Immer wieder ist die Frage strittig, ob ein Bonus (auch aufgrund eins variablen Vergütungsplans) Lohn oder eine nicht klagbare Gratifikation (freiwillige) darstellt (siehe hierzu auch den Beitrag Bedeutungen des Bonus). So auch in BGer 4A_327/2019 vom 1. Mai 2019. Diesem Bundesgerichtsentscheid lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Sacherhalt

Eine potentiellen Mitarbeiterin wurde ihm die folgende Vergütung vorgeschlagen: 300’000 Fr. brutto (jährlich). Darüber hinaus könnte der entsprechende Mitarbeiter auch für den jährlichen „variablen Vergütungsplan“ infrage kommen (eligible), dessen Incentive-Ziel 30 % des Bruttojahresgehalts („Brutto-IVR-Ziel“) betragen und maximal 45 % erreichen könnte, abhängig von der Erreichung individueller Ziele durch den Mitarbeiter und den Geschäftsergebnissen der Gruppe.

Die Mitarbeiterin wurde mit einem Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 1. März 2015 eingestellt. Sie erhielt daher ein vertragliches jährliches Grundgehalt von Fr. 300’000. Zu diesem Gehalt kam eine jährliche Zuwendung von 7.632 Fr. hinzu, die wegen ihres Einsatzes im Ausland gezahlt wurde. Der Arbeitgeber bestätigte ihr, dass sie „für den jährlichen variablen Vergütungsplan in Frage kommt“ (eligible) und teilte ihr mit, dass das individuelle variable Vergütungsziel für 2015 („IVR-Ziel für 2015“) von 30% des jährlichen Grundgehalts 90.000 Fr. entspreche.

Im Dezember 2015 wurde die Leistung der Mitarbeiterin von ihrem Vorgesetzten bewertet, der bestätigte, dass sie die ihr für 2015 gesetzten Ziele erreicht hatte. In Übereinstimmung mit dem individuellen variablen Vergütungsplan für das Jahr 2015 (Berechnungszeitraum) erhielt die Mitarbeiterin einen Bruttobetrag von 110.000 CHF, der ihr 2016 ausgezahlt wurde.

Gemäss dem variablen Vergütungsplan 2016 (im Folgenden: der Plan 2016), der an alle Mitarbeiter ausgegeben wurde, musste ein Mitarbeiter im Jahr 2016 mindestens drei Monate im Dienst gewesen sein und am 31. Dezember 2016 auf der Liste der Mitarbeiter stehen, um „anspruchsberechtigt“ zu sein. Darüber hinaus verlor der Arbeitnehmer den Anspruch auf seine variable Vergütung, wenn er seinen Arbeitsvertrag während des laufenden Jahres kündigte. Wenn der Mitarbeiter „anspruchsberechtigt“ war, hing die Zahlung der Vergütung weiterhin einerseits von der Erreichung der Geschäftsziele der Gruppe und andererseits von der individuellen Leistung des Mitarbeiters ab. Nachdem das Budget für Boni von der Gruppe festgelegt worden war, schlug jeder Manager die Beträge vor, die er seinen Mitarbeitern unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Leistung zukommen lassen wollte. Diese wurden entsprechend den Zielen definiert, die zu Beginn des Jahres zwischen dem Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten besprochen wurden. Die Leistung wurde am Ende des Jahres analysiert, wobei der Linienvorgesetzte die Zielerreichung („das WAS“) und die Leistung des Mitarbeiters („das WIE“) bewertete.

Die Ziele wurden nach den drei Hauptkompetenzen des Mitarbeiters bewertet: für Veränderungen handeln (act for change), transversal kooperieren (cooperate transversally) und Menschen entwickeln (develop people). Es wurde eine Einstufung (Rating) vorgenommen, und der Vorgesetzte bestimmte dann die Höhe des Bonus, basierend auf der Einschätzung des Mitarbeiters und dem zugewiesenen Budget. Der Plan 2016 gibt nicht die Höhe des Bonus an, der dem betreffenden Mitarbeiter in Bezug auf ein bestimmtes Rating gewährt werden soll. Der Mitarbeiter erhielt keine Vergütung auf der Grundlage des Plans 2016. Sie hatte im Verlaufe des Jahres 2016 gekündigt.

 

Kantonaler Entscheid

Die kantonalen Richter waren der Ansicht, dass die Höhe des Bonus zwar auch von den finanziellen Ergebnissen der Gruppe abhängt, aber nicht ausschließlich auf der Grundlage vorher festgelegter objektiver Kriterien (wie Gewinn, Umsatz oder Anteil am Betriebsergebnis) bestimmt wird und dass das für die Auszahlung des Bonus reservierte Budget nicht die Höhe des Bonus bestimmt, der speziell dem Mitarbeiter zugeteilt wird. Die Höhe des Bonus hing hauptsächlich von der Beurteilung der Leistung des Arbeitnehmers durch den Vorgesetzten und damit von der subjektiven Einschätzung des Arbeitgebers ab. Das kantonale Gericht kam zu dem Schluss, dass die Höhe des Bonus weder festgelegt noch bestimmbar sei und somit nicht als (variables) Gehalt qualifiziert werden könne.

Da der Bonus von der Bedingung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abhängig war und weil die Arbeitnehmerin ihren Vertrag am 4. Mai 2016 gekündigt hatte, konnte ihr kein Bonus gewährt werden konnte.

Schließlich stellte das kantonale Gericht fest, dass die Mitarbeiterin im Jahr 2016 eine Gesamtvergütung von 410.000 Fr. erhalten habe. 410.000 Fr. (Festgehalt und Bonus, berechnet auf der Grundlage des Finanzjahres 2015) und dass dies ein „sehr hohes Einkommen“ sei, das die Anwendung des Akzessoritätsprinzips ausschliesse.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Gemäss Bundesgericht kommen 3 verschiedene Bedeutungen des Bonus in Frage (die Grundsätze sind bereits Beitrag Bedeutungen des Bonus detailliert dargelegt):

Dans plusieurs arrêts récents, le Tribunal fédéral a eu l’occasion de résumer sa jurisprudence en la matière (notamment: arrêts 4A_430/2018 du 4 février 2019 consid. 5.1 et 5.2; 4A_78/2018 du 10 octobre 2018 consid. 4.2 et 4.3 et les références citées; 4A_463/2017 du 4 mai 2018 consid. 3; 4A_290/2017 du 12 mars 2018 consid. 4.1). Il en résulte qu’il faut distinguer les trois cas suivants: (1) le salaire – variable -, (2) la gratification à laquelle l’employé a droit et (3) la gratification à laquelle il n’a pas droit. Ce n’est que lorsque l’employé n’a pas de droit à la gratification – cas n° 3 – que la question de la requalification du bonus en salaire, en vertu du principe de l’accessoriété lorsque les salaires sont modestes ou moyens à supérieurs, se pose, ce principe étant en revanche inapplicable pour les très hauts revenus.

Dabei führte das Bundesgericht aus, dass nur im dritten Fall, nämlich wo kein Anspruch auf Bonus besteht, ein Umqualifizierung des Bonus in Lohn möglich ist, nämlich dann, wenn der Bonus zum Lohn nicht mehr akzessorisch ist (zum Akzessorietätsprinzip siehe etwa Akzessorietät des Bonus (OGer ZH)). Das Akzessorietätsprinzip kommt aber nur bei tiefen, mittleren oder höheren Einkommen, aber nicht bei sehr hohen Einkommen zur Anwendung (siehe etwa Bonus bei mittleren und höheren Einkommen).

 

Variabler Lohn

Gemäss Bundesgericht befindet man sich im Rahmen des variablen Lohn, wenn der Betrag bestimmt ist oder wenn er objektiv bestimmbar ist. D.h. er muss vertraglich zugesichert sein und die Höhe ist bestimmt oder muss auf der Basis objektiver Kriterien bestimmbar sein, wie etwa dem Gewinn, etc. Der Bonus darf, dass er wirklich variablen Lohn darstellt, nicht vom Ermessen des Arbeitgebers abhängen.

On se trouve dans le cas n° 1 lorsqu’un montant (même désigné comme bonus ou gratification) est déterminé ou objectivement déterminable, c’est-à-dire qu’il a été promis par contrat dans son principe et que son montant est déterminé ou doit l’être sur la base de critères objectifs prédéterminés comme le bénéfice, le chiffre d’affaires ou une participation au résultat de l’exploitation, et qu’il ne dépend pas de l’appréciation de l’employeur; il doit alors être considéré comme un élément du salaire (variable), que l’employeur est tenu de verser à l’employé (art. 322 s. CO; ATF 141 III 407 consid. 4.1; 136 III 313 consid. 2 p. 317).

 

Gratifikation, auf welche der Arbeitnehmer einen Anspruch hat

In Fällen, bei welchen sich die Parteien darüber einigen, dass der Arbeitnehmer einen Bonus bekommen soll, dessen Höhe aber offen lassen, handelt es sich um Fälle, wo der Arbeitnehmer im Grundsatz Anspruch auf einen Bonus, dem Arbeitgeber Freiheit bei der Festsetzung der Höhe zusteht. Wird der Bonus während mindestens drei Jahren vorbehaltlos (ohne Hinweis auf die Freiwilligkeit) ausgeschüttet, wird er zur Gratifikation, auf welche ein Arbeitnehmer Anspruch hat, unabhängig davon, ob die Höhe immer gleich oder variabel ist, wobei der Arbeitgeber eine gewisse Freiheit bei der Festsetzung seines Betrags hat, falls die Beträge variabel waren. In beiden Fällen, d.h. im Falle einer unechten Gratifikation und im Falle der mindestens dreijährigen Vorbehaltslosen Zahlung besteht hingegen kein Anspruch auf einen pro rata Anspruch bei Kündigung.

Il y a un droit à la gratification – cas n° 2 – lorsque, par contrat, les parties sont tombées d’accord sur le principe du versement d’un bonus et n’en ont réservé que le montant; il s’agit d’une gratification que l’employeur est tenu de verser, mais il jouit d’une certaine liberté dans la fixation du montant à allouer (ATF 136 III 313 consid. 2 p. 317; 131 III 615 consid. 5.2 p. 620).  Dans un cas récent, il a été jugé que même lorsque le versement du bonus est conditionné à la réalisation d’objectifs (que l’employeuse devait fixer chaque année), l’atteinte de ces objectifs ne fait pas naître un salaire variable mais un droit au bonus pour l’employée (cf. infra consid. 3.1.3.1) si l’employeuse a la tâche et la latitude de fixer ces objectifs, de juger s’ils sont atteints et de verser le bonus si les prestations fournies par l’employée sont appréciées positivement (arrêt 4A_378/2017 du 27 novembre 2017 consid. 3.3.3). De même, lorsqu’au cours des rapports contractuels, un bonus a été versé régulièrement sans réserve de son caractère facultatif pendant au moins trois années consécutives, il est admis qu’en vertu du principe de la confiance, il est convenu par actes concluants (tacitement), que son montant soit toujours identique ou variable: il s’agit donc d’une gratification à laquelle l’employé a droit (  Anspruch auf die Gratifikation; ATF 129 III 276 consid. 2.1; 131 III 615 consid. 5.2), l’employeur jouissant d’une certaine liberté dans la fixation de son montant au cas où les montants étaient variables.  Il convient d’ajouter que, dans les deux situations, le travailleur n’a droit, aux termes de l’art. 322d al. 2 CO, à une part proportionnelle de la gratification en cas d’extinction des rapports de travail (avant l’occasion qui y donne lieu) que s’il en a été convenu ainsi, ce qu’il lui incombe de prouver en vertu de l’art. 8 CC.

 

Gratifikation, auf welche der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat

Kein Anspruch auf den Bonus besteht, wenn die Parteien weder den Grundsatz der Verpflichtung zur Bezahlung eines Bonus, noch dessen Höhe vereinbart haben. Eine Ausnahme besteht, wenn das Akzessorietätsprinzip zur Anwendung gelangt. Dies gilt auch, wenn der Bonus jahrelang ausgerichtet wird. Wird der Bonus (Gratifikation) aber jahrzehntelang mit dem Vorbehalt der Freiwilligkeit ausgerichtet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den Bonus, es bleibt aber bei einer Gratifikation, der Arbeitnehmer hat einfach Anspruch darauf.

Il n’y a pas de droit à la gratification lorsque, par contrat, les parties ont réservé tant le principe que le montant du bonus; il s’agit alors d’une gratification facultative; le bonus n’est pas convenu et l’employé n’y a pas droit, sous réserve de l’exception découlant de la nature de la gratification (principe de l’accessoriété; cf. infra consid. 3.2).  De même, lorsque le bonus a été versé d’année en année avec la réserve de son caractère facultatif, il n’y a en principe pas d’accord tacite: il s’agit d’une gratification qui n’est pas due. Toutefois, il a été admis par exception que, en dépit de la réserve (sur le principe et sur le montant), un engagement tacite peut se déduire du paiement répété de la gratification pendant des décennies (  jahrzehntelang), lorsque l’employeur n’a jamais fait usage de la réserve émise, alors même qu’il aurait eu des motifs de l’invoquer, tels qu’une mauvaise marche des affaires ou de mauvaises prestations de certains collaborateurs lorsqu’il l’a versée: il s’agit alors d’une gratification à laquelle l’employé a droit (ATF 129 III 276 consid. 2.3 p. 280 s.).  Il en va de même lorsque la réserve du caractère facultatif n’est qu’une formule vide de sens (c’est-à-dire une clause de style sans portée) et qu’en vertu du principe de la confiance, il y a lieu d’admettre que l’employeur montre par son comportement qu’il se sent obligé de verser un bonus.

Wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen Bonus hat, kann der Bonus, sofern er zum Grundlohn nicht akzessorisch ist, in Lohn umqualifiziert werden. Bei mittleren oder höheren Einkommen, muss der Bonus, damit er als Lohn qualifiziert werden kann, jedenfalls in der Regel – mindestens die Höhe des Grundlohns erreichen oder überschreiten (siehe auch etwa Bonus bei mittleren und höheren Einkommen).

Lorsque l’employeur a réservé le caractère facultatif du bonus, dans son principe et dans son montant (cas no 3), et que l’employé n’a donc pas un droit contractuel au versement du bonus (qui est une gratification) (cf. ci-dessus 3.1.3.2), il faut encore examiner si le bonus a un caractère accessoire par rapport au salaire de base. La gratification, qui doit rester un élément accessoire du salaire de base, ne peut aller au-delà d’un certain pourcentage de ce salaire de base convenu (ATF 141 III 407 consid. 4.3.2 p. 409; 139 III 155 consid. 5.3 p. 159; 129 III 276 consid. 2.1 p. 279 s.). Le besoin de protection du travailleur doit l’emporter sur la liberté contractuelle des parties; l’application du principe de l’accessoriété peut enlever toute portée à la réserve et le bonus peut devoir être requalifié en salaire (ATF 141 III 407 consid. 4.3.2).  Le critère de l’accessoriété, en vertu duquel le bonus doit être requalifié en salaire, ne s’applique toutefois que pour les salaires modestes et les salaires moyens à supérieurs. Pour les très hauts revenus, le Tribunal fédéral a considéré que le principe de la liberté contractuelle doit primer, car il n’y a pas dans ce cas de besoin de protection du travailleur qui justifierait une requalification du bonus ou d’une part du bonus en salaire en vertu du principe de l’accessoriété (ATF 141 III 407 consid. 4.3.2 et 5.3.1). Le bonus est donc une gratification facultative à laquelle l’employé n’a pas droit.

 

Entscheid

Da Bundesgericht schützte den kantonalen Entscheid, obwohl die Arbeitnehmerin auch vor Bundesgericht der Ansicht war, der Bonus sei aufgrund des Planes bestimmbar gewesen.

Im vorliegenden Fall hob das Bundesgericht zwar hervor, dass der Lohn der Arbeitnehmerin tatsächlich vom finanziellen Ergebnis des Unternehmens abhing, hielt aber gleichzeitig fest, dass die Bewertung der Leistung der Arbeitnehmerin auf der Grundlage von qualitativen Kriterien, das heisst von der Erreichung ihrer Ziel sowie der Art und Weise, wie sie die Arbeit ausführt, bewertet wurden. Das Bundesgericht stellte fest, dass insbesondere letzteres stark von der subjektiven Einschätzung ihres Vorgesetzten abhänge und demnach auf eine Gratifikation hindeute. Die vom Arbeitgeber bestimmten Kriterien ermöglichten es dabei nicht, diese Subjektivität zu reduzieren. Das Bundesgericht präzisierte zudem, dass die blosse Tatsache, dass in einem Dokument wiederholt erklärt wird, wie wichtig es sei, sich auf messbare Berechnungselemente zu stützen, keine objektiven Kriterien aus Leistungen mache, die ein hohes Mass an Subjektivität beinhalten.

Insgesamt kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Vergütung des Arbeitnehmers im vorliegenden Fall nicht bestimmbar sei und deshalb nicht als Lohnbestandteil qualifiziert werden könne. Das Akzessorietätsprinzip greife aufgrund der Höhe der Vergütung ebenfalls nicht.

 

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Autor: Nicolas Facincani