Das Coronavirus beschäftigt und verunsichert unsere Gesellschaft. Besonders der Arbeitsalltag ist für viele auf den Kopf gestellt worden. Nachfolgend werden einige arbeitsrechtliche Problemfelder beleuchtet.

 

Der Bundesrat hat  die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus verschärft

Der Bundesrat hat auf dem Verordnungsweg teilweise in das Arbeitsrecht eingegriffen; dies im Zusammenhang mit besonders gefährdeten Personen. Als besonders gefährdete Personen gelten einerseits Personen ab 65 Jahren und andererseits Personen, die insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs sowie Personen mit Erkrankungen und in Therapien, die das Immunsystem schwächen.

Demnach sollen diese zuhause bleiben, Menschenansammlungen meiden und ihre arbeitsvertraglichen Pflichten via Homeoffice erledigen. Gewisse Arbeiten können aber aufgrund der Tätigkeit oder mangels realisierbarer Massnahmen nur am üblichen Arbeitsort erbracht werden. Hier sind die Arbeitgeber verpflichtet, mit geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen die Hygieneempfehlungen des Bundes sicherzustellen. Ist dies nicht möglich, so werden sie vom Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung beurlaubt.

Sie hierzu den Beitrag betreffend besonders gefährdete Personen.

Per 17. April 2020 wurde die Regelung angepasst – siehe hierzu den Beitrag Neue Regelung für besonders gefährdete Personen per 17. April 2020.

 

Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber die Hygienevorschriften nicht einhält?

Den Arbeitgeber trifft gegenüber dem Arbeitnehmer eine Fürsorgepflicht. Demnach hat der Arbeitgeber zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer alle erforderlichen und geeigneten Massnahmen zu treffen. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus hat er beispielsweise die Pflicht, Hygiene- und sonstigen Schutzmassnahmen zu ergreifen. Kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht nach oder gefährdet er aufgrund der Verletzung von Schutzmassnahmen die Gesundheit seiner Arbeitnehmer, können diese die Arbeitsleistung verweigern und sind trotzdem zu ihrem Lohn berechtigt. Der Arbeitnehmer sollte seine Verweigerung gegenüber dem Arbeitgeber begründen und Schutzmassnahmen verlangen.

 

Welche Aspekte sollen Arbeitgeber beim Homeoffice beachten?

Es empfiehlt sich, die Details des Homeoffice – die Kosten, Arbeitszeiten und Datenschutzangelegenheiten – mit dem Arbeitnehmer zu regeln. Insbesondere muss bestimmt werden, was mit den Gerätschaften und den darauf gespeicherten Daten passiert. Es sollen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht weiterhin vertrauliche Daten auf privaten PCs befinden. Auch Bereiche des Arbeitsgesetz, vor allem Höchstarbeitszeiten und Pausen, sind im Homeoffice einzuhalten.

Siehe hierzu den Beitrag zum Homeoffice.

 

Kann ich als Arbeitnehmer zurzeit darauf bestehen, im Homeoffice arbeiten zu können?

Ohne eine entsprechende vertragliche Regelung besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice. Davon ausgenommen sind unter Umständen besonders gefährdete Personen.

Siehe hierzu den Beitrag zum Homeoffice.

 

Wer übernimmt die Kosten der Geräte und Materialien für das Homeoffice?

Das Arbeitsrecht sieht vor, dass sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, der Arbeitgeber die Geräte und das Material für den Arbeitseinsatz bereitstellen muss. Stellt der Arbeitnehmer das Material und die Geräte zur Verfügung, so hat er hierfür Anspruch auf eine Entschädigung, sofern nichts anderes vereinbart oder üblich ist. Arbeitet eine Person ausschliesslich von zuhause aus, so muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer einen vollwertigen Arbeitsplatz hat. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen Auslagen, wie beispielsweise Telefonkosten.

Siehe hierzu den Beitrag zum Homeoffice.

 

Viele Unternehmen haben aufgrund des Virus den Betrieb vorübergehend eingestellt oder reduziert. Wie können diese Hilfsgelder beanspruchen?

Der Bundesrat hat entschieden, dass von der aktuellen Lage betroffene Unternehmen rasch und unkompliziert Kreditbeträge bis zu 10 Prozent des Umsatzes oder maximal 20 Millionen Franken erhalten sollen. Dabei werden Beträge bis zu 500 000 Franken von den Banken sofort ausbezahlt und sind vom Bund zu 100 Prozent garantiert. Höhere Beträge werden vom Bund zu 85 Prozent garantiert werden und setzen nur eine kurze Bankprüfung voraus.

Eine Möglichkeit wäre die Einführung von Kurzarbeit. Hier sei auf die entsprechenden Beiträge verwiesen.

 

Fallen durch die Schliessung des Betriebs auch die Lohnzahlungen aus?

In der Schweiz gilt der Grundsatz: ohne Arbeit, kein Lohn. Es gibt aber Fälle, in denen der Lohn trotzdem geschuldet wird. Hat der Arbeitgeber etwa die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung verschuldet oder fällt sie in seinen Risikobereich, ist der Lohn weiterhin zu bezahlen. Denn grundsätzlich muss der Arbeitgeber das Betriebsrisiko als Teil des Unternehmensrisikos tragen. Bei freiwilligen Betriebsschliessungen zur Eindämmung der Pandemie wäre der Lohn wohl weiterhin geschuldet. Ob dies auch im Falle von behördlichen Betriebsschliessungen im Zusammenhang mit der aktuellen Notlage gelten soll, ist nicht restlos geklärt und dürfte fraglich sein. Gerichtsentscheide stehen hier noch aus.

Siehe hierzu etwa den Beitrag betreffend Lohnzahlungen und Coronavirus.

 

Darf ein Unternehmen Betriebsferien beschliessen, um so die Abwesenheit der Arbeitnehmenden zu überbrücken?

Vorbehalten abweichender vertraglicher Vereinbarungen, bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien und nimmt dabei auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen des Betriebs oder Haushaltes vereinbar ist. Dabei hat der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien mindestens zwei bis drei Monate im Voraus anzukündigen. Dies gilt grundsätzlich auch in der jetzigen Situation. Ein kurzfristiger Ferienbezug dürfte nur in Absprache mit dem Arbeitnehmer möglich sein. Zum Teil wird jedoch auch argumentiert, eine Anordnung der Ferien sei zulässig, um den Betrieb zu retten (wenn keine Kurzarbeit möglich ist). Zu beachten ist aber, dass auch während den Ferien der Lohn geschuldet ist. Zwangsferien, die weniger als ein paar Wochen vorangekündigt werden, dürften aber unzulässig sein und dann nur im Umfang des bestehenden Ferienanspruchs (zum Teil wird auch hier argumentiert, dass es soweit es sich um Ferienguthaben aus den Vorjahren handelt, in diesem Umfang sofortige Betriebsferien zulässig seinen).

Siehe hierzu etwa den Beitrag betreffend Zwangsferien wegen der Coronapandemie und den allgemeinen Betrag betreffend die Ferien.

 

Dürfen Betriebe in Zeiten des Coronavirus ein Urlaubsverbot aussprechen?

Den Ausführungen unter der vorstehenden Frage kann entnommen werden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich den Zeitpunkt der Ferien – unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers und rechtzeitiger Mitteilung – bestimmen kann. Somit kann der Arbeitgeber ein Urlaubsverbot aussprechen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Arbeitnehmer aufgrund von unvorhergesehenen und dringlichen betrieblichen Bedürfnissen die Verschiebung des Ferienzeitpunkts hinnehmen muss. Entsteht dem Arbeitnehmer daraus aber ein Schaden, so hat der Arbeitgeber diesen zu ersetzen.

Siehe hierzu etwa den Beitrag betreffend die Ferien.

 

In welchen Situationen habe ich Anspruch auf fortlaufende Lohnzahlungen, wenn ich mich ferienhalber im Ausland befinde und momentan an der Rückreise gehindert bin?

Der Lohn ist dann für eine beschränkte Zeit geschuldet, wenn der Arbeitnehmer in den Ferien erkrankt und deshalb nicht reisefähig ist. Ist der Arbeitnehmer hingegen gesund und kann aufgrund des eingeschränkten Verkehrs oder Grenzschliessungen nicht aus den Ferien zurückkehren, gilt wiederum der Grundsatz: ohne Arbeit, kein Lohn.

Siehe hierzu etwa den Beitrag betreffend Lohnzahlungen und Coronavirus.

 

Besteht die Lohnzahlungspflicht für Arbeitgeber, wenn Eltern für die Kinderbetreuung zuhause bleiben?

Ob der Lohn geschuldet ist, wenn alle Schulen durch die Behörden geschlossen werden, ist umstritten. Einen Entscheid des Bundesgerichts gibt es nicht. In der Praxis gibt es verschiedene Standpunkte. Auf der einen Seite wird argumentiert, der Lohn sei während der gleichen eingeschränkten Dauer wie bei einer Krankheit geschuldet. Es handle sich um ein individuelles Leistungshindernis des Arbeitnehmers, da sein Kind zu betreuen sei. Auf der anderen wird argumentiert, es liege eine objektive Unmöglichkeit – die für alle gleichermassen gilt – zur Arbeitsleistung vor und der Lohn sei nicht geschuldet. Es könne in solchen Fällen nicht dem Arbeitgeber angelastet werden, die Lohnkosten zu übernehmen. Vermehrt wird der Standpunkt vertreten, dass zumindest für die ersten drei Tage Lohn geschuldet sei. Auch das SECO scheint diese Ansicht zu stützen, betont aber, dass Arbeitnehmer in jedem Fall versuchen müssen, eine Drittbetreuung sicherzustellen.

Ein höchstrichterliches Urteil liegt – wie bereits erwähnt – nicht vor. Soweit ersichtlich gibt es einen einzigen Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich aus dem Jahr 2010, der sich mit dieser Rechtsfrage befasst. Darin wurde eine Lohnfortzahlungspflicht mit der Begründung verneint, dass gerade kein krankes Kind zu betreuen gewesen sei und die betreffende Arbeitnehmerin nur ausser Stande sei ihrer Arbeit nachzugehen, weil die Kinderkrippe aufgrund des Ansteckungsrisikos des Schweinegrippevirus geschlossen worden ist. Es habe sich daher um ein objektives Leistungshindernis gehandelt und der Lohn sei daher nicht geschuldet.

Siehe hierzu den Betrag betreffend Lohnanspruch, wenn die Schule geschlossen ist.

 

Wie sieht die Situation aus, wenn Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Tagen eine geeignete Kinderbetreuung finden können?

Ab dem vierten Tag der Betreuung haben Arbeitnehmer neu Anspruch auf ein Taggeld, sofern sie die Erwerbstätigkeit infolge Ausfalls der Fremdbetreuung ihrer Kinder unterbrechen mussten und die Kinder das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Regelung wurde am 20. März 2020 neu eingeführt. Höhe, Beginn und Ende des Anspruchs sind in einer Verordnung des Bundesrates geregelt. Der Anspruch gilt aber nur, wenn kein Lohnanspruch besteht. Einen analogen Anspruch auf die Entschädigung gibt es ebenfalls bei einem Erwerbsunterbruch aufgrund einer verordneten Quarantäne. In beiden Fällen entspricht das Taggeld 80 Prozent des Einkommens und beträgt höchstens 196 Franken pro Tag. Die Entschädigung ist auf zehn Taggelder für Personen in Quarantänemassnahmen begrenzt, beginnt aber am ersten Tag der Abwesenheit.

Siehe hierzu den Betrag betreffend Taggeld im Falle der hütenden Eltern. Die Regelung wurde per 17. April 2020 angepasst.

 

Im Allgemeinen ist zu beachten, dass sich die durch den Bundesrat eingeführten Regelungen jederzeit und kurzfristig wieder ändern können.

 

Autoren: Nicolas Facincani / Jacqueline Brunner

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.