Bei der Provision handelt es sich um eine echte Erfolgsbeteiligung. Es handelt sich bei ihr um eine Erfolgsvergütung für die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften. Im Gegensatz zu den Anteilen am Geschäftsergebnis knüpft sie an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers und nicht an den Gesamterfolg des ganzen Unternehmens (siehe zum Provisionslohn allgemein Bortolani/Scherrer, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 322b N 1 ff.).

Ist vertraglich nicht der Arbeitnehmer zur Aufstellung der Provisionsabrechnung verpflichtet, so hat ihm der Arbeitgeber auf jeden Fälligkeitstermin eine schriftliche Abrechnung, unter Angabe der provisionspflichtigen Geschäfte, zu übergeben (Art. 322c Abs. 1 OR).

 

Offenlegung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses befürchten Arbeitgeber oft, dass die Arbeitnehmer die Provisionsabrechnung aufgrund der enthaltenen Kundendaten zur Konkurrenzierung benützen könnten und wollen diese verweigern.

Im Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich 2019 Nr. 6 beantragte der Kläger, d.h. der Arbeitnehmer vor Arbeitsgericht, dass die Beklagte zu verpflichten sei, ihm monatliche Provisionsabrechnungen für die Zeit von Juli 2017 bis und mit Mai 2018 (Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. a) sowie eine Auflistung sämtlicher im gleichen Zeitraum bei der Beklagten eingegangen Kundenbestellungen unter Angabe der Kundennamen, des Bestelldatums sowie der Bestellsumme und des zuständigen Verkaufsberaters zu übergeben (Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. b).

Für das Arbeitsgericht war klar, dass die Provisionsabrechnungen herauszugeben waren:

3.5.2. Gemäss der Rechtsprechung des Obergerichts Zürich kann der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Übergabe einer überprüfbaren Provisionsabrechnung nicht mit dem Hinweis auf eine Konkurrenzierungsgefahr verweigern. Um eine Konkurrenzierung durch frühere Angestellte zu verhindern, ist laut dem genannten Urteil vielmehr eine Konkurrenzklausel zu vereinbaren (OGer ZH in JAR 1988 S. 194 ff.). Aus den eingereichten Unterlagen geht nicht hervor, dass ein solches Konkurrenzverbot zwischen den Parteien vereinbart wurde. Auch lässt sich die Geheimhaltung des Kundenkreises (so auch die Auffassung des Obergerichts Zürich im obgenannten Entscheid) nicht mit dem nachvertraglichen Verwertungsverbot im Sinne von Art. 321a Abs. 4 OR rechtfertigen, da ansonsten die Möglichkeit der Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes überflüssig wäre (ZR 104 [2005] Nr. 18 E. 3b; AGer-Z 2007 Nr. 3; Streiff/von Kaenel/Rudolph, a.a.O., N 13 zu Art. 321a OR).

3.5.3. Ein nachvertragliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten lässt sich ausserdem auch nicht damit begründen, dass gegen den Kläger eine Strafuntersuchung wegen ungetreuer Geschäftsführung gemäss Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 3 StGB sowie wegen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses gemäss Art. 162 StGB eingeleitet wurde. Beide der genannten strafrechtlichen Bestimmungen setzen das Vorliegen einer Pflicht beziehungsweise einer Obliegenheit des Täters gegenüber der Geschädigten Person voraus (OFK StGB-Donatsch, Art. 158 N 4 und Art. 162 N 4). Eine solche ist indes vorliegend insbesondere hinsichtlich der Verwendung von Informationen der Provisionsabrechnungen nicht gegeben, zumal zwischen den Parteien kein nachvertragliches Konkurrenzverbot vereinbart wurde.

3.5.4. Nach dem Gesagten überwiegt vorliegend das Interesse des Klägers an der Herausgabe einer detaillierten und rechnerisch nachvollziehbaren Provisionsabrechnung als Grundlage zur Bezifferung allfällig geschuldeter Provisionsansprüche. Das Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung von Kundennamen beziehungsweise die geäusserte Konkurrenzierungsgefahr rechtfertigt folglich keine Einschränkung der gesetzlichen Offenlegungspflichten bezüglich der Provisionsgeschäfte.

 

Bekanntgabe aller Kundenbestellungen

Der Arbeitnehmer beantragte ferner die Bekanntgabe aller Kundenbestellungen. Auch dies wollte der Arbeitgeber verweigern, drang aber vor Gericht nicht durch. Dies da dort, wo eine Informationserteilung das Informationsinteresse (insb. das Kontrollinteresse) nicht umfassend befriedige, dem Informationsgläubiger ein Anspruch auf weitergehende Information zustehe. Massgebend sei im Zusammenhang mit dem Kontrollinteresse allein, ob die Zurverfügungstellung weiterer Informationen zur Nachprüfung der bereits empfangenen Information erforderlich sei.

3.6.4. Die vom Kläger verlangte Auflistung beschränkt sich nicht auf Geschäfte, an welchen der Kläger für die Beklagte mitgewirkt hat; darüber hinaus verlangte er alle Kundenbestellungen von Juli 2017 bis und mit Mai 2018 unter zusätzlicher Angabe des zuständigen Verkaufsberaters. Es ist daher zu prüfen, ob die Herausgabe auch in diesem Umfang für den Kontrollzweck unabdingbar ist.

3.6.5. Selbst innerhalb von Konkurrenzverhältnissen kann nicht jede Kenntnis eines Unternehmensgeheimnisses als potentieller Wettbewerbsmissbrauch angesehen werden (Leumann Liebster, a.a.O., S. 130 m.w.H.; Streiff/ von Kaenel/Rudolph, a.a.O., N 12 zu Art. 340 OR). Die vom Kläger verlangte Auflistung soll insbesondere Auskunft über Kundenbestellungen unter Angabe des Kundennamens, des Bestelldatums sowie der Bestellsumme und des zuständigen Verkaufsberaters, geben. Über den konkreten Inhalt der jeweiligen charakteristischen Vertragsleistung durch die Beklagte werden hingegen keine Angaben verlangt. Demnach ist eine solche Auflistung nicht dazu geeignet, dem Kläger Aufschluss über die konkreten Bedürfnisse der Kunden oder die Akquise der Beklagten zu geben, welche er in wettbewerbsschädigender Weise nutzen könnte. „Einblick in den Kundenkreis“ im Sinne des Konkurrenzverbots gemäss Art. 340 OR hat der Arbeitnehmer denn auch erst dann, wenn er die wesentlichen Voraussetzungen, die den Kunden an den Arbeitgeber binden, kennt (Streiff/von Kaenel/Rudolph, a.a.O., N 9 zu Art. 340 OR). Die Informationen, welche die genannte Auflistung enthalten soll, würden dem Kläger keinen Aufschluss über die genannten wesentlichen Voraussetzungen der betreffenden Kundenbeziehungen der Beklagten erlauben; ein potentieller Wettbewerbsmissbrauch liegt nicht eben nahe.

Will ein Arbeitgeber die Offenlegung verweigern, muss er darlegen, dass die Information in wettbewerbsschädigender Weise genutzt werden könnte. In jedem Fall empfiehlt sich in diesen Konstellation die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes. Zudem ist aufzuzeigen, dass die Herausgabe auch in der Informationen für den Kontrollzweck nicht notwendig ist.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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