Ob ein Bons geschuldet ist, ist oft Gegenstand von gerichtlichen Streitigkeiten. Strittig ist jeweils die Frage, ob ein Bonus (auch aufgrund eins variablen Vergütungsplans) Lohn oder eine nicht klagbare Gratifikation (freiwillige) darstellt (siehe hierzu auch den Beitrag Bedeutungen des Bonus).
Die Frage der Freiwilligkeit stellt sich insbesondere in denjenigen Fällen, wo einerseits der Bonusplan oder Arbeitsvertrag Bonusberechnungen enthalten, auf der anderen Seite das Bonusreglement die Freiwilligkeit des Bonus betont.

Dies soll illustrativ am Entscheid BGer 4A_149/2014 vom 14. August 2014 aufgezeigt werden.

 

Sachverhalt

Dem Entscheid BGer 4A_149/2014 vom 14. August 2014 lag folgender Sachverhalt zugrunde.

Unter der Marginale „Bonus“ wurde in einem Arbeitsvertrag vom 10. September 2004 Folgendes vereinbart:

„Sie sind berechtigt, an einem allfälligen ‚Management Staff Bonus Scheme‘ teilzunehmen. Sie finden auf der letzten Seite dieses Vertrages die Bonusberechnung resp. eine Zusammenfassung der Gesamtvergütung. Stehen Sie zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bonus in einem gekündigten Arbeitsverhältnis, besteht keinerlei Anspruch auf Bonus. Die Details zum entsprechenden Bonusreglement erhalten Sie in der Beilage.“ Auf Seite 4, der letzten Seite des Vertrages, wurde ein „Beispiel einer Berechnung der Gesamtbezüge, unter der Annahme, dass ein ganzes Arbeitsjahr gearbeitet und die Zielsetzungen voll erreicht wurden“ aufgeführt. Nach dem „Management Staff Bonus Plan“ stand die Ausrichtung des Bonus zudem unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt.

Der Arbeitnehmer erhielt den Bonus jeweils mit dem Märzlohn des Folgejahres ausbezahlt. Im Frühjahr 2009 teilte die die britische Muttergesellschaft der Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer mit, dass sie angesichts der weltweiten Finanzkrise und der damit verbundenen erheblichen Änderungen bei den Vergütungsrichtlinien sowie angesichts des erlittenen beispiellosen Verlustes der Gruppe im Jahre 2008 eine grundlegende Veränderung bei der Leistungsvergütung einführe. Für das Jahr 2008 sollte kein freiwilliger Bonus in bar bezahlt werden, sondern die Arbeitnehmer sollten einen „Deferred Award“ gemäss dem „Deferral Plan“ erhalten.

In der Folge war der Bonus für das Jahr 2008 streitig. Der Arbeitnehmer machte insbesondere geltend, er habe den Management Staff Bonus Plan gar nicht erhalten. Damit sei für ihn die Freiwilligkeit nicht Vertragsbestandteil.

 

Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich – freiwilliger Bonus

Das Arbeitsgericht Zürich kam im Wesentlichen zum Schluss, es würden keine ernsthaften Zweifel bestehen, dass dem Kläger der „Management Staff Bonus Plan“ zusammen mit der Vertragsofferte übergeben worden sei und mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrages durch den Kläger Vertragsbestandteil geworden sei. Nach dem „Management Staff Bonus Plan“ sei die Ausrichtung des Bonus unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestanden, womit die Beklagte berechtigt gewesen sei, Boni einseitig abzuändern und vom bisherigen Zahlungsmodus mittels „Deferral Plan“ abzuweichen.

Für das Arbeitsgericht war der Freiwilligkeitsvorbehalt wichtiger als das Berechnungsbeispiel im Arbeitsvertrag. Aufgrund des Freiwilligkeitsvorbehalts war der Bonus somit nicht geschuldet.

 

Entscheid Obergericht des Kantons Zürich – freiwilliger Bonus

Die Obergericht hielt zunächst fest, der im Arbeitsvertrag vereinbarte „Bonus“ stelle eine Gratifikation (und kein variabler Lohnbestandteil) dar, da der Arbeitgeberin zumindest bei der Festsetzung der Höhe des Bonus ein gewisser Ermessenspielraum zukomme. Entsprechend prüfte das Obergericht, ob die Ausrichtung der Gratifikation durch die Arbeitgeberin eine vollständig freiwillige Leistung dargestellt oder ob auf deren Ausrichtung ein Anspruch bestanden habe. Dabei kam die Vorinstanz nach Auslegung des Arbeitsvertrages nach dem Vertrauensprinzip zum Schluss, dass dem Arbeitsvertrag keine vorbehaltlose Zusicherung eines Bonus entnommen werden könne.

Bei diesem Ergebnis könne offen gelassen werden, ob der Arbeitnehmer den „Management Staff Bonus Plan“ überhaupt erhalten habe, welcher ihm gemäss Arbeitsvertrag als Beilage hätte mitgesandt werden müssen. Denn der Arbeitnehmer mache selber geltend, das Bonusreglement verweise bezüglich der Frage des Freiwilligkeitsvorbehaltes wiederum auf den individuellen Arbeitsvertrag, welcher keine vorbehaltlose Zusicherung enthalte.

In einer selbstständigen Eventualbegründung führte das Obergericht sodann aus, dass das Bonusreglement ohnehin Vertragsbestandteil geworden sei. Der Arbeitsvertrag verweise bezüglich den Details zum allfälligen Bonusprogramm auf das Bonusreglement in der Beilage. Dabei handle es sich um einen rechtsgenügenden Verweis, auch wenn das Reglement im Arbeitsvertrag unter der Marginale „weitere Bestimmungen“ nicht explizit als integrierender Bestandteil aufgeführt werde. Dem Arbeitnehmer sei es möglich gewesen, in zumutbarer Weise Kenntnis vom Inhalt des Reglements zu nehmen. Das Reglement sehe vor, dass es sich bei der Ausbezahlung der Boni um eine freiwillige Leistung und nicht um ein vertragliches Recht handle, soweit ein Bonus in einem individuellen Arbeitsvertrag nicht explizit zugesichert werde.

Entsprechend kam das Obergericht zum Schluss, dass die Arbeitgeberin gestützt auf den Arbeitsvertrag und den „Management Staff Bonus Plan“ berechtigt gewesen sei, die Boni einseitig abzuändern und damit auch den „Deferral Plan“ einzuführen.

 

Entscheid des Bundesgerichts – freiwilliger Bonus

Auch das Bundesgericht verwarf den Anspruch des Arbeitnehmers. Nicht bestritten wurde vom Arbeitnehmer vor Bundesgericht, dass ein Anspruch auf Bezahlung des geltend gemachten Bonus nur besteht, wenn dieser ohne Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart wurde bzw. wenn auf dessen Ausrichtung ein (vertraglicher) Anspruch besteht.

Via Vertragsauslegung (und ohne Verweis auf das Reglement) kam das Bundesgericht zum Schluss, dass nicht habe von einem zugesicherten Bonus ausgegangen werden können:

3.3. Das Auslegungsergebnis der Vorinstanz, wonach sich aus dem Wortlaut der Vertragsklausel sowie der Systematik des Vertrages keine vorbehaltlose Zusicherung eines Bonus in der Höhe von 25 % der Gesamtbezüge bei einer 100 % Zielerreichung und damit eine vereinbarte Gratifikation in dieser Höhe entnommen werden könne, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden:

3.3.1. Gemäss der Klausel im Arbeitsvertrag unter der Marginale „Bonus“ ist der Beschwerdeführer zur Teilnahme an einem allfälligen Bonusprogramm für Führungskräfte („Management Staff Bonus Scheme“) berechtigt. Daraus ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer das Recht auf Teilnahme an einem Bonusplan nur eingeräumt wird, wenn ein Bonusprogramm überhaupt zustande kommt. Ob ein solches zustande gekommen ist, geht aus dem Vertrag nicht hervor. Vielmehr enthält die Klausel den Hinweis, dass der Beschwerdeführer „die Details zum entsprechenden Bonusreglement“ in der Beilageerhält; m.a.W. werden die Details bzw. die Einzelheiten des Bonus (und damit auch dessen Ausrichtung) in der Beilage geregelt. Schliesslich verweist die Klausel bezüglich der Bonusberechnung bzw. der Zusammenfassung der Gesamtvergütung auf die letzte Seite des Vertrages, welche sich auf Seite 4 befindet und auf welcher ein “ Beispieleiner Berechnung der Gesamtbezüge“ bei 100%-iger Zielerreichung aufgeführt wird.
Aus der Klausel im Arbeitsvertrag ergibt sich demnach, dass zwischen dem Berechnungsbeispiel auf Seite 4 bzw. der letzten Seite des Vertrages und dem Bonusreglement, welches der Beschwerdeführer in der Beilage hätte erhalten sollen, unterschieden wird. Die Unterscheidung geht bereits aus dem Wortlaut der Klausel klar hervor, womit es – wie die Vorinstanz festgestellt hat – unerheblich ist, ob das Bonusreglement im Vertrag im Anschluss an die Unterschriften der Parteien nochmals explizit aufgeführt worden ist, oder ob nur pauschal „Beilagen“ erwähnt wurde. Entsprechend kann die Auffassung des Beschwerdeführers nicht geschützt werden, er habe davon ausgehen dürfen, mangels expliziter Erwähnung des Bonusreglements als Beilage am Ende des Vertrages sei mit den Details zum Bonusreglement die Berechnungsweise gemäss Seite 4 gemeint gewesen. Hinzu kommt, dass es sich bei der auf Seite 4 aufgeführten Berechnung des Bonus nur um ein „Beispiel“ handelt, sollte die Teilnahme an einem allfälligen Bonusprogramm zustande kommen. Inwiefern daraus eine „vorbehaltlose Berechnung“ abgeleitet werden sollte, wie dies vom Beschwerdeführer vorgebracht wird, ist nicht nachvollziehbar.

3.3.2. Aus dem Wortlaut und der Systematik des Arbeitsvertrages kann demnach nach Treu und Glauben keine vorbehaltlose Zusicherung der Ausrichtung eines Bonus bzw. kein vertraglicher Anspruch auf eine Gratifikation hergeleitet werden. Der Arbeitsvertrag enthält – wie die Vorinstanz festgestellt hat – nur die Grundzüge der Bonusregelung, nämlich das Teilnahmerecht an einem allfälligen Bonusprogramm und verweist bezüglich den Einzelheiten bzw. Details auf das Bonusreglement. Entsprechend durfte die Vorinstanz auch davon ausgehen, dass die Frage, ob der Kläger den „Management Staff Bonus Plan“ erhalten habe, offen bleiben könne. Denn der Beschwerdeführer hat bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorgebracht, so wie er dies im bundesgerichtlichen Verfahren wiederholt, dass der „Management Staff Bonus Plan“ bezüglich der Frage des Freiwilligkeitsvorbehaltes wiederum auf den individuellen Arbeitsvertrag verweise. Nachdem das Auslegungsergebnis der Vorinstanz nicht zu beanstanden ist, wonach die Klausel im Arbeitsvertrag nicht dahin gehend ausgelegt werden kann, dass dem Kläger ein Bonus von 25 % bei einer 100%-igen Zielerreichung zugesichert worden ist, findet die Ausnahmeregelung gemäss Bonusreglement auf den vorliegend zu beurteilenden Arbeitsvertrag keine Anwendung. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts auf welche die Vorinstanz verweist, im „Management Staff Bonus Plan“ die vertragliche Regelung vorbehalten wurde, den anhand der Zielerreichung ermittelten Bonus nach Ermessen zu kürzen oder zu streichen. Ein vorbehaltloser Anspruch würde sich somit auch aus dem Bonusreglement nicht ergeben.

3.3.3. Es ist im Übrigen nur schwer nachvollziehbar, wieso der Beschwerdeführer das im Zusammenhang mit dem Bonus erwähnte Reglement nicht nachgefordert hat, sollt er es – wie er geltend macht – tatsächlich mit Arbeitsvertrag nicht erhalten haben, wenn die Höhe des Bonus und dessen vorbehaltlose Zusicherung für ihn einen so entscheidenden Vertragsbestandteil gebildet haben. Wie die Vorinstanz festgestellt hat, hat der Beschwerdeführer ab dem Jahre 1986 ununterbrochen für eine Bank gearbeitete. Seither hat er gemäss eigenen Angaben jährlich einen Bonus unter ausdrücklichem Freiwilligkeitsvorbehalt erhalten. Das Thema Bonus und die damit verbundenen Gepflogenheiten bei der Regelungsmodalitäten sowie die hierzu verwendeten sprachlichen Wendungen waren somit für den Beschwerdeführer kein Neuland mehr. Entsprechend kann ihm nicht gefolgt werden, weshalb er von einem zugesicherten Bonus hätte ausgehen dürfen, wie er dies in seiner Beschwerdeschrift vorbringt. Wie die Vorinstanz festgehalten hat, stellte der neue Arbeitsvertrag mit Wirkung per 1. Januar 2005 keine Verschlechterung zum alten Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1986 bzw. gegenüber der Stellung des Beschwerdeführers bei der Bank von C.________ AG dar. Es bestand folglich auch keine Verpflichtung der Beschwerdegegnerin, auf eine angebliche Verschlechterung mit Bezug auf die Bonuszahlung hinzuweisen.

Unbehelflich ist schliesslich auch die Berufung des Beschwerdeführers auf die sogenannte Unklarheitsregel, da diese nur greift, wenn die übrigen Auslegungsmittel versagen, und im Bereich der vorformulierten Verträge ihr eigentliches Anwendungsgebiet findet (BGE 123 III 35 E. 2c/bb S. 44; 122 III 118 E. 2d S. 124; 99 II 290 E. 5 S. 292). Führt das Vertrauensprinzip wie im vorliegenden Fall zu einem klaren Ergebnis, liegt keine Unklarheit vor (BGE 133 III 61 E. 2.2.2.3 S. 69).

Die Rechtsprechung der Gerichte in diesem Fall zeigt klar auf, dass auch das Vorliegen eines Berechnungsbeispiels des Bonus nicht zwingend von einem variablen Lohn ausgegangen werden kann. Kommt dann hinzu, dass das Reglement noch einen Freiwilligkeitsvorbehalt enthält, geht dieser vor und es kann sich der Arbeitnehmer nicht darauf berufen, das Berechnungsbeispiel gehe vor. Etwas anderes würde lediglich gelten, wenn klar im Arbeitsvertrag festgehalten würde, der Bons sei nicht freiwillig und es bestehe ein Anspruch. Nur in einem solchen Fall würde die Regelung im Reglement nicht zur Anwendung gelangen.

 

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Autor: Nicolas Facincani