Oft weiss der Arbeitnehmer nicht, welche Informationen der Arbeitgeber über ihn gesammelt hat und es fehlt ihm an den erforderlichen Unterlagen, um seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere etwa im Zusammenhang mit der Kündigung und der Beurteilung deren Missbräuchlichkeit, wirksam durchsetzen zu können.

Will nämlich ein Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gerichtlich durchsetzen, hat er grundsätzlich die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Klage zu beweisen. Das kann ohne die notwendigen Dokumente und Informationen schlicht unmöglich sein kann. Natürlich können im Rahmen eines Prozesses Editionsbegehren gestellt werden, doch hilft dies nicht immer und meistens nur zum Teil weiter.

Zu den Schranken siehe aber den Beitrag Missbräuchliches Herausverlangen des Personaldossiers?

 

Einsichtsrecht auf Grund Datenschutzgesetz

Das Datenschutzgesetz kann in solchen Situationen den Arbeitnehmern ein wirkungsvolles Instrument in die Hand geben. Jeder Arbeitnehmer hat nämlich gestützt auf Art. 8 des Datenschutzgesetzes ein umfassendes Auskunftsrecht in Bezug auf alle durch den Arbeitgeber von ihm gesammelten Daten – unabhängig davon, ob diese Daten als Personaldossier oder Personalakte bezeichnet wird. Zusätzlich hat ein Arbeitnehmer auch das Recht Auskunft darüber zu verlangen, ob von ihm überhaupt Daten bearbeitet werden. Aus den im DSG aufgeführten Gründen kann allerdings die Auskunft verweigert, eingeschränkt oder aufgeschoben werden (etwa Art. 9 DSG). Das ist etwa der Fall, wenn ein Gesetz dies ausdrücklich bestimmt oder es wegen „überwiegenden Interessen“ von Dritten oder des Arbeitgebers erforderlich ist. In solchen Fällen ist der Arbeitnehmer auf die Einschränkung und deren Grund hinzuweisen. Oft kann dies aber umgangen werden, wenn entsprechende Passagen geschwärzt werden, etwa wenn in einem Dokument auch Daten Dritter offengelegt werden.

 

Umfang des Einsichtsrechts

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber über sämtliche Daten die er über den Arbeitnehmer gesammelt hat Auskunft zu geben. Zur Personalakte gehört alles, was in Bezug auf Entstehung, Verlauf und Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgezeichnet wird. Es wird hier von einem materiellen Begriff und nicht von einem formellen Begriff des Personaldossiers ausgegangen.

Der Arbeitgeber ist auch auskunftspflichtig, wenn die Personaladministration an Dritte ausgelagert ist.

 

Modalitäten der Ausübung

Der Arbeitgeber ist nur zur Auskunftserteilung verpflichtet, sofern durch einen Arbeitnehmer danach verlangt wird, das heisst, er muss nicht von sich aus aktiv werden und die Arbeitnehmer regelmässig informieren. In der Regel werden solche Begehren schriftlich gestellt, gesetzlich notwendig ist ein schriftliches Begehren indessen nicht. Ein besonderes Interesse an der Ausübung des Auskunftsrechts oder eine Begründung für das Auskunftsrecht ist nicht notwendig. Einzige Schranke für das Begehren ist das Rechtsmissbrauchsverbot, wobei ein Rechtsmissbrauch nur in den seltensten Fällen angenommen werden kann.

Oft wird das Begehren auf Auskunft zusammen mit dem Begehren um Begründung der Kündigung gestellt. Die beiden Begehren können jedoch unabhängig voneinander gestellt werden. Das Gesetz sagt auch nichts über den Zeitpunkt der Begehren aus. Es kann demnach im Rahmen der Aufarbeitung einer Kündigung während und nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestellt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der entsprechende Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zweifelsfrei identifiziert werden kann, um zu verhindern, dass einer Drittperson Informationen über einen Arbeitnehmer zugespielt werden. Das dürfte im Rahmen einer Kündigung jedoch selten ein Problem darstellen.

Grundsätzlich besteht kein Recht des Arbeitnehmers in physische Einsichtnahme in die Personalakte. Aufgrund eines Begehrens um Einsicht wird die Auskunft in der Regel schriftlich erteilt, in der Form von Fotokopien oder eines Ausdrucks aus dem elektronischen Ablagesystem.

Wird ein Auskunftsbegehren gestellt, ist die Auskunft oder die Begründung der Beschränkung des Einsichtsrechts innert 30 Tagen zu erteilen. Ist es für einen Arbeitgeber nicht möglich, innert dieser Frist die Antwort zu erteilen, so hat er den Arbeitnehmer hierüber zu informieren und ihm mitzuteilen, innert welcher Frist die Auskunft erteilt werden wird. Der Arbeitgeber kann also einseitig die Frist für die Erteilung der Auskunft erstrecken. Dabei darf die Auskunft nicht rechtsmissbräuchlich oder rechtsmissbräuchlich lange hinausgeschoben werden.

Das Recht zur Einsicht besteht namentlich während des Arbeitsverhältnisses, aber auch nach dessen Beendigung. Es kann auch nicht im Voraus darauf verzichtet werden. In gewissen Ausnahmefällen kann aber die Ausübung des Einsichtsrechts missbräuchlich sein.

 

Durchsetzung des Einsichtsrechts

Kommt der Arbeitgeber einem Gesuch um Einsicht in das Personaldossier nicht nach, kann der entsprechende Arbeitnehmer das Auskunftsrecht zivilrechtlich durchsetzen. Eine diesbezügliche Klage findet im vereinfachten Verfahren und nach den Bestimmungen der eidgenössischen Zivilprozessordnung statt. Vorgängig ist ein Schlichtungsverfahren zu absolvieren.

Die vorsätzliche Verletzung der Auskunftspflicht wird ausserdem unter Strafe gestellt, dies im Fall von falscher oder unvollständiger Auskunftserteilung. In der Praxis zeigt sich aber, dass es schwierig sein kann, den Vorsatz in Bezug auf falsche oder unvollständige Auskunftserteilung nachzuweisen.

 

Herausgabe der Arbeitszeitunterlagen

Bisher wurde vom Bundesgericht die Frage noch nicht entscheiden, ob den Arbeitnehmers auch ein Auskunftsrecht, gestützt auf das Datenschutzgesetz, in Bezug auf Arbeitszeitunterlagen zusteht. Gemäss dem Arbeitsgesetz hat der Arbeitgeber (im Grundsatz) die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Stünde einem Arbeitnehmer das Recht zu, solche Unterlagen heraus zu verlangen, hätte er eine geeignetes Mittel in der Hand, um vor einem Prozess Beweismittel für einklagbare Ansprüche aus Überstunden- und Überzeitguthaben zu sammeln.

Das Obergericht Luzern hat in einem Entscheid das Einsichtsrecht in Bezug auf Arbeitszeitunterlagen verneint, dies mit der Begründung, dass es sich bei der Zeiterfassung und den entsprechenden Dokumenten um reine Tatsachenfeststellungen handle und dass daher für den Auskunftsanspruch das vorausgesetzte datenschutzrechtliche Interesse fehle. Auf der anderen Seite wird zum Teil argumentiert, solchen Unterlagen fehle bereits die Datenqualität im Sinne des Datenschutzgesetzes. Daher könnten diese auch nicht Teil einer Personalakte sein.

Möchte man der Luzerner Rechtsprechung folgen, müsste man also Arbeitszeitunterlagen weiterhin im Prozess mittels Edition herausverlangen. Das verlangt allerdings prozessual unter Umständen ein gewisses umständlicheres Vorgehen.

 

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Autoren: Nicolas Facincani / Reto Sutter