Art. 3 Abs. 1 des Gleichstellungsgesetzes enthält in Abs. 1 ein allgemeines Verbot, Arbeitnehmende direkt oder indirekt aufgrund des Geschlechts zu diskriminieren. Der 2. Absatz von Art. 3 GlG hält fest, dass das Diskriminierungsverbot in sämtlichen Bereichen des Erwerbslebens gilt, und fügt hier die Beispiele Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung an. Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen hingegen keine Diskriminierung dar (siehe auch den Beitrag zum Gleichstellungsgesetz).

 

Direkte Diskriminierungen

Es wird im Rahmen der Diskriminierungen zwischen sog. direkten und indirekten Diskriminierungen unterschieden.

Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn ohne Rechtfertigung gestützt auf die Geschlechtszugehörigkeit entschieden wird, wer schlechter bzw. besser behandelt wird. Auch verdeckte Diskriminierungen stellen direkte Diskriminierungen dar. Bei verdeckten Diskriminierungen stützt man sich nicht auf das Geschlecht, sondern anderer Kriterien, die «nur von einem der beiden Geschlechter erfüllt» werden können wie etwa die im Gesetz genannten Fälle Schwangerschaft, Mutterschaft oder Militärdienstpflicht. Auch die Berufung auf den Zivilstand oder die familiäre Situation ist direkt diskriminierend, sofern keine Rechtfertigung erfolgt (es handelt sich auch hier um verdächtige Kriterien).

 

Indirekte Diskriminierungen

Auf der anderen Seite sind, wie bereits ausgeführt, sog. indirekte Diskriminierungen verpönt bzw. nach Gleichstellungsgesetz nicht zulässig.

Bei sog. indirekten Diskriminierungen wird auf ein Kriterium abgestützt, welches neutral erscheint und auf beide Geschlechter gleich angewendet wird (im Gegensatz etwa zum Fall, in welchem ein eigentlich neutrales Kriterien wie Zivilstand oder familiäre Situation einseitig auf ein Geschlecht angewendet wird). Die Anwendung dieses Kriteriums führt jedoch dazu, dass „die Angehörigen des einen Geschlechtes gegenüber denjenigen des anderen […] erheblich benachteiligt werden, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre“ (BBl 1993 1295 f.).

Das Bundesgericht beschrieb die Abgrenzung zwischen direkter und indirekter Diskriminierung etwa wie folgt (BGE 124 II 428 f.):

„Eine diskriminierende Bewertung liegt vor, wenn Unterschiede in der Besoldung an geschlechtsspezifische Merkmale anknüpfen, ohne dass das durch die Art der auszuübenden Tätigkeit sachlich begründet wäre (BBl 1993 I 1265). Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass geschlechtsspezifische Kriterien berücksichtigt bzw. stark gewichtet werden, die für die Art der auszuübenden Tätigkeit nicht erforderlich oder unbedeutend sind, oder umgekehrt nicht berücksichtigt bzw. schwach gewichtet werden, obwohl sie für die Tätigkeit wichtig sind (BBl 1993 I 1265; Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann, a.a.O., S. 52 ff.; CLASS/MÖSSINGER, a.a.O., S. 39 f.; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 110). Die Berücksichtigung eines geschlechtstypischen Kriteriums ist nicht diskriminierend, soweit dieses für die Erfüllung der Arbeit relevant ist (Arbeitsgruppe „Lohngleichheit“, a.a.O., S. 40 f.). […].

Bewertungskriterien sind dann geschlechtsspezifisch, wenn sie von den Angehörigen des einen Geschlechts wesentlich leichter oder anteilmässig erheblich häufiger erfüllt werden können als von den Angehörigen des andern Geschlechts (MONIQUE COSSALI, L’interdiction de discriminer en raison du sexe dans la vie professionnelle, au regard du droit suisse et du droit communautaire, in: Festschrift Bigler-Eggenberger, Basel 1993, S. 59-83, 65; EPINEY/REFAEIL, in: Bigler-Eggenberger/Kaufmann, a.a.O., S. 402 Rz. 100). In Frage kommen Eigenschaften, welche bei Angehörigen des einen Geschlechts aus biologischen Gründen im Durchschnitt weniger häufig erfüllt sind (beispielsweise Körpergrösse oder -kraft), oder Eigenschaften, welche auf in der gesellschaftlichen Realität vorhandene geschlechtsspezifische faktische Ungleichheiten zurückzuführen sind. So kann unter Umständen im formal geschlechtsneutralen Kriterium des Dienstalters eine indirekte Diskriminierung stecken, da Frauen im Durchschnitt eher ihre Arbeitskarriere zum Zwecke der Kinderbetreuung unterbrechen und daher weniger berufliche Erfahrung sammeln können (ALBRECHT, a.a.O., S. 161; vgl. das Urteil des EuGH i.S. Nimz, Rs. C-184/89, Slg. 1991 I-297, 319).

Hingegen dürfen nicht Merkmale als geschlechtstypisch betrachtet werden, die – ohne die genannten Bedingungen zu erfüllen – bloss aufgrund traditioneller gesellschaftlicher Rollenbilder einem Geschlecht zugeschrieben werden, weil damit diese Rollenbilder verewigt würden, was dem verfassungsmässigen und gesetzlichen Gleichstellungsgebot gerade widerspräche (BGE 117 Ia 270 E. 2a S. 272, mit Hinweisen; vgl. auch COSSALI, a.a.O., S. 73 ff.)

Ob ein bestimmtes, einer Arbeitsplatzbewertung zugrundeliegendes Kriterium geschlechtstypisch ist, muss entweder aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung oder durch wissenschaftliche Untersuchungen statistisch nachweisbar sein (BBl 1993 I 1296; ALBRECHT, a.a.O., S. 96 und 159). Blosse unbewiesene oder nicht glaubhaft gemachte Behauptungen oder Vermutungen, bestimmte Eigenschaften seien spezifisch weiblich oder männlich, können demgegenüber nicht massgebend sein.“

 

Rechtfertigung von indirekten Diskriminierungen

Auch indirekte Diskriminierungen können gerechtfertigt sein. Dazu hat das Bundesgericht etwa das Folgende festgehalten:

BGE 130 III S. 165 „Pour qu’une différence de traitement soit justifiée, il ne suffit pas que l’employeur invoque n’importe quel motif: il doit au contraire démontrer qu’il poursuit un but objectif qui répond à un véritable besoin de l’entreprise et que les mesures discriminatoires adoptées sont propres à atteindre le but recherché, sous l’angle du principe de la proportionnalité“.

BGE 142 II 59: „Um eine unterschiedliche Entlöhnung zu rechtfertigen genügt es nicht, dass die Arbeitgebenden irgendeinen Grund anführen. Sie müssen vielmehr beweisen, dass ein objektives Ziel verfolgt wird, welches einem echten unternehmerischen Bedürfnis entspricht, und dass die Ungleichbehandlung geeignet ist, das angestrebte Ziel unter Wahrung der Verhältnismässigkeit zu erreichen“.

 

Geltendmachung einer indirekten Diskrimierung

Das Bundesgericht hat zum Ablauf der Geltendmachung der indirekten Diskriminierung (Lohndiskriminierung) das folgende festgehalten (BGE 142 II 58 ff.):

„Wurde eine Lohndiskriminierung im Sinne des Art. 6 GlG glaubhaft gemacht, ist der Arbeitgeber zum Nachweis verpflichtet, dass die geringere Entlöhnung in Wirklichkeit nicht geschlechtsdiskriminierend, sondern durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist Misslingt ihm dies, gilt die geschlechtsspezifische Benachteiligung als erstellt. Eine Lohndiskriminierung entfällt, wenn die Lohndifferenz durch die zu erbringende Arbeit oder die in Frage stehende Funktion sachlich begründet erscheint. Sachlich begründet ist ein Lohnunterschied im Einzelvergleich oder bei der Einstufung von Frauenberufen, wenn er sich auf sog. objektive Kriterien stützt oder nicht geschlechtsspezifisch motiviert ist. Zu den objektiven Kriterien gehören Gründe, die den Wert der Arbeit beeinflussen, wie Ausbildung, Dienstalter, Qualifikation, Erfahrung, konkreter Aufgabenbereich, Leistung, soweit sie sich im Arbeitsergebnis niederschlägt, oder Risiken; darüber hinaus kann es sich um Gründe handeln, welche sich aus sozialen Rücksichten ergeben, wie familiäre Belastung und Alter, und schliesslich kommen auch äussere Faktoren wie die konjunkturelle Lage in Betracht, soweit ihre Berücksichtigung einem wirklichen unternehmerischen Bedürfnis entspricht (BGE 136 II 393 E. 11.3 S. 397 f.; BGE 130 III 145 E. 5.2 S. 164 f.; BGE 125 III 368 E. 5 S. 373 f. mit diversen Hinweisen; zum ganzen Themenkreis siehe ferner AUBRY GIRARDIN, a.a.O., S. 1062 ff., S. 1068 ff.). Um eine unterschiedliche Entlöhnung zu rechtfertigen genügt es nicht, dass die Arbeitgebenden irgendeinen Grund anführen. Sie müssen vielmehr beweisen, dass ein objektives Ziel verfolgt wird, welches einem echten unternehmerischen Bedürfnis entspricht, und dass die Ungleichbehandlung geeignet ist, das angestrebte Ziel unter Wahrung der Verhältnismässigkeit zu erreichen (BGE 130 III 145 E. 5.2 S. 165 mit Hinweisen). Objektive Gründe vermögen im Allgemeinen eine unterschiedliche Entlöhnung nur zu rechtfertigen, wenn sie für die konkrete Arbeitsleistung und die Lohngestaltung durch die Arbeitgebenden wesentlich sind (BGE 141 II 411 E. 6.1.2 S. 419; BGE 130 III 145 E. 5.2 S. 165 mit Hinweisen). Führungserfahrung ist ein sachlich haltbares Kriterium für eine ungleiche Lohneinstufung, solange sie auch bei Funktionsunterschieden zwischen Angehörigen des anderen Geschlechts üblich und zulässig ist (BGE 124 II 529 E. 4c S. 532). Bei der Ausgestaltung des Besoldungssystems im öffentlichen Dienst steht den zuständigen Behörden ein erheblicher Freiraum zu. Sie können aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandsmerkmale auswählen, die für die Besoldung massgebend sein sollen. Das Lohngleichheitsgebot schränkt diesen grossen Ermessensspielraum nicht grundsätzlich ein (Urteil 8C_78/ 2009 vom 31. August 2010 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 136 II 393; vgl. auch BGE 141 II 411 E. 6.1.1 S. 418 mit Hinweisen). Doch obliegt dem Arbeitgeber gegebenenfalls der Nachweis, dass er diesen Spielraum auf eine nicht diskriminierende Weise handhabt (Urteil 2A.363/1998 vom 18. Juni 1999 E. 6b).“

 

Weitere Beiträge zum Gleichstellungsgesetz:

 

Autoren: Nicolas Facincani / Juliane Jendis