Mütter haben Anspruch auf 14 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Seit dem 1. Januar 2021 haben auch Väter einen Anspruch auf einen 14-tägigen bezahlten Vaterschaftsurlaub (siehe hierzu den Beitrag).

Am 26. September 2021 hat das Schweizer Volk der Ehe für alle zugestimmt. Damit sollen gleichgeschlechtliche Paare eigentlich der Ehe zwischen Mann und Frau gleichgestellt werden. Lesbischen Ehepaaren wird in diesem Zusammenhang der Zugang zur Samenspende (nach den Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dezember 2018) eröffnet. Für die Kinder gilt gemäss dem neuen Art. 255a ZGB das Folgende:

Ist die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einer Frau verheiratet und wurde das Kind nach den Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dezember 2018 durch eine Samenspende gezeugt, so gilt die Ehefrau der Mutter als der andere Elternteil.

Der neue Art. 255a ZGB war notwendig, da die Samenspende nach Gesetz nur Ehepaaren zustehen soll. Zudem wird durch die Samenspende ein Kindesverhältnis zu beiden Ehegatten begründet:

Sie [d.h. die Samenspende] dürfen nur bei Paaren angewendet werden: a. zu denen ein Kindesverhältnis im Sinne der Artikel 252–263 des Zivil­gesetzbuchs (ZGB) begründet werden kann; und b. die auf Grund ihres Alters und ihrer persönlichen Verhältnisse voraus­sichtlich bis zur Volljährigkeit des Kindes für dessen Pflege und Erziehung sorgen können. Gespendete Samenzellen dürfen nur bei Ehepaaren verwendet werden.

 

Ehe zwischen Mann und Frau

Damit ein Arbeitnehmer in den Genuss des Vaterschaftsurlaubs gemäss Obligationenrecht kommt, muss er – nach dem klaren Wortlaut von Art. 329g Abs. 1 OR – im Zeitpunkt der Geburt oder innerhalb der folgenden sechs Monate der rechtliche Vater des Kindes sein bzw. werden. Es kommt somit einzig auf die rechtliche Vaterschaft an. Bei einer Samenspende wird der biologische Vater nicht der Vater des Kindes. Sondern der Ehemann der Mutter gilt als Vater, wenn ein Kind während der Ehe geboren wird (Art. 255 ZGB – gemäss Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dezember 2018 steht die Samenspende nur Paaren offen zu denen ein Kindesverhältnis im Sinne der Artikel 252–263 des Zivil­gesetzbuchs (ZGB) begründet werden kann).

In diesem Fällen hat der rechtliche (und nicht der biologische) Vater Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub.

 

Vaterschaftsurlaub und weibliche gleichgeschlechtliche Ehepaare

Aufgrund der Möglichkeit der Samenspende bei lesbischen Ehepaaren ergibt sich nun Folgende Situation: die gebärende Frau hat Anspruch auf den Mutterschaftsurlaub.

Doch was ist mit der Ehegattin der Mutter? Gemäss Gesetz wird sie zum «anderen Elternteil». Anspruch auf den Mutterschaftsurlaub hat sie nicht. Sie hat kein Kind zur Welt gebracht. Gemäss dem Wortlaut des Gesetzes (Art. 329g OR) hätte sie keinen Vaterschaftsurlaub zugute. Dieser steht nur Vätern offen.

Der Vaterschaftsurlaub bezweckt, die Beziehung des Vaters zum Neugeborenen aufzubauen und zu stärken und den Vater verstärkt in das Familienleben einzubinden. Wie vorstehend beschrieben, gilt dies auch für (die nicht biologischen) Vätern von Kindern, die mittels Samenspende gezeugt wurden.

Wenn nun gleichgeschlechtliche Ehegatten den Ehen zwischen Mann und Frau gleichgestellt werden, muss nach der hier vertretenen Auffassung auch der Ehefrau der Mutter des via Samenspende gezeugten Kinders zwingend der Vaterschaftsurlaub gewährt werden, dies auch entgegen dem Gesetzeswortlaut, welcher nur die Väter berücksichtigt.

Es scheint, der Gesetzgeber hat diesen Fall schlicht vergessen. Ob die Gerichte diese Ansicht schützen, ist jedoch noch ungewiss.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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