Bereits in einem früheren Beitrag wurde die Regelung des Taggeldanspruchs für Eltern, die Kinder hüten und Selbständige erläutert. Siehe hierzu den entsprechenden Beitrag betreffend die hütenden Eltern.

Es hat sich gezeigt, dass diese Regelung zwar zweckmässig sind, jedoch noch einige Lücken bestehen. So waren etwa nur Eltern taggeldberechtigt, sofern die Kinder das 12. Altersjahr noch nicht vollendet haben; spezielle Situationen wie etwa Sonderschüler etc. wurden nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund hat der Bundesrat in seiner Sitzungen Anpassungen der Verordnung (Verordnung über Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19)) beschlossen. Zudem waren nur Selbständige berechtigt, die  aufgrund Betriebsschliessungen oder vom Veranstaltungsverbot direkt betroffen waren.

 

Neue Regelung im Überblick

Die neue Regelung deckt zusätzlich die folgenden Fälle des Taggeldanspruchs ab:

  • Taggeld für hütende Eltern mit Kindern bis zum vollendeten 20. Altersjahr, wenn diese eine Sonderschule besuchen
  • Taggeld für hütende Eltern mit Minderjährigen, die Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag nach Artikel 42ter Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19592 über die Invalidenversicherung (IVG) haben
  • Taggeld für Selbständige im Sinne von Artikel 12 ATSG, für die kein behördliche Verbot gilt, sind anspruchsberechtigt, wenn sie aufgrund der bundesrätlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus einen Erwerbsausfall erleiden und ihr für die Bemessung der Beiträge der AHV massgebendes Einkommen für das Jahr 2019 zwischen 10 000 und 90 000 Franken liegt. Dabei müssen sie bei der AHV versichert sein.

Es ist zu beachten, dass die bisherigen Regelungen weiter gelten. Siehe hierzu den Beitrag betreffend die hütenden Eltern. Die neuen Regelungen sind Ergänzungen zu den bisherigen Bestimmungen, ersetzen diese aber nicht. Lesen Sie für die Regelungen ab dem 16. September 2020 auch den Beitrag Ergänzungen der Taggeldregelungen im Zusammenhang mit Covid-19.

 

Ergänzende Regelung für Selbständige

Der Erwerbsersatz wird auf Selbständigerwerbende aus, die nicht direkt von Betriebsschliessungen oder vom Veranstaltungsverbot betroffen sind.

Voraussetzung ist, dass ihr AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen höher ist als 10 000 Franken, aber 90 000 Franken nicht übersteigt.

Die Entschädigung ist, wie die bereits bestehende Corona-Erwerbsausfallentschädigung, auf 196 Franken pro Tag, also auf 5’880 Franken pro Monat begrenzt. Der Anspruch entsteht rückwirkend ab dem 1. Tag des Erwerbseinbruchs, frühestens ab dem 17. März 2020, und endet nach zwei Monaten, spätestens aber mit der Aufhebung der Massnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie.  Der Bundesrat hat am 22. April 2020 den Anspruch der Selbständigerwerbenden, die ihre Betriebe am 27. April oder am 11. Mai wieder öffnen können, bis zum 16. Mai verlängert.

Die Entschädigung wird somit ausgeweitet auf die Selbständigerwerbenden, die nur indirekt von den behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen sind, weil sie zwar weiterarbeiten dürfen, aber wegen den Massnahmen weniger oder keine Arbeit mehr haben.

Zu denken ist etwa an die folgende Situation: der lokale Einkaufsladen (für Esswaren), der familiär geführt wird. Es herrscht Flaute. Für die Mitarbeiter wurde Kurzarbeit angemeldet. Da es sich aber nicht um eine juristische Person handelt, ist für den Geschäftsführer und Inhaber, der ja über keinen Arbeitsvertrag verfügt, keine Kurzarbeitsentschädigung möglich. Die bisherige Taggeldlösung deckte zudem nur den Fall ab, wo er das Geschäft hätte aufgrund einer behördlichen Anordnung hätte schliessen müssen oder wenn er die Kinder hätte hüten müssen (maximal 30 Tage). Zudem hätte er einen 10-tägigen Taggeld-Anspruch, wenn ein Arzt für ihn die Quarantäne verordnet hätte.

Nun kann er Taggeld verlangen, sofern sein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen höher ist als 10 000 Franken, aber 90 000 Franken nicht übersteigt.

Die Regelung ist bis am 16. Mai 2020 befristet.

 

Ergänzungen für hütende Eltern

Bis jetzt war die Regelung auf Eltern mit Kindern unter 12 Jahren beschränkt. Weil diese Altersgrenze Eltern von Kindern mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen Schwierigkeiten bereitet, setzt sie der Bundesrat bei Sonderschülern auf 20 Jahre hinauf.

Anspruchsberechtigt sind neu zusätzlich Eltern von Jugendlichen, die in eine Sonderschule gehen bis zum Alter von 20 Jahren sowie Eltern von Minderjährigen (d.h. bis 18 Jahre) einen Intensivpflegezuschlag der IV erhalten. Voraussetzung ist, dass die Sonderschule, respektive die Schule oder die Eingliederungsstätte wegen den Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geschlossen wurde (allgemein geltend als Fremdbetreuungsinstitutionen die folgenden Einrichtungen: Bei der Fremdbetreuung kann es sich um Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Institutionen nach Artikel 27 IVG sowie betreuende Einzelpersonen handeln, wenn diese von der Coronaepidemie im Sinne der COVID-19-Verordnung 2 besonders gefährdet sind).

Der Anspruch beginnt ab dem 4. Tag, an dem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Der frühestmögliche Zeitpunkt für eine Entschädigung ist somit der 19. März 2020, da alle Schulen in der Schweiz offiziell seit dem 16. März 2020 geschlossen sind. Er endet mit der Aufhebung der Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Bei selbständigerwerbenden Eltern ist der Anspruch auf 30 Taggelder beschränkt, analog der Entschädigung für Eltern mit Kindern ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Bei Eltern von Jugendlichen, die in einer Regelschule integrativ geschult werden und keinen Intensivpflegezuschlag erhalten, endet der Anspruch auf die Entschädigung nach wie vor mit dem 12. Altersjahr des Kindes.

Im Zusammenhang mit den aktuellen Frühlingsferien und folgenden Sommerferien ist an die folgende Ausnahme vom Taggeldanspruch zu erinnern: Für Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, um sich um ihr Kind zu kümmern, besteht während der Schulferien kein Anspruch, es sei denn, das Kind hätte durch eine besonders gefährdete Person im Sinne der COVID-19-Verordnung 2 vom 13. März 2020 oder im Rahmen eines von der Schule organisierten Angebots betreut werden sollen.

Gemäss Verordnungstext wäre diese Ergänzung auch bis am 16. Mai 2020 befristet. Ob es sich hierbei um ein Versehen handelt ist nicht klar. Aufgrund der Tatsache, dass geplant ist, dass die Schulen am 11. Mai 2020 wieder öffnen, dürfte sich die Frage grösstenteils erübrigen.

 

Beiträge an Sozialversicherungen

Auf der Entschädigung werden Beiträge bezahlt:

  • an die Alters- und Hinterlassenenversicherung;
  • an die Invalidenversicherung;
  • an die Erwerbsersatzordnung;
  • gegebenenfalls an die Arbeitslosenversicherung.

Die Beiträge sind je zur Hälfte von den Leistungsberechtigten und vom Bund zu tragen.

 

Beachten Sie auch die bisherigen, im Zusammenhang mit COVID-19 erschienen Beiträge (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani