Lebenslanges Lernen umfasst die Aus- und Weiterbildung. Seit dem 1. Januar 2017 gibt es dafür ein Weiterbildungsgesetz. Es fördert die Qualität und Transparenz von Weiterbildungsangeboten und soll die Chancengleichheit verbessern. Dieses Gesetz regelt aber nicht die Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Unter die Weiterbildung fällt die Bildung, die namentlich in organisierten Kursen, mit Lernprogrammen und einer definierten Lehr-Lern-Beziehung ausserhalb der formalen Bildung erfolgt.

Zur Frage der Tragung der Weiterbildungskosten, siehe den entsprechenden Beitrag.

 

Arbeitsrechtliche Grundlagen

Im Arbeitsrecht finden sich praktisch keine Bestimmungen zur Weiterbildung. Ausdrücklich wird die Weiterbildung nur im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Definition der Arbeitszeit erwähnt und regelt die Frage, wann die für die Weiterbildung aufgewendete Zeit bei der Ermittlung der maximal zulässigen Arbeitszeiten mitgerechnet werden muss (Art. 13 Abs 4 der Verordnung Nr. 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1)).

Im Obligationenrecht gibt es keine Bestimmungen zu Weiterbildungen. Der im Gesetz verankerte Lehrvertrag betrifft die berufliche Grundausbildung, nicht die Weiterbildung. Sodann gibt es Bestimmungen im Bereich der Jugendarbeit wo ein gesetzlich vorgesehener Anspruch auf Bildungsurlaub besteht. Es geht aber nicht um berufliche Weiterbildungen.

 

Weiterbildung

Allgemein anerkannt ist, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, das berufliche Fortkommen zu fördern. Diese Pflicht ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR), gemäss welcher der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu schützen hat. Ein bekanntes Beispiel für die Pflicht des Arbeitgebers das berufliche Fortkommen zu fördern ist etwa die Pflicht zur Ausstellung von wohlwollenden Arbeitszeugnissen sowie die Erteilung von Referenzen.

Die Frage ist aber, ob dem Arbeitnehmer ein generelles Recht zur Weiterbildung aus dem Arbeitsrecht zugestanden wird.

Einen Anspruch auf eine Weiterbildung hat ein Arbeitnehmer zuerst einmal in denjenigen Fällen, in welchen ein Gesamtarbeitsvertrag ein solches Recht vorsieht. So sieht etwa der «Gastro-GAV» das Folgende vor: «Im ungekündigten Arbeitsverhältnis hat der Mitarbeiter Anspruch auf drei bezahlte Arbeitstage pro Jahr für die berufliche Weiterbildung, sofern das Arbeitsverhältnis sechs Monate gedauert hat. Der Anspruch kann im ungekündigten Arbeitsverhältnis rückwirkend für drei Jahre geltend gemacht werden. Für die Vorbereitung und das Absolvieren einer Berufsprüfung oder einer höheren Fachprüfung hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf sechs zusätzliche bezahlte arbeitsfreie Tage. […]». Möglich ist auch, dass Einzelarbeitsverträge oder Reglemente analoge Regelungen enthalten.

Es stellt sich aber die Frage, ob aus der Fürsorgepflicht ein analoger Anspruch der Arbeitnehmenden abgeleitet werden kann. Das heisst ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine gewisse Anzahl Urlaubstage (zusätzlich zu den Ferien), die für den Besuch von Weiterbildungen zur Verfügung stehen. Bisher sind soweit ersichtlich keine diesbezüglichen Gerichtsentscheide ergangen. In der arbeitsrechtlichen Literatur wird aber ein solcher Anspruch bejaht und zum Teil eine Analogie zum Jugendurlaub gemacht. Demnach soll ein Anspruch des Arbeitnehmenden auf den Besuch von Weiterbildungen während ca. einer Woche pro Jahr bestehen, wobei sich die Parteien des Arbeitsvertrages über den genauen Zeitpunkt zu verständigen haben. Während dieser Zeit soll ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub bestehen.

Auch das Weiterbildungsgesetz enthält keine Verpflichtung des Arbeitgebers. Das Weiterbildungsgesetz hält fest, dass der einzelne Mensch die Verantwortung für seine Weiterbildung trägt, wobei dem Arbeitgeber immerhin die Verpflichtung aufgebunden wird, entsprechende Aktivitäten zu begünstigen.

 

Arbeitszeit

Art. 13 Abs 4 der Verordnung Nr. 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) hält fest, dass eine Weiterbildung in dann als Arbeitszeit zählt, wenn sie auf Anordnung des Arbeitgebers besucht wird oder von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist. Daraus resultiert, dass nicht gesetzlich vorgeschriebene oder vom Arbeitgeber angeordnete Weiterbildungen nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes zu rechnen. Gilt der Besuch einer Weiterbildung aber als Arbeitszeit, so gilt das nicht nur für die entsprechenden Lehrveranstaltungen, sondern auch für die Vor- und Nachbereitung aufgewendete Zeit.

 

Lohn

Bei der Frage, ob einem Arbeitnehmer während der Weiterbildung der Lohn zu entrichten ist, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine arbeitsplatzspezifische Weiterbildung handelt oder nicht.

Arbeitsplatzspezifische Weiterbildungen werden regelmässig von der Arbeitgeberin angeordnet, soweit sie nicht bereits vom Gesetz vorgeschrieben sind. Die Anordnung braucht nicht ausdrücklich erfolgt zu sein. Sie kann sich vielmehr aus den Umständen ergeben. Während arbeitsplatzspezifischen Weiterbildungen ist der Lohn geschuldet, wobei die Lohnhöhe zwischen den Parteien für diese Zeit frei vereinbart werden kann. Es sollte in diesem Zusammenhang auch zulässig sein, diesen Lohn im übrigen Lohn als inbegriffen zu vereinbaren.

Bei nicht arbeitsplatzspezifischen Weiterbildungen, handelt es sich grundsätzlich nicht um Arbeit (und auch nicht um Arbeitszeit). Die nicht arbeitsplatzspezifische Weiterbildung wird als Freizeitbeschäftigung betrachtet, ausser die Weiterbildung sei auch hier angeordnet. Im ersten Fall ist kein Lohn geschuldet, im zweiten Fall aber schon.

 

Pflicht

Es ist auch möglich, dass den Arbeitnehmenden eine Pflicht zur Weiterbildung trifft. Diese kann sich aus dem Gesetz, einem Gesamtarbeitsvertrag oder aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Auch im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers, kann dieser einen Arbeitnehmenden verpflichten, eine Weiterbildung zu absolvieren, sofern sich diese Verpflichtung im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen hält und ihm diese Verpflichtung zur Weiterbildung zumutbar ist. Handelt es sich um betriebsinterne Weiterbildungen, die während der Arbeitszeit erfolgen sollen, spricht in der Regel nichts gegen deren Zumutbarkeit für den Arbeitnehmenden. Soll die Weiterbildung hingegen ausserhalb der Arbeitszeit erfolgen, ist die Zumutbarkeit in der Regel unter den gleichen Voraussetzungen wie für die Leistung/Anordnung von Überstunden zu prüfen (Notwendigkeit/Zumutbarkeit).

 

Weiterbildungsunterlagen

Das Arbeitsgericht Zürich hatte sich vor über 35 Jahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Kursunterlagen einer Weiterbildung, die der Arbeitnehmende auf Kosten des Arbeitgebers besucht hatte, diesem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzugeben haben. Dies wurde vom Arbeitsgericht verneint.

 

Der Beitrag ist zuerst bei Miss Moneypenny erschienen.

 

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Autor: Nicolas Facincani