Nach Art. 337 OR kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen. Die fristlose Entlassung kann jederzeit ausgesprochen werden (siehe hierzu etwa den Beitrag Beurteilung einer fristlosen Entlassung). Eine Sperrfrist z.B. aufgrund von Arbeitsunfähigkeit muss nicht beachtet werden. Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.
Nach der Rechtsprechung ist eine fristlose Entlassung ist nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt, welche:
- objektiv geeignet sind, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tief greifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist, und
- auch tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung oder Erschütterung des gegenseitigen Vertrauens geführt haben.
Das Gericht hat ein freies Ermessen bei der Prüfung, ob bei einer fristlosen Kündigung wichtige Gründe vorlagen (Art. 337 Abs. 3 OR).
Sind die Verfehlungen weniger schwerwiegend, so müssen sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein (BGE 129 III 380 E.2.1). Wird eine Verwarnung vorausgesetzt, so muss neben dem Vorhalten der Pflichtwidrigkeiten auch die Kündigung angedroht worden sein. Der Arbeitgeber muss bei Wiederholung der Pflichtwidrigkeit die fristlose Kündigung ausdrücklich und unverzüglich aussprechen; ein langes Zuwarten und Akzeptanz weiterer Verfehlungen kann als „Verzeihung“ aufgefasst werden.
Das Gericht beurteilt nach freiem Ermessen, ob wichtige Gründe vorliegen (Art. 337 Abs. 3 OR). Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die folgenden Umstände sind insbesondere relevant (siehe auch BGE 127 III 313):
Folgende Faktoren sind bzw. wären etwa für die Beurteilung, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, relevant (nicht abschliessend):
- Existenz und schwere des Verschuldens
- Länge der Kündigungsfrist bzw. des befristeten Arbeitsverhältnisses
- bisherige Dauer und Verlauf des Arbeitsverhältnisses
- frühere Duldung eines gleichartigen Verhaltens
- Intensität des Vertrauensverhältnisses
- Provokationen und Verwarnungen
- Betriebsklima
- erteilte Weisungen
- Art des Betriebs
- Stellung und Verantwortung des Arbeitnehmers
- Möglichkeit anderer Massnahmen
Die Zumutbarkeit einer ordentlichen Kündigung ist eher gegeben bei kurzen Kündigungsfristen. Anders jedoch im BGE JAR 1998 einer sechsmonatigen Kündigungsfrist, die als nicht relevant erachtet wurde, da die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt war. Anders auch in BGE 4A 476/2009, wo die fristlose Kündigung trotz der kurzen, zweimonatigen Kündigungsfrist als gerechtfertigt erachtet wurde.
Massstab bei Kaderangehörigen
Bei Kaderangehörigen gilt ein strengerer Massstab (BGE 130 III 28: Pra 93 115, BGE 127 III 86: Pra 90 84 [missbräuchliche Kündigung]). Bei der Gewichtung einer Pflichtverletzung ist bei Kaderpersonen aufgrund des ihnen entgegenbrachten besonderen Vertrauens und der Verantwortung, welche ihnen ihre Funktion im Betrieb verleiht, ein strengerer Massstab anzulegen (BGE 130 III 28 E. 4.1 S. 31; Urteil 4A_349/2017 vom 23. Januar 2018 E. 4.2).
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Autoren: Nicolas Facincani