Witze als sexuelle Belästigung (BGer 4A_18/2018): Verschiedene rechtliche Bestimmungen schützen Arbeitnehmer vor sexueller Belästigung. So schreibt Art. 328 OR grundsätzlich vor, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht sexueller Belästigung vorzubeugen und dafür zu sorgen hat, dass einem Opfer keine weiteren Nachteile entstehen. Das Gleichstellungsgesetz (GlG) soll zudem insbesondere vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts schützen. Die sexuelle Belästigung wird als Diskriminierung angesehen und gleich definiert. Als sexuelle Belästigung gilt jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt.

 

Beispiele sexueller Belästigung

Wie die nachfolgende Auflistung von Beispielen zeigt, gibt es verschieden Stufen von sexueller Belästigung. Als sexuelle Belästigung gelten etwa:

  • anzügliche und zweideutige Bemerkungen über das Äussere
  • sexistische Bemerkungen oder Witze über sexuelle Merkmale, sexuelles Verhalten und die sexuelle Orientierung von Frauen und Männern
  • Vorzeigen von pornografischem Material
  • Unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht
  • unerwünschten Körperkontakten
  • sexuellen Übergriffen, Nötigung oder Vergewaltigung

 

BGer 4A_18/2018 vom 21. November 2018

Im konkreten Fall BGer 4A_18/2018 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob auch Bemerkungen und Witze unter die Definition der sexuellen Belästigung fallen können.

 

Definition der sexuellen Belästigung

Im Rahmen der Begründung hielt das Bundesgericht Fall BGer 4A_18/2018 nochmals fest, dass die sexuelle Belästigung eine Form von Diskriminierung darstelle. Diskriminierend sei jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Darunter wurden insbesondere Drohungen, das Versprechen von Vorteilen, das Auferlegen von Zwang und das Ausüben von Druck zum Erlangen eines Entgegenkommens sexueller Art fallen (L’art. 3 al. 1 LEg interdit de discriminer les travailleurs à raison du sexe.  Le harcèlement sexuel se définit comme un «comportement importun de caractère sexuel ou tout autre comportement fondé sur l’appartenance sexuelle, qui porte atteinte à la dignité de la personne sur son lieu de travail, en particulier le fait de proférer des menaces, de promettre des avantages, d’imposer des contraintes ou d’exercer des pressions de toute nature sur une personne en vue d’obtenir d’elle des faveurs de nature sexuelle.» (art. 4 LEg).).

Das Bundesgericht hielt zudem unter Verweis auf die Rechtsprechung fest, dass auch unangemessene Witze, die zu einem feindlichen Arbeitsumfeld beitragen, unter die Definition fallen (Selon la jurisprudence, les remarques sexistes et les commentaires grossiers ou embarrassants entrent dans la définition du harcèlement sexuel. Bien que l’art. 4 LEg ne se réfère qu’à des cas d’abus d’autorité, la définition englobe tous les comportements importuns de caractère sexuel, soit également ceux qui contribuent à rendre le climat de travail hostile, par exemple des plaisanteries déplacées (ATF 126 III 395 consid. 7b/bb p. 397 et les références; arrêts 8C_422/2013 du 9 avril 2014 consid. 7.2; 4C.60/2006 du 22 mai 2006 consid. 3.1; 4C.187/2000 du 6 avril 2001 consid. 2a).)

 

Mistinguett

Der Arbeitgeber hatte die betreffende Arbeitnehmerin in ihrer Abwesenheit als «Minstinguett» bezeichnet, dabei wird der Begriff offenbar heutzutage in der französischen Alltagssprache verwendet wird, um auf vertraute und allgemein liebevolle Weise ein junges Mädchen oder eine junge Frau zu bezeichnen.  Das Bundesgericht kam zur Auffassung, dass dies keine sexuelle Belästigung darstelle, auch wenn die Bezeichnung nur auf die Figur der Arbeitnehmerin abzielen würde. Die Schwelle wurde hier also nicht allzu tief angesetzt (De tous les allégués relatifs au comportement agressif, hostile ou humiliant qu’aurait adopté le défendeur C.________, seul a été retenu le fait d’avoir utilisé le surnom «Mistinguett» pour désigner l’employée à l’occasion d’un apéritif auquel elle ne participait pas. Concernant l’établissement des faits, la cour cantonale ne s’est à juste titre pas contentée d’une simple vraisemblance (cf.  supra consid. 3.1  in fine). L’on ignore en revanche la teneur précise du propos tenu par le défendeur. La recourante reproche aux juges cantonaux d’avoir méconnu qu’il s’agissait-là de harcèlement sexuel au sens de l’art. 4 LEg: le terme en question faisait référence à une danseuse de cabaret exhibant ses jambes devant un parterre de personnes – à tout le moins était-ce ainsi que l’on percevait une danseuse de cabaret à notre époque -, ce qui était tout sauf valorisant, et même dégradant pour une personne de sa condition.)

 

Achtung!

Es ist zu beachten, dass die Frage, was – insbesondere in Bezug auf Witze – als sexuelle Belästigung einem steten Wandel unterliegt. So ist wohl nicht ausgeschlossen, dass diese Frage vor 10 Jahren bzw. in 10 Jahren anders in die Rechtsprechung Eingang gefunden hätte, stellt das Bundesgericht doch auch selbst auf den allgemeinen Sprachgebrauch ab. Ebenso sind stets die konkreten Umstände massgebend.

 

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Autor: Nicolas Facincani