Am 27. September 2020 hat die Schweiz im Rahmen eines Referendums über die Einführung einer Vaterschaftsentschädigung sowie eines Vaterschaftsurlaubs abgestimmt und der Einführung des Vaterschaftsurlaubs sowie der Vaterschaftsentschädigung zugestimmt. Zudem wird das Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft sowie das Obligationenrecht angepasst. Über die Anpassungen Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft betreffend die Vaterschaftsentschädigung sei auf den entsprechenden Beitrag verwiesen.

 

Vaterschaftsurlaub

Gemäss bisherigen Recht sind einem Vater im Rahmen der Geburt nach Art. 329 Abs. 3 OR die üblichen freien Tage und Stunden zu gewähren. Damit wird einem Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitszeit die nötige Freizeit für die Geburt gewährt.

Der Umfang der zu gewährenden Freizeit ist im Gesetz nicht geregelt und bestimmt sich daher nach betrieblicher oder brachenüblicher Übung. In der Praxis wird im Rahmen der Geburt eine minimale Arbeitsbefreiung von 1 – 2 Arbeitstagen gewährt. Oft sehen aber die Reglement, die GAV bzw. NAV grosszügigere Regelungen vor (siehe auch den Beitrag betreffend die Zeit für die Stellensuche). Sehr grosszügig zeigen sich vorallem öffentlich-rechtliche Arbeitgeber.

Nachfolgend soll die Regelung betreffend den neuen Vaterschaftsurlaub dargestellt werden:

 

Voraussetzungen für die Arbeitnehmer

Damit ein Arbeitnehmer in den Genuss des Vaterschaftsurlaub gemäss Obligationenrecht kommt, muss er nachweisen, dass er im Zeitpunkt der Geburt der rechtliche Vater des Kindes ist, sei es kraft der Ehe oder durch eine Vaterschaftsanerkennung. Ist die Vaterschaft streitig, so kann der Arbeitnehmer den Vaterschaftsurlaub wohl nur beziehen, wenn die Vaterschaft innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt geklärt ist. Diese Rahmenfrist wird nämlich vom Gesetz vorgesehen (siehe unten).

Es dürfte nicht ausgeschlossen sein, dass im Rahmen einer Geburt eines Kindes mehrere Personen den Vaterschaftsurlaub beanspruchen wollen.

Nicht relevant ist, ob das Kind in der Schweiz lebt oder ob der Vater und die Mutter sich in einer Beziehung befinden.

Im Gegensatz zur Vaterschaftsentschädigung, braucht es keine weiteren Voraussetzungen (wie etwa AHV-Versicherung – siehe hierzu den Beitrag betreffend Vaterschaftsentschädigung). Es ist somit möglich, dass ein Arbeitnehmer zwar Anspruch auf Vaterschaftsurlaub, nicht aber auf die Vaterschaftsentschädigung hat.

 

Die neue Regelung betreffend Vaterschaftsurlaub

Im Obligationenrecht soll neu ein Art. 329g OR eingeführt werden, welcher explizit einen zwei wöchigen Vaterschaftsurlaub garantiert.

Art. 329g

Der Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt der Geburt eines Kindes dessen rechtlicher Vater ist oder dies innerhalb der folgenden sechs Monate wird, hat Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen.

Der Vaterschaftsurlaub muss innert sechs Monaten nach der Geburt des Kindes bezogen werden.

Er kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

Somit hat ein Arbeitnehmer, welcher Vater eines Kindes wird, das Recht einen Vaterschaftsurlaub von 2 Wochen (10 Arbeitstage bei einem 100% Pensum) zu beziehen. Bezieht er diesen Urlaub nicht innerhalb von 6 Monaten (auch weil die Vaterschaft noch nicht feststeht), so verfällt der Anspruch.

Nichtig wäre eine arbeitsvertragliche Regelung, gemäss welcher der Arbeitnehmer auf den Vaterschaftsurlaub verzichtet. Die gesetzliche Regelung ist teilzwingend und darf daher nur zugunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden (indem etwa ein längerer Urlaub vorgesehen wird).

Nicht vorgesehen ist ein Adoptionsurlaub. Betreffend die Entschädigung während dem Vaterschaftsurlaub sei auf den Beitrag zur Vaterschaftsentschädigung verwiesen. Hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen Vaterschaftsentschädigung, so stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber gemäss der heutge geltenden Regelung verpflichtet sein wird, den Vaterschaftsurlaub zumindest im Umfang von 1 – 2 Tagen zu entschädigen. Dies dürfte m.E. zu bejahen sein, wird aber durch die Gerichtspraxis bestimmt werden müssen (auch bei der Mutterschaft, wo die Mütter keinen Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung besitzen, wird die Lohnfortzahlungspflicht im Rahmen von Art. 324a/b OR bejaht).

 

Keine Ferienkürzung wegen Vaterschaftsurlaub

Das Obligationenrecht sieht vor, dass einem Arbeitnehmer, welcher verschuldet/unverschuldet oder aufgrund Mutterschaft nicht zur Arbeit erscheint, die Ferien gekürzt werden dürfen – es sei hierzu auf den Beitrag betreffend die Ferienkürzung verwiesen.

Hier soll aber der Arbeitnehmer, welcher einen Vaterschaftsurlaub bezieht, geschützt werden. Daher sieht die neue Regelung vor, dass einem Arbeitnehmer, der einen Vaterschaftsurlaub nach Artikel 329g bezogen hat, die Ferien nicht gekürzt werden dürfen. Auch von dieser Regelung darf nicht zulasten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

 

Auswirkung auf die Kündigungsfrist

Der geplante Vaterschaftsurlaub hat auch Auswirkungen auf die Kündigungsfrist. So sieht der geplante Art. 335c Abs. 3 OR das Folgende vor:

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und hat der Arbeitnehmer vor Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Vaterschaftsurlaub im Sinne von Artikel 329g, so wird die Kündigungsfrist um die noch nicht bezogenen Urlaubstage verlängert.

Arbeitnehmer, die soeben Vater geworden sind, geniessen keinen Kündigungsschutz, dies im Gegensatz zu den Müttern.

Hingegen werden die Kündigungsfristen um den Umfang nicht bezogener Urlaubstage verlängert.

Wird der Vaterschaftsurlaub während der verlängerten Kündigungsfrist nicht bezogen, verfällt der Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub.

Unzulässig dürfte es sein, dass ein Arbeitnehmer für die verlängerte Kündigungsfrist den Bezug noch offener Ferienguthaben anordnet. Die Verlängerung der Kündigungsfrist ist für den Vaterschaftsurlaub und nicht für Ferien gedacht.

Gewöhnlicherweise werden Kündigungen auf das Ende eines Monates ausgesprochen (so auch die dispositive gesetzliche Regelung in Art. 335c Abs. 1 OR). Durch die Verlängerung um den im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht bezogenen Vaterschaftsurlaub werden in Zukunft vermehrt Arbeitsverhältnisse während eines Kalendermonats enden. Es ist nämlich nicht vorgesehen (wäre aber vertraglich möglich), dass im Falle der Verlängerung der Kündigungsfrist aufgrund des Vaterschaftsurlaubs, sich die Kündigungsfrist bis zum Ende eines vollen Monats oder eines anderen Endtermins verlängert.

 

Inkrafttreten

Sagen die Stimmberechtigten Ja zum Vaterschaftsurlaub, bestimmt der Bundesrat das Inkrafttreten, voraussichtlich per 1. Januar 2021. Das bedeutet, dass Väter von Kindern, die nach dem 31. Dezember 2020 geboren werden, Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub haben.

 

Weitere Beiträge zur Gleichstellung der Geschlechter:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.