Nicht immer klar zu beantworten ist die Frage, inwieweit gewisse (Treue-)Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortdauern (vgl. etwa die nachvertraglichen Pflichten im Zusammenhang mit der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen und im Zusammenhang mit konkurrenzierenden Tätigkeiten). So stellte sich im Entscheid 4A_688/2014 vom 15. April 2015 die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist,  im Rahmen einer nachvertraglichen Patentanmeldung mitzuwirken.

Der Arbeitnehmer war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitgeberin an einer Erfindung. Diese stand als sogenannte Diensterfindung der der Arbeitgeberin zu. Die Arbeitgeberin verlangte vom Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer US-Patentanmeldung die Unterzeichnung des Dokuments „Patent Assignment“, welches den folgenden Wortlaut beinhaltete: „I agree to sign all papers necessary to secure all said patents and rights, and request issuance of all such patents to said B.________ AG.“ Der Arbeitnehmer bestritt zwar, dass die Arbeitgeberin seine Unterschrift überhaupt benötige, da diese ausgeführt habe, die Patentanmeldung könne auch ohne seine Mitwirkung weitergeführt werden. Er anekrannte aber, dass das Nichtleisten der Unterschrift der Arbeitgeberin (nach deren Ansicht unnötige) Umtriebe machen würde. Zudem hatte er von der Arbeitgeberin ein Erklärung erhalten, wonach diese ihn „für einen – allfällig eintretenden – Schaden, der sich wider Erwarten aufgrund von Ansprüchen Dritter im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der beiden für das US Patent and Trademark Office bestimmten Dokumente und der Eintragung des Patents in den USA ergeben könnte, selbstverständlich vollumfänglich schadlos halten“ werde.

 

Entscheid der Vorinstanz

Die Vorinstanz führte aus, zum Recht an einer Erfindung gehöre auch, diese irgendwo in der Welt zum Patent anzumelden. Nach der allgemeinen Treuepflicht (Art. 321a OR) sei der Arbeitnehmer im Rahmen des Zumutbaren gehalten, den Arbeitgeber beim Schutzrechtserwerb zu unterstützen. Diese Pflicht erstrecke sich auch auf die Ausarbeitung der Anmeldung eines Patents. Der Arbeitnehmer sei verpflichtet, Dokumente zu unterzeichnen, die der Arbeitgeber zum Erwerb des Patentrechts im In- oder Ausland benötige. Die Pflicht, die Erfindung dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, dauere nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses fort. Mit Unterzeichnung des „Patent Assignments“ bestätige der Arbeitnehmer nicht mehr als das, was er bereits mündlich und schriftlich bestätigt habe, nämlich, dass alle Rechte betreffend das erwähnte Patent der Arbeitgeberin zustünden. Er müsse allenfalls weitere erforderliche Dokumente unterzeichnen, mit denen er dasselbe bestätige. Im Übrigen habe der Arbeitnehmer auf sein Verlangen eine verbindliche Erklärung erhalten, wonach die Arbeitgeberin ihn für jegliche Ansprüche Dritter, die sich aus der Unterzeichnung der beiden Dokumente und der Eintragung des Patents in den USA ergeben könnten, schadlos halten werde.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht schützte diesen Entscheid und bejahte eine nachvertragliche Pflicht zur Mitwirkung bei einer Patentanmeldung. Andernfalls könnte die Arbeitgeberin eine Diensterfindungen, die ihm gemäss Art. 332 Abs. 1 OR zustehen, gar nicht sinnvoll nutzen.

3.3.4. Nach Art. 321a Abs. 1 OR hat der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Ob sich aus dieser allgemeinen Treuepflicht eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Mitwirkung bei der Anmeldung seiner Erfindung zum Patent ergibt, hatte das Bundesgericht zwar bis anhin nicht zu entscheiden. In der Lehre ist dies indessen zu Recht unbestritten (Georg Friedrich Krayer, Immaterialgüterrechtliche Erzeugnisse von Personen im Arbeitsverhältnis, 1970, S. 176; Peter Mosimann/Thomas Graf, Arbeitnehmererfindungen, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, 2002, N. 21.27; Wolfgang Portmann, Die Arbeitnehmererfindung, 1986, S. 71; Alois Troller, Immaterialgüterrecht, Band II, 3. Aufl. 1971, S. 642). Andernfalls könnte der Arbeitgeber Diensterfindungen, die ihm gemäss Art. 332 Abs. 1 OR zustehen, gar nicht sinnvoll nutzen. Aus diesem Grund besteht die Pflicht zur Mitwirkung auch über das Arbeitsverhältnis hinaus, wenn wie hier bei einer Patentanmeldung eine Erklärung des Erfinders verlangt wird.  

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz hätte eine Interessenabwägung vornehmen sollen, was sich per se nicht mit dem Verfahren nach Art. 257 ZPO vertrage. Er verkennt dabei, dass die Vorinstanz durchaus auf seine Vorbringen eingegangen ist (vgl. soeben E. 3.3.3). Sie hat dabei zu Recht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer eine Schadloshaltungserklärung für allfällig eintretenden Schaden erhalten hat. Weitere Risiken machte der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz gemäss deren Feststellungen nicht geltend und er bringt auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht schlüssig vor, dass weitere schutzwürdige Interessen bestünden, die gegen eine Pflicht zur Unterzeichnung des „Patent Assignments“ sprechen würden. Damit bedarf es vorliegend nicht einer umfassenden Interessenabwägung; aus Art. 321a Abs. 1 OR ergibt sich vielmehr ohne weiteres, dass der Beschwerdeführer zur Unterzeichnung des „Patent Assignments“ verpflichtet ist. Die Vorinstanz hat somit Art. 257 Abs. 1 ZPO nicht verletzt, indem sie dessen Voraussetzungen als erfüllt betrachtete (vgl. auch Urteil 4A_343/2014 vom 17. Dezember 2014 E. 3.3 i.V.m. E. 3.1, zur Publikation vorgesehen). 

 

Weitere Beiträge zur Treuepflicht:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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