Von einem Betriebsübergang wird im schweizerischen Recht gesprochen, wenn der Betrieb auf einen Dritten übertragen wird; dies geschieht in der Regel durch ein Rechtsgeschäft wie Kauf, Schenkung etc. Dabei ist es notwendig, dass der Betrieb die Identität, d.h. den Betriebszweck, die Organisation und den individuellen Charakter im Wesentlichen bewahrt. Dabei ist etwa von Bedeutung, ob der eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt wird.
Ein Betriebsübergang liegt nur vor, wenn der Betrieb an einen Dritten übergeht. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Aktien einer Aktiengesellschaft oder Stammanteile einer GmbH übertragen werden oder wenn die Geschäftsführung einer Gesellschaft ändert.

Nicht Notwendig ist für einen Betriebsübergang, dass zwischen dem alten und neuen Betreiber des Betriebs eine Rechtsbeziehung besteht (BGE 123 III 466 ff.). So hielt das Bundesgericht fest, dass es für einen Betriebsübergang im Sinne von Art. 333 Abs. 1 OR genüge, dass der Betrieb vom neuen Inhaber tatsächlich weitergeführt oder übernommen werde. Dabei sei es unerheblich, ob zwischen dem ersten und zweiten Eigentümer ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht.

Das schweizerische Recht enthält keine Definition des Betriebs oder des Betriebsteils. Das Bundesgericht definiert in seiner Rechtsprechung den Betrieb als eine auf Dauer gerichtete, in sich geschlossene organisatorische Leistungseinheit, die selbständig am Wirtschaftsleben teilnimmt zur fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes, während dem es sich bei Betriebsteilen um organisatorische Leistungseinheiten, denen die wirtschaftliche Selbständigkeit fehlt, handelt (BGE 129 III 335, E. 2.1).

 

Übergang der Arbeitsverhältnisse

Liegt ein Übergang eines Betriebs oder eines Betriebsteils im beschriebenen Sinne vor, so sieht das Gesetz vor, dass sämtliche dem Betrieb bzw. dem Betriebsteil zuzuordnenden Arbeitsverhältnisse mit dem Tag der Betriebsnachfolge auf den Erwerber über sofern die entsprechenden Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnen. Der Übergang erfolgt von Gesetzes wegen und automatisch. Eine Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer ist nicht erforderlich. Ebenso kann der Erwerber den Übergang nicht ablehnen. Im Rahmen des Übergangs der Arbeitsverhältnisse bestehen diese unverändert weiter. Es werden sämtliche Rechte und Pflichten übertragen, so auch offene Forderungen aus Lohn-, Ferien- oder Überstundenguthaben.

Wenn sodann auf ein übertragenes Arbeitsverhältnis ein Gesamtarbeitsvertrag anwendbar ist, so muss der Erwerber diesen während eines Jahres nachdem Betriebsübergang einhalten, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nicht vorher abläuft oder infolge Kündigung endet. Der Erwerber des Betriebs bzw. Betriebsteils muss den auf die übertragenen Arbeitsverhältnisse anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag somit auch dann beachten, wenn diese auf ihn sonst nicht anwendbar wäre.

 

Ablehnungsrecht

Den betroffenen Arbeitnehmern steht das Recht zu, den Übergang des Arbeitsverhältnisses abzulehnen. Die Ablehnung – welche auch formlos geschehen kann, ist dabei an den jeweiligen Arbeitgeber zu richten; d.h. vor dem Betriebsübergang an den bisherigen Arbeitgeber, nach dem Betriebsübergang an den neuen Arbeitgeber, d.h. an den Erwerber des Betriebsteils.

In der Praxis wird angenommen, dass den Arbeitnehmern eine Frist von etwa einem Monat zugestanden werden soll, währen der sie ihr Ablehnungsrecht ausüben können. Dies gilt auch für den Fall, in welchem den Arbeitnehmern keine Frist gesetzt wird. Hier läuft die Frist ab dem Moment, in welchem der Betriebsübergang angekündigt wird, oder bei Fehlen einer Ankündigung, ab dem Moment, in welchem die Arbeitnehmer Kenntnis der wesentlichen Umstände des Betriebsüberganges haben.

Bei Ablehnung des Überganges werden die Arbeitsverhältnisse der ablehnenden Arbeitnehmer nach den Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist auf den nächsten gesetzlichen Kündigungstermin aufgelöst, wobei das Arbeitsverhältnis frühestens per Datum des Betriebsüberganges endet. Endet die Kündigungsfrist erst nach dem Betriebsübergang, geht das Arbeitsverhältnis zunächst auf den Erwerber über. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Vertrag von den Parteien zu erfüllen.

 

Solidarische Haftung

Für einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis automatisch übertragen wird, besteht das Risiko, dass der neue Arbeitgeber nicht gleichermassen liquid ist. Das Gesetz verschafft hier Abhilfe, in dem es vorsieht, dass der bisherige Arbeitgeber und der Erwerber des Betriebes solidarisch für die Forderungen des Arbeitnehmers haften, die vor dem Übergang fällig geworden sind und die nachher bis zum Zeitpunkt fällig werden, auf den das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise beendigt werden könnte oder bei Ablehnung des Überganges durch den Arbeitnehmer beendigt wird. Der Arbeitnehmer kann bei Fälligkeit der vorgenannten Forderungen gegen den neuen oder alten Arbeitgeber vorgehen.

 

Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer

Damit die Arbeitnehmer entscheiden können, ob sie den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses ablehnen wollen oder nicht, gesteht ihnen das Gesetz gewisse Mitwirkungsrechte zu. Überträgt ein Arbeitgeber den Betrieb oder einen Betriebsteil auf einen Dritten, so hat er die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs zu informieren über den Grund des Übergangs sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer. Sind infolge des Übergangs zudem Massnahmen beabsichtigt, welche die Arbeitnehmer betreffen, wie etwa Kündigungen, so ist die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, sind die Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Entscheid über diese Massnahmen zu konsultieren. Unter Konsultation wird insbesondere das Recht verstanden, Vorschläge zu unterbreiten, wobei der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, diese Vorschläge umzusetzen.

 

Ausserordentliche Situationen

Die bestehende Regelung konnte sich insbesondere in Konkurs- und Nachlassverfahren als ungünstig erweisen. So konnte ein Verkauf eines Betriebs im Rahmen von Konkurs- und Nachlassverfahren daran scheitern, dass ein Erwerber nicht sämtliche Arbeitsverhältnisse übernehmen wollte. Daher wurde per 1. Januar 2014 neu ins OR eingeführt, dass wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil während einer Nachlassstundung, im Rahmen eines Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung übertragen wird, die Arbeitsverhältnisse nur dann auf den Erwerber übergehen, wenn dies mit dem Erwerber so vereinbart wird und die und der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnen.

Im Falle von Fusionen, Spaltungen und Vermögensübertragungen nach dem Fusionsgesetz kommen die vorgenannten Regelungen ebenfalls zu Anwendung. Danach haben die betroffenen Arbeitnehmer zusätzlich das Recht, eine Sicherstellung ihrer Forderung zu verlangen, dies zusätzlich zur Solidarhaftung der bisherigen Arbeitgeberin und dem Erwerber.

 

Weitere Beiträge zum Betriebsübergang:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

 

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