Für Klagen aus einem Arbeitsverhältnis sind – sofern die entsprechenden Kantone eine solches Gericht vorsehen (die sachliche Zuständigkeit wird, im Gegensatz zur örtlichen Zuständigkeit im Wesentlichen durch die Kantone bestimmt, Art. 4 ZPO) – die Arbeitsgerichte zuständig. Doch wie verhält es sich, wenn ein Anspruch nicht das Arbeitsverhältnis direkt betrifft, aber doch mit diesem zu tun hat?

Mit einem solchen Fall aus dem Kanton Genf hatte sich das Bundesgericht in BGer 4A_80/2019 vom 25. November 2019 zu befassen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde.

 

Sachverhalt BGer 4A_80/2019 vom 25. November 2019

Die Parteien hatten einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. In der Folge schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag („Darlehensvertrag“) über einen Betrag von 500.000 USD ab – Darlehensgeber war der Arbeitgeber, Darlehensnehmer der Arbeitnehmer. Das Darlehen wurde dem Arbeitnehmer in privater Eigenschaft gewährt. Es sollte dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, einen Hypothekenkredit für den Erwerb von Immobilien aufzunehmen.

Der Darlehensvertrag sah vor, dass der Darlehensnehmer den Betrag von 500.000 USD (Kapital und Zinsen) bis spätestens zum Fälligkeitstermin (30. April 2015) zurückzahlt, sofern die Parteien keine Verlängerungsvereinbarung treffen (Artikel 2 und 3 Abs. 1). Die Parteien erwogen zudem („es wird in Betracht gezogen“), dass das Darlehen durch Verrechnung mit dem Betrag der zurückgestellten Boni, die verdient und an den Arbeitnehmer zu zahlen waren, zurückgezahlt würde (Art. 3 Abs. 2). Vereinbarten, dass die aufgeschobenen Boni als Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens dienen würden. Zudem wurde vereinbart, dass wenn ein Betrag der aufgeschobenen Boni vor dem Fälligkeitsdatum des Darlehens an den Arbeitnehmer gezahlt wird, dieser zunächst durch Verrechnung zur Rückzahlung des Darlehens verwendet wird (Art. 5).

Das Darlehen wurde nicht innert Frist zurückbezahlt, worauf der Arbeitgeber beim ordentlichen Gericht (Tribunal de première instance de Genève)  Klage einleitete. Der Arbeitnehmer verneinte die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts, sondern war der Ansicht, das Arbeitsgericht sei zuständig (Tribunal des prud’hommes).

Das ordentliche Gericht bejahte hingegen seine Zuständigkeit und wies den Einwand des Arbeitnehmers ab.

 

Entscheid der zweiten kantonalen Instanz

Das Kantonsgericht des Kantons Genf stellte fest, dass die Parteien, die bereits durch einen Arbeitsvertrag gebunden waren, in der Folge einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben.

Daraus wurde abgeleitet, dass vorherrschende Charakter (Natur) der Streitigkeit bestimmt werden müsse, um zu wissen, ob die ordentlichen oder besonderen Gerichte für die Entscheidung der Streitigkeit zuständig seien.

Nach Ansicht des Kantonsgerichts betrifft die Hauptfrage die Rückzahlung des Darlehens von 500.000 USD; die Verbindungen zwischen diesem Vertrag und dem Arbeitsvertrag sind eher dünn, und die blosse Tatsache, dass aufgeschobene Boni als Garantie für die Rückzahlung des Darlehens dienen können, reiche nicht aus, um die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts zu verneinen. Zudem würde nur eine Klausel des Darlehensvertrags tatsächlich auf den Arbeitsvertrag verweisen: Art. 5 Abs. 2 sehe vor, dass im Falle einer aufgeschobenen Bonuszahlung an den Arbeitnehmer vor der Fälligkeit des Darlehens diese zunächst zur Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung verwendet werden soll.

Das Kantonsgericht kommt daher kommt zu dem Schluss, dass der vorherrschende Charakter des Rechtsstreits in der Tat die Rückzahlung des gewährten Darlehens in Form von Kapital und Zinsen sei, die in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte falle.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht bestätigte, dass das Resultat des Kantonsgerichts der bisherigen Rechtssprechung des Bundesgerichts entspricht (4A_242/2014 vom 2. September 2014 – auch dieser Fall betraf den Kanton Genf): Damit von einem Arbeitsstreit gesprochen werden kann, muss der Anspruch, der Gegenstand der Klage ist ist, mit einem Arbeitsverhältnis verbunden sein; ein solches Verhältnis zum Arbeitsvertrag besteht, wenn der (streitige) Anspruch den Leistungen entspricht, die dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Tätigkeit versprochen wurden. Dem Kantonsgericht könnte daher nicht vorgeworfen werden, dass es eine willkürliche Auslegung des kantonalen Rechts vorgenommen hat.

Der Arbeitnehmer war gegenteiliger Auffassung: So wurde von ihm etwa vorgebracht, es läge eine intensive Verbindung mit dem Arbeitsvertrag vor. Ebenso wurde vorgebracht, das Darlehen sei gewährt worden, weil er Angestellter des Arbeitgebers war; der Darlehensvertrag verweise auf die Stellung als Arbeitnehmer; das Darlehen sei wegen dem Ende des Arbeitsverhältnisses gekündigt worden; in den E-Mails oder Briefen des Arbeitgebers seien das Ende des Arbeitsverhältnisses und die Rückzahlung des Darlehens stets miteinander verknüpft wurden.

Gemäss Bundesgericht würden diese Argumente aber nicht ausreichen, um den kantonalen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Aus dem Sachverhalt sei zum auch nicht ersichtlich, dass die Gewährung des Darlehens einer dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Tätigkeit (und nicht nur „aus Anlass“ seiner Tätigkeit) versprochenen Leistung entsprechen würde. Das ordentliche Gericht ist also für die Klage zuständig.

 

Zitat des Bundesgerichts:

Le recourant revient à la charge en soutenant que, contrairement à l’affirmation de la cour cantonale (qu’il qualifie d’arbitraire), les liens entre le contrat de travail et le contrat de prêt n’étaient pas “ ténus „, mais au contraire “ intenses et étroits, si ce n’est exclusifs „, ce qui impliquerait de reconnaître la compétence de la juridiction des prud’hommes. Selon lui, le lien avec le contrat de travail est évident puisque la société prêteuse s’est réservée la possibilité de compenser ses dettes vis-à-vis de l’emprunteur (montants éventuellement dus au titre de paiement d’un bonus différé) avec sa créance découlant du contrat de prêt (montant encore dû par l’emprunteur).  

Il ressort de l’arrêt cantonal que la société prêteuse a mentionné spontanément l’éventuelle compensation dans son mémoire de demande. Elle entendait démontrer, en anticipant l’éventuelle objection que le défendeur pourrait opposer dans sa réponse, qu’elle n’était plus sa débitrice (les bonus ayant tous été payés au défendeur) et, partant, qu’une compensation n’était pas envisageable. Ces allégations ne comportent aucun élément déterminant susceptible de remettre en cause la qualification du fondement juridique du litige qui vient d’être retenue (contrat de prêt), mais elles portent exclusivement sur les modalités de remboursement du montant prêté. Cela étant, elles sont impropres à démontrer le caractère insoutenable du raisonnement qui a conduit les juges cantonaux à reconnaître la compétence du Tribunal de première instance. 

Les autres éléments de fait mis en évidence par le recourant (le prêt a été accordé au défendeur parce qu’il était salarié de la demanderesse; le contrat de prêt fait référence à sa qualité d’employé; le prêt a été dénoncé en raison de la fin des rapports de travail; dans les courriels ou courriers de la demanderesse, la fin des rapports de travail et le remboursement du prêt sont toujours liés, etc.) ne sont pas davantage susceptibles de démontrer l’arbitraire de la décision cantonale. Ils permettent certes de comprendre que le prêt a été octroyé au défendeur “ à l’occasion “ du rapport de travail, mais non de déterminer que le prêt “ découlerait “ d’un contrat de travail. 

Plus précisément, on ne saurait taxer d’arbitraire la décision cantonale puisqu’il ne résulte pas de l’arrêt cantonal que l’octroi du prêt correspondrait à une prestation promise au travailleur en contrepartie de son activité (et non seulement “ à l’occasion “ de celle-ci). Il ne ressort en particulier pas des constatations cantonales que le défendeur aurait bénéficié, de par son statut d’employé, de conditions favorables pour obtenir le prêt. 

Le recourant tente de tirer argument de l’arrêt 4A_76/2011 du 11 avril 2011 (consid. 2 avant-dernier par.) dans lequel la Cour de céans a relevé que, “ selon le Tribunal de première instance, les juridictions ordinaires n’étaient pas compétentes pour connaître de prétentions fondées sur un contrat de prêt s’inscrivant dans une relation entre travailleur et employeur (…) „. Il relève toutefois lui-même que ce point n’a pas été contesté devant la Chambre civile cantonale et qu’il n’était pas discuté devant le Tribunal fédéral, de sorte que celui-ci ne l’a pas examiné, mais qu’il a considéré l’interprétation comme “ acquise „. On ne saurait donc en tirer un quelconque élément favorable à la thèse du recourant. La critique est sans consistance. 

 

Autor: Nicolas Facincani