Eine Massenentlassung liegt vor, wenn eine Arbeitgeberin in einem Betrieb innert 30 Tagen eine gewisse Anzahl von Arbeitnehmer entlässt, ohne dass die Kündigungen in einem Zusammenhang mit der Person der Arbeitnehmer (z.B. Leistung, Verhalten) stehen. Wird ein Arbeitsverhältnis auf andere Weise als eine Kündigung beendet, wird dieses Arbeitsverhältnis bei der Anzahl der Kündigungen nicht berücksichtigt. Als Betrieb gilt gemäss Rechtsprechung eine auf Dauer gerichtete, in sich geschlosssene organisatorische Leistungseinheit, die selbständig am Wirtschaftsleben teilnimmt, dies zur fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes.

 

Betriebsgrösse und Anzahl Kündigungen

Rechtlich gilt als Massenentlassung die Entlassung von (a) mindestens 10 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen, (b) mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigen sowie (c) mindestens 30 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmer beschäftigen. Betriebe mit 20 oder weniger Arbeitnehmern fallen somit nicht unter die gesetzlichen Bestimmungen der Massenentlassung, dies unabhängig der Anzahl ausgesprochener Kündigungen. Das Gesetz stützt sich bei der Bestimmung der Betriebsgrösse auf die Arbeitnehmer ab, die „in der Regel“ beschäftigt sind. Kurzfristige Schwankungen werden bei der Bestimmung der Anzahl beschäftigten Arbeitnehmer daher nicht berücksichtigt. Deshalb wird auf die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten im letzten Kalenderjahr, bzw. bei Saisonbetrieben auf die letzte Saison abgestellt.

 

Informations- und Konsultationspflichten

Im Rahmen der bei Massenentlassungen gesetzlich vorgesehenen Konsultationspflicht wird der Arbeitnehmerschaft die Möglichkeit gegeben, auf die Entscheidfindung der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Massenentlassung Einfluss zu nehmen. Es wird der Arbeitnehmerschaft dabei zumindest die Möglichkeit gegeben, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Kündigungen vermieden oder deren Zahl beschränkt sowie ihre Folgen gemildert werden können. Teil der Konsultation ist auch die Information der Arbeitnehmerschaft.f Auf das Konsultationsverfahren (i.e.S.) wird nachfolgend nicht eingegangen.

Die Pflichten zur Information und Konsultation entstehen in dem Moment, in welchem eine Massenentlassung durch einen Arbeitgeber konkret beabsichtigt wird, es muss in diesem Zeitpunkt eine konkrete Absicht zur Massenentlassung gegeben sein. Der definitive Entscheid über die Entlassungen im Rahmen einer Massenentlassung darf erst nach durchgeführtem Konsultationsverfahren inkl. Information der Arbeitnehmerschaft gefällt werden.

 

Information der Arbeitnehmer

Beabsichtigt der Arbeitgeber, eine Massenentlassung vorzunehmen, so hat er in einem ersten Schritt die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer gesetzeskonform zu informieren.

Die Arbeitgeberin hat, sofern sie eine Massenentlassung beabsichtigt, über die folgenden Punkte schriftlich zu informieren: die Gründe der Massenentlassung, die Zahl der Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer sowie den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen. Die Auskünfte müssen vollständig und möglichst umfassen gegeben werden. Insbesondere muss der Grund für die Massenentlassung konkret beschrieben werden. Allgemeine Hinweise auf die Wirtschaftslage genügen den Anforderungen des Gesetzes nicht. Es ist empfehlenswert, die schriftliche Information per Einschreiben zuzustellen, um den Erhalt nachverfolgen zu können. Ein blosser Aushang in der Cafeteria genügt der Schriftform nicht.

 

Auskunfstpflicht des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss zusätzlich zu den obigen Mindestinformationen zudem jegliche weiteren, im Zusammenhang mit der Massenentlassung zweckdienlichen Auskünfte erteilen. Dabei handelt es sich um eine Holschuld der Arbeitnehmer, d.h. der Arbeitgeber braucht nicht von sich aus tätig werden. Die Information ist den Arbeitnehmern nur zu erteilen, wenn sie notwendig sind um Vorschläge zu unterbreiten, wie die Kündigungen im Zusammenhang mit der Massenentlassung vermieden oder deren Zahl beschränkt sowie ihre Folgen gemildert werden können.

Zweckdienlich sind Informationen, die es erleichtern, Vorschläge zu unter­breiten, wie Kündigungen verhindert oder deren Zahl beschränkt oder ihre Folgen gemildert werden können. Die verlangten Informationen müssen soweit erfolgen, dass die Auswahl, Ausarbeitung und Verbesserung Erfolg versprechender Projekte möglich ist. Aber auch Informationen, die sich für die Ausarbeitung zusätzlicher Vorschläge als notwendig erweisen, gelten als zweckdienlich. Zum Ganzen das Bundesgericht in BGE 137 III 162 E. 2.1.: Die Zweckdienlichkeit der dem Arbeitgeber unterbreiteten Fragen kann, wie die Beschwerdeführerin zu Recht erkennt, nicht allein mit Blick auf die dem Arbeitgeber tatsächlich vorgeschlagenen Projekte beurteilt werden. Gerade Informationen, die sich für die Ausarbeitung von zusätzlichen Vorschlägen als notwendig erweisen, sind zweckdienlich. Verweigert der Arbeitgeber diese Auskünfte, verletzt er die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer. Entgegen der Auffassung der Beschwer­deführerin kann aber für die Annahme einer Verletzung der Mitwirkungsrechte und damit der Missbräuchlichkeit der Kündigung nicht genügen, dass nicht oder nicht hinreichend beantwortete Fragen ex ante betrachtet theoretisch hätten zweckdienlich sein können. Während ein Grundstock an Informationen unverzichtbar ist, damit überhaupt nach vernünftigen Alternativen gesucht werden kann (vgl. Art. 335f Abs. 3 lit. a-d OR), ist das Feld der Informationen, die ex ante betrachtet theoretisch einmal zweckdienlich sein könnten, praktisch unbegrenzt. Stellt sich im Nachhinein aber heraus, dass die nach­gesuchte Auskunft den Arbeitnehmern im konkreten Fall nicht erlaubt hätte, andere oder verbesserte Lösungen vorzuschlagen, wurden die Möglichkeiten, Alternativlösungen zu suchen, durch das Vorenthalten der Information nicht beeinträchtigt und die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer im Ergebnis nicht verletzt. Wird der Arbeitgeber wahllos mit allen Fragen überhäuft, die ex ante betrachtet für die Ausarbeitung von Projekten theoretisch hilfreich sein könnten, verursacht dies unnötigen Aufwand und kann zu Verzögerungen bei der Erteilung der Auskünfte führen.

Aufgrund der Ausführungen des Bundesgerichts wird die Auskunftspflicht nicht verletzt, wenn die Alternativen bereits selbst durch den Arbeitgeber geprüft worden sind. Nur wenn die Information konkret zur Ausarbeitung neuer oder zur Verbesserung bestehender Vorschläge hätte dienen können und verweigert wurde, wurde die Auskunftspflicht verletzt.

 

BGer 4A_506/2023 vom 19. Februar 2025

Die vorgenannte Rechtsprechung wurde vom Bundesgericht im Entscheid BGer 4A_506/2023 vom 19. Februar 2025 erneut bestätigt.

So hielt das Bundesgericht fest, dass die Unterlassung der Bereitstellung vo Informationen, die über die in Art. 335f Abs. 3 OR aufgelisteten Informationen hinausgehen, verletzt die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nicht verletze, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass die verlangten Informationen es den Arbeitnehmern nicht ermöglicht hätten, im konkreten Fall andere oder bessere Lösungen vorzuschlagen. In diesem Fall würden die Möglichkeiten, nach alternativen Lösungen zu suchen, nicht durch das Zurückhalten der Informationen behindert.

3.2.1. Aux termes de l’art. 336 al. 2 let. c CO, le congé est abusif lorsqu’il est donné sans respecter la procédure de consultation prévue pour les licenciements collectifs (art. 335f CO).  

L’employeur qui envisage de procéder à un licenciement collectif est tenu de consulter la représentation des travailleurs ou, à défaut, les travailleurs. Il leur donne au moins la possibilité de formuler des propositions sur les moyens d’éviter les congés ou d’en limiter le nombre, ainsi que d’en atténuer les conséquences (art. 335f al. 1 et 2 CO). 

L’employeur est tenu de fournir à la représentation des travailleurs ou, à défaut, aux travailleurs, tous les renseignements utiles à cet effet et de leur communiquer en tout cas par écrit les motifs du licenciement collectif (let. a), le nombre des travailleurs auxquels le congé doit être signifié (let. b), le nombre des travailleurs habituellement employés (let. c) et la période pendant laquelle il est envisagé de donner les congés (let. d). Il transmet à l’office cantonal du travail une copie de cette communication (art. 335f al. 3 et 4 CO). 

L’omission de fournir toute information allant au-delà de celles listées à l’art. 335f al. 3 CO ne viole pas les droits de participation des travailleurs, s’il s’avère a posteriori que l’information demandée n’aurait pas permis aux travailleurs de proposer des solutions différentes ou améliorées dans le cas concret. Dans ce cas, les possibilités de rechercher des solutions alternatives n’ont pas été entravées par la rétention de l’information (ATF 137 III 162 consid. 2.1). 

 

Weitere Beiträge zur Massenentlassung:

 

Autor: Nicolas Facincani