Im kürzlich ergangenen Urteil des Bundesgerichts 4A_277/2020 vom 18. November 2020 hatte sich dieses damit auseinanderzusetzen, ob eine Partei der anderen zu Unrecht die Auskunft über eine Datensammlung im Sinne des Datenschutzgesetzes (Art. 8 DSG) verweigert hat.

Unbestritten war, dass mit dem Auskunftsbegehren nur die Abklärung von Prozessaussichten verfolgt worden war.

 

Das Auskunftsrecht gemäss Datenschutzgesetz – Art. 8 DSG

Gemäss Art. 8 DSG kann jede Person vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber verlangen, ob Daten über sie bearbeitet werden (Abs. 1). Der Inhaber der Datensammlung muss der betroffenen Person mitteilen: a. alle über sie in der Datensammlung vorhandenen Daten einschliesslich der verfügbaren Angaben über die Herkunft der Daten; b. den Zweck und gegebenenfalls die Rechtsgrundlagen des Bearbeitens sowie die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, der an der Sammlung Beteiligten und der Datenempfänger (Abs. 2). Die Auskunft ist in der Regel schriftlich, in Form eines Ausdrucks oder einer Fotokopie sowie kostenlos zu erteilen (Abs. 5 Satz 1). Die Modalitäten des Auskunftsrechts sind in Art. 1 der Verordnung des Bundesrats vom 14. Juni 1993 zum Bundesgesetz über den Datenschutz (SR 235.11) geregelt.

Art. 9 DSG sieht verschiedene Gründe für eine Einschränkung des Auskunftsrechts vor. So kann der Inhaber der Datensammlung die Auskunft verweigern, einschränken oder aufschieben, soweit: a. ein Gesetz im formellen Sinn dies vorsieht; b. es wegen überwiegender Interessen Dritter erforderlich ist (Abs. 1). Der private Inhaber einer Datensammlung kann zudem die Auskunft verweigern, einschränken oder aufschieben, soweit eigene überwiegende Interessen es erfordern und er die Personendaten nicht Dritten bekannt gibt (Abs. 4). Der Inhaber der Datensammlung muss angeben, aus welchem Grund er die Auskunft verweigert, einschränkt oder aufschiebt (Abs. 5).

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hielt fest, das Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG diene der Durchsetzung des Persönlichkeitsschutzes. Es ermöglicht der betroffenen Person, die über sie in einer Datensammlung eines Dritten bearbeiteten Daten zu kontrollieren mit dem Ziel, die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Grundsätze, wie Beschaffung der Daten mit rechtmässigen Mitteln und nicht in gegen Treu und Glauben verstossender Weise oder Gewährleistung der Richtigkeit der Daten und der Verhältnismässigkeit ihrer Bearbeitung, in der Rechtswirklichkeit zu überprüfen und durchzusetzen.

Das Auskunftsrecht könne aber grundsätzlich ohne Nachweis eines Interesses geltend gemacht werden. Indessen könne die nach Art. 9 DSG gebotene Abwägung der gegenseitigen Interessen erfordern, dass der um Auskunft Ersuchende seine Interessen darlege. Ausserdem komme dem Motiv eines Auskunftsbegehrens im Hinblick auf einen allfälligen Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB) Bedeutung zu. Mit Bezug auf Art. 8 DSG hat das Bundesgericht festgehalten, ein Rechtsmissbrauch falle in Betracht, wenn das Auskunftsrecht zu datenschutzwidrigen Zwecken eingesetzt werde, etwa um sich die Kosten einer Datenbeschaffung zu sparen, die sonst bezahlt werden müssten. Zu denken sei auch an eine schikanöse Rechtsausübung ohne wirkliches Interesse an der Auskunft, lediglich um den Auskunftspflichtigen zu schädigen. Eine zweckwidrige Verwendung des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts und damit Rechtsmissbrauch – so das Bundesgericht schliesslich – wäre wohl auch anzunehmen, wenn das Auskunftsbegehren einzig zum Zweck gestellt wird, die (spätere) Gegenpartei auszuforschen und Beweise zu beschaffen, an die eine Partei sonst nicht gelangen könnte. Denn das Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG wolle nicht die Beweismittelbeschaffung erleichtern oder in das Zivilprozessrecht eingreifen.

Abschliessend hielt das Bundegericht fest, dass aufgrund der Tatsache, dass mit dem Auskunftsbegehren nur die Abklärung von Prozessaussichten verfolgt worden war, das Auskunftsbegehren einen offenbaren Missbrauch des Rechts darstelle. Somit bestand kein Anspruch auf Auskunft. Interessant ist, dass sich das Bundesgericht in seiner Begründung auch auf das revidierte, noch nicht in Kraft stehende Datenschutzgesetz stützte (Diesen instrumentalen Charakter (BGE 120 II 118 E. 3b S. 123) bringt auch die Formulierung von Art. 25 Abs. 2 des revidierten Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 25. September 2020 zum Ausdruck, wonach die betroffene Person diejenigen Informationen erhält, „die erforderlich sind, damit sie ihre Rechte nach diesem Gesetz geltend machen kann und eine transparente Datenbearbeitung gewährleistet ist“ (BBl 2020 7639 ff.; Ablauf der Referendumsfrist am 14. Januar 2021; siehe auch die Ausführungen in der Botschaft zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 15. September 2017, BBI 2017 7066 zu Art. 23 [mittlerweile: Art. 25] Abs. 2 DSG).

 

Auswirkungen auf das Personaldossier

Macht ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf das Personaldossier geltend, stützt er sich dabei auf Art. 328b OR i.V.m. Art. 8 DSG. Jeder Arbeitnehmer hat gestützt auf Art. 8 des Datenschutzgesetzes ein umfassendes Auskunftsrecht in Bezug auf alle durch den Arbeitgeber von ihm gesammelten Daten – unabhängig davon, ob diese Daten als Personaldossier oder Personalakte bezeichnet wird (siehe hierzu den Beitrag zum Personaldossier).

Aufgrund des Entscheides des Bundesgerichts ist davon auszugehen, dass in Zukunft vermehrt Einsichts- und Auskunftsbegehren in Bezug auf das Personaldossier abgewiesen werden könnten. Einem Arbeitnehmer, der ein Auskunftsbegehren stellen will, ist daher geraten, die Tatsache eines möglichen Arbeitsrechtsprozesses nicht in den Vordergrund zu stellen. Es könnte ihm Vorgeworfen werden, er wolle nur die Prozessaussichten ausloten und betreibe daher ein unzulässige und missbräuchliche «fishing expidition».

 

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Autor: Nicolas Facincani