur Frage der Umkleidezeit zu äussern, im Wesentlichen Definitionen des Begriffs der Arbeitszeit vermitteln, welche die erwähnte Praxis in der Tat fraglich erscheinen lassen. Auch im Schrifttum finden sich diese Umschreibungen und darüber hinaus zumindest vereinzelt gar ausdrückliche Stellungnahme zugunsten der Anrechenbarkeit der Umkleidezeit (vgl. ANDREAS PETRIK, Ist Umkleidezeit Arbeitszeit?, in: Pflegerecht – Pflege in Politik, Wissenschaft und Ökonomie 2019 S. 144 ff.; ohne spezifische Aussage: ROGER RUDOLPH/ADRIAN VON KAENEL, Aktuelle Fragen zur Arbeitszeit, in: AJP 2012 S. 197 ff.). Daraus lässt sich zwar durchaus ableiten, dass es andere, ebenfalls vertretbare oder gar zutreffendere Lösungen gäbe, doch genügt das nicht, um den vorinstanzlichen Entscheid als offensichtlich unhaltbar zu qualifizieren. Das kantonale Gericht verfiel daher nicht in Willkür, wenn es sich bei der Auslegung des anwendbaren PR nicht an der Rechtslehre und privatrechtlichen Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitszeit orientierte, sondern statt dessen in Anlehnung an die gelebte Praxis im Ergebnis zu einem engeren Verständnis der reglementarisch vorgesehenen Arbeitszeit gelangte, das die Umkleidezeit davon ausnimmt. Dass die Vorinstanz dabei auch den zeitlichen Anteil des Umkleidevorgangs an der gesamten Präsenzzeit einer Schicht mitberücksichtigte, erscheint schliesslich folgerichtig. Dabei ist – angesichts des beschwerdeweise geltend gemachten täglichen Bedarfs von 15 Minuten – nicht als willkürlich zu bezeichnen, dass sie ihn, ohne den Umfang näher zu erheben, als gering einstufte und das Ergebnis, unter Auferlegung einer gewissen Zurückhaltung bei der Anwendung bzw. Auslegung des (inter) kommunalen Rechts, nicht als unhaltbar qualifizierte.

 

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Autor: Nicolas Facincani