Der Entscheid des Bundesgerichts BGer 4A_390/2022 vom 7. Juli 2023 zeigt auf, dass es sich auch im Nachhinein für Arbeitnehmerin lohnen kann zu prüfen, ob die Entschädigungen korrekt ausgerichtet wurden. Vorliegend stellte sich im Nachhinein heraus, dass die Lohnhöhe inkorrekt war und auch zahlreiche Zuschläge während Jahren nicht korrekt bezahlt wurden und unzulässige Lohnabzüge vorgenommen worden waren.

 

Sachverhalt in BGer 4A_390/2022

Dem Entscheid 4A_390/2022 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Arbeitnehmerin war angestellt worden, um sich um eine fast 90-jährige Frau zu kümmern. Die damals fast 90-jährige zu pflegende Frau war gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden und zog wieder in ihr Einfamilienhaus ein. Sie war in Bezug auf ihre Mobilität noch relativ unabhängig, auch wenn sie gelegentlich eine Gehhilfe benutzte. Sie ass nur, wenn sie in Begleitung war.

Eine Pflegekraft besuchte sie an fünf Tagen in der Woche und kümmerte sich um die Körperpflege, das Anziehen und das Anziehen der Kompressionsstrümpfe. Eine andere Pflegerin kam zweimal pro Woche zum Duschen. Schließlich besuchte eine Krankenschwester einmal pro Woche das Haus, um den Blutdruck zu messen, die Pillenbox vorzubereiten und die Pflege zu übernehmen, die sich als notwendig erweisen könnte. Der Monatslohn der Arbeitnehmerin betrug 2’000 Fr. brutto. Ab April 2016 wurde er auf 2’100 Fr. erhöht.

Die Arbeitnehmerin begann ihren Tag gegen 8.30 Uhr, bereitete das Frühstück, Mittag- und Abendessen vor, räumte auf, ging nachmittags ein bis zwei Stunden mit der zu Pflegenden spazieren, gab ihr zu den Mahlzeiten ihre Medikamente und abends eine Schlaftablette. Manchmal half sie ihm auch beim Putzen und Umziehen und übernahm weitere Tätigkeiten.

Die Arbeitnehmerin erhielt von 2013 bis 2019 von ihren Arbeitgebern 142’400 Fr. brutto als Lohn. Von 2014 bis 2017 hatte sie vier Wochen Ferien, 2013 und 2019 jedoch keinen einzigen Tag.

 

Forderungen der Arbeitnehmerin

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte die Arbeitnehmerin die Zahlung von 110’442 Fr. brutto als Lohn, 340’924 Fr. brutto für Überstunden, unbezahlte Nacht- und Sonntagsarbeit, 9’325 Fr. brutto für nicht bezogene Ferientage und 3’012 Fr. netto als Rückerstattung von ungerechtfertigten Abzügen von ihrem Lohn.

Mit Urteil vom 15. Juni 2021 sprach das erstinstanzliche Gericht die folgenden Beträge zu: 230’145 Fr. brutto (davon 53’873 Fr. als Lohn, 172’370 Fr. für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit und 3’902 Fr. 70 als Ferienguthaben) und 3’012 Fr. 45 als Rückerstattung von ungerechtfertigten Lohnabzügen an die Arbeitnehmerin.

Mit Urteil vom 28. Juni 2022 hob die Chambre des prud’hommes de la Cour de justice du canton de Genève das erste Urteil in Bezug auf den von den Beklagten geschuldeten Betrag von 230’145 Fr. 70 auf und reduzierte diesen auf 160’023 Fr.

 

Begründung der oberen kantonalen Instanz

Die Begründung der oberen kantonalen Instanz war in etwa wie folgt:

1) Die Arbeitnehmerin sollte vom 16. April 2013 bis zum 30. April 2017 nach dem Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer bezahlt werden. Ab diesem Datum sollte sie aufgrund ihrer Erfahrung den Lohn eines ungelernten Angestellten mit mindestens vier Jahren sinnvoller Tätigkeit in der Position erhalten. Dies ergab einen Gesamtbetrag von 264’141 Fr. brutto, wovon 990 Fr. pro Monat für die ihr gewährte Unterkunft und Verpflegung abzuziehen waren. Unter Berücksichtigung des Lohns, den sie erhalten hatte, schuldeten ihr die Arbeitgeber noch 52’936 Fr. brutto aus diesem Grund.

2) Die Arbeitnehmerin war vollzeitbeschäftigt, was von Montag bis Freitag 45 Arbeitsstunden bedeutete. Am Samstagmorgen leistete sie zwei Überstunden, was 8,66 Überstunden pro Monat ergab. Unter Berücksichtigung der Krankenhausaufenthalte der zu Pflegenden, der auswärtigen Aufenthalte und der Ferien der Arbeitnehmerin und unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 25 % hatte sie Anspruch auf 11’845 Fr. 65 brutto für diese Überstunden.

3) Hinzu kamen die Nachtwachen. Da die zu Pflegende nicht alleine bleiben konnte, musste die Arbeitnehmerin die ganze Nacht über jederzeit anwesend sein. Sie hielt daher während der gesamten Vertragsdauer sechs Tage pro Woche von 23.00 bis 7.00 Uhr Wache, abzüglich der Krankenhausaufenthalte der zu Pflegenden (160 Tage), ihrer eigenen Ferien (19 Wochen) und der von einer weiteren Angestellten während 8 Wochen geleisteten Nachtwachen. Insgesamt beliefen sich die Nachtwachen auf 11’904 Stunden zuzüglich 7 Fr. 55 pro Stunde. Daraus ergab sich ein Betrag von Fr. 89’875.20, der der Arbeitnehmerin geschuldet war.

4) Die Arbeitnehmerin hatte von 2014 bis 2017 Ferien, jedoch nicht 2013 und 2019, was die Arbeitgeber zugaben, und sie hatte 2018 nur drei Wochen Ferien, da vier Tage nicht genommen worden waren, wie aus einem von ihr unterschriebenen Formular hervorging. Sie besas also noch 19,82 nicht genommene Ferientage. Bei der entsprechenden Vergütung mussten die bereits berechneten Bereitschafts- und Überstunden berücksichtigt werden, da diese regelmäßig und dauerhaft anfielen. Sie belief sich somit auf 5’366 Fr.

Diese vier Posten beliefen sich bereits auf insgesamt 160’023 Fr. 10.

5) Hinzu kamen noch die von den Arbeitgebern zu Unrecht erhobenen Solidaritätsbeiträge und Beiträge für die Nichtberufsunfallversicherung: Die Arbeitgeber hatten nicht nachgewiesen, dass der Betrag von Fr. 33.10, den sie monatlich vom Lohn der Arbeitnehmerin für die Versicherung abzogen, einer tatsächlichen Ausgabe entsprach. Der Solidaritätsbeitrag von 1 % war auf dem Lohn der Arbeitnehmerin – der weit unter 148’200 Fr. pro Jahr lag – nicht geschuldet, was die Arbeitgeber im Verfahren zugegeben hatten.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht schützte den Entscheid der Vorinstanz. Die Erben der Arbeitnehmerin hatte insbesondere geltend gemacht, die Vorinstanz hätte Art. 42 OR zu Unrecht angewendet – es ging nicht um Rechtsfragen, sondern nur um die Feststellung des Sachverhalts.

Soweit ein Beweis der Überstunden oder Arbeitsleistungen nicht möglich ist, kann das Gericht die Anzahl der Überstunden nach Art. 42 OR schätzen (Art. 42 OR stammt aus dem Haftpflichtrecht lautet wie folgt:  Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen). Auch im Entscheid BGer 4A_482/2017 vom 17. Juli 2018 des Bundesgerichts hielt dieses fest: Der Arbeitnehmer muss aber für die Schätzung alles Mögliche vorlegen, um das Vorliegen von Überstunden zu belegen (Zitat des Bundesgerichts: Le travailleur doit non seulement démontrer qu’il a effectué des heures supplémentaires au sens de l’art. 321c CO, mais également prouver la quotité des heures dont il réclame la rétribution. Lorsqu’il n’est pas possible d’en établir le nombre exact, le juge peut, par application analogique de l’art. 42 al. 2 CO, procéder à une estimation. Si elle allège le fardeau de la preuve, cette disposition ne dispense pas le travailleur de fournir au juge, dans la mesure raisonnablement exigible, tous les éléments constituant des indices du nombre d’heures accomplies; la conclusion selon laquelle les heures supplémentaires ont été réellement effectuées dans la mesure alléguée doit s’imposer au juge avec une certaine force.).

 

Die Ausführungen des Bundesgerichts:

5.1. Ils soutiennent tout d’abord que la Cour cantonale ne pouvait légitimement recourir à l’art. 42 al. 2 CO pour constater que l’employée travaillait à temps complet. Selon eux, rien n’empêchait l’intimée d’établir concrètement le temps consacré à chacune des tâches qu’elle assumait. Las, car il est excessivement compliqué de recomposer a posteriori ce que chacune des tâches assumées jour après jour a impliqué précisément comme temps. L’exercice est d’ailleurs superflu: l’intimée n’était pas payée à la tâche et elle devait s’occuper de C.________, ce qui impliquait de se tenir à sa disposition en fonction de ses besoins.  

C’est plutôt sous l’angle de l’arbitraire dans l’appréciation des preuves que le raisonnement des juges cantonaux présenterait, potentiellement, un angle d’attaque. Les recourants l’ont bien entrevu. Toutefois, les bribes de témoignages qu’ils citent n’ont pas le poids voulu pour démontrer que la Cour cantonale a mésestimé le temps que l’intimée consacrait à son travail au point que ses conclusions apparaîtraient insoutenables. Savoir ce qu’entendait l’intimée lorsqu’elle a dit avoir un emploi “ tranquille „, et dans quelles circonstances elle l’a formulé, n’est pas crucial non plus. Quant aux déclarations de A.________, selon lesquelles l’employée vivait sa vie et vaquait à ses occupations sans contrainte d’horaire, elles émanent de l’un des employeurs. Aussi est-il compréhensible que la Cour cantonale ne leur ait pas attaché une importance décisive. Les recourants affirment encore que les promenades que l’intimée faisait avec C.________ n’auraient pas fait partie de son cahier des charges. Il est peu probable que l’intimée se vouait à cette activité, impliquant une dame de nonante ans dont elle était chargée de s’occuper, sur son temps libre. La Cour cantonale n’a pas fait preuve d’arbitraire en ne se rangeant pas à cette appréciation. 

Cette première série de griefs est sanctionnée par un rejet.  

5.2. S’agissant des deux heures supplémentaires accomplies le samedi matin, les recourants estiment là encore que la Cour cantonale a violé le droit fédéral.  

À les croire, la Cour cantonale aurait appliqué à mauvais escient l’art. 42 al. 2 CO pour retenir leur existence et leur quotité. Cela étant, ce grief – qui n’a pas de portée indépendante de celui déjà soulevé par ailleurs – a été scellé au terme du considérant précédent. 

Les juges n’ont certes pas détaillé les raisons pour lesquelles ils estimaient que la conclusion selon laquelle ces deux heures hebdomadaires avaient été effectuées s’imposait à eux avec une certaine force. Mais ils n’avaient pas à le faire en toutes lettres. Et les circonstances sont suffisamment explicites: l’intimée ne pouvait quitter la maison le samedi matin qu’après le petit-déjeuner, à 10 h 00, c’est-à-dire au moment où D.________, frère de A.________, prenait le relai. 

Il n’y a nulle trace d’une violation de l’art. 8 CC, qui ne trouve pas application puisque la Cour cantonale n’a pas eu à recourir au fardeau de la preuve. 

Les recourants soutiennent que l’employée a failli à son obligation d’annoncer les heures supplémentaires en question. Cela étant, l’un de ses employeurs était précisément C.________. Or, celle-ci en avait nécessairement connaissance puisqu’elle en bénéficiait directement. À quoi s’ajoute que D.________, un autre de ses trois employeurs, prenait le relai de l’intimée le samedi à 10 h 00, de sorte qu’il ne pouvait ignorer le travail que celle-ci avait effectué la matinée en question. 

De l’avis des recourants, l’employée aurait compensé de facto ces heures supplémentaires par des congés lorsque C.________ était hospitalisée, soit durant quatre mois en 2013 et durant deux mois en 2018. C’est toutefois à bon droit que la Cour cantonale n’a pas fait application de l’art. 321c al. 2 CO: rien n’indique que le thème d’une compensation de ces heures supplémentaires par un congé ait même été abordé, sachant que la durée de ces hospitalisations n’était pas déterminée par avance et que l’employée aurait dû se tenir prête à reprendre le travail à première réquisition, dès la sortie de l’hôpital. La thèse d’un accord portant sur cette compensation n’est pas convaincante.  

5.3. S’agissant des veilles de nuit, les recourants soutiennent que l’intimée n’aurait jamais allégué les avoir effectuées. Ceci est toutefois contredit par la lecture du mémoire de demande. Il n’y a pas de raison d’admettre ici que les juges cantonaux aient statué ultra petita, les conclusions de l’intimée (460’691 fr. 85 brut, plus 3’012 fr. 45 net) englobant le montant corrélatif, y compris le supplément topique.  

Les griefs tirés d’une violation des art. 55 al. 1, 58 al. 1 CPC, 154 CPC et 29 Cst. doivent donc également être écartés. 

5.4. Les recourants font valoir que le décompte des vacances a été incorrectement opéré. Mais c’est uniquement le salaire mensuel qu’ils prétendent devoir – ajouté aux montants dus à titre d’heures supplémentaires et de veilles de nuit – qui fonde ce grief, lequel est donc voué au rejet, tout comme les précédents.  

5.5. Au chapitre de la déduction relative à l’assurance accident non-professionnel, les recourants se plaignent d’une violation des art. 8 CC et 154 CPC.  

Ils expliquent avoir démontré que le prélèvement corrélatif sur le salaire mensuel de l’intimée correspondrait à la prime réglée au titre de l’assurance accident non-professionnel, en renvoyant à la pièce 2 de leur chargé du 17 août 2021. Cela étant, il s’agit d’une pièce fournie en appel dont la recevabilité est subordonnée à la réalisation des conditions de l’art. 317 al. 1 let. a et b CPC. Et les recourants n’expliquent nullement quel motif impérieux les aurait empêchés de produire cette pièce en première instance comme la diligence eût commandé qu’ils le fassent. Quant au fait que la Cour cantonale ne se soit pas prononcée dans son arrêt sur la recevabilité de cette pièce, les recourants ne se plaignent pas d’un déni de justice. Il n’y a donc pas lieu de s’y arrêter. 

Les recourants soutiennent, en se fondant sur l’ordonnance de preuves, qu’il incombait à l’intimée de démontrer les circonstances justifiant ce remboursement. Cela étant, l’employée a démontré qu’une retenue avait été opérée par les employeurs sur son salaire. C’est bien là ce qu’on attendait d’elle. Partant, il incombait aux employeurs de prouver que cette retenue correspondait à une assurance qu’ils auraient souscrite, ce qu’ils ont échoué à faire en temps utile. 

Il n’y a donc pas de violation des art. 8 CC et 154 CPC qui puisse être reprochée à la Cour cantonale. 

Finalement, s’agissant de la cotisation de solidarité, les recourants indiquent qu’une erreur de plume s’est glissée dans le jugement attaqué, en ce sens que la retenue indue sur salaire qu’ils reconnaissent avoir opérée à ce titre se monte à 712 fr. 50 par mois, et non à 721 fr. 50. Cette erreur n’a toutefois aucune incidence puisqu’elle n’affecte pas le dispositif de l’arrêt cantonal. 

 

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Autor: Nicolas Facincani 

 

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