Oft wird vereinbart, dass Kapitalzahlungen, welche ein Arbeitnehmer erhält, zurückzuzahlen sind, sofern das Arbeitsverhältnis innert einer gewissen Frist nach Ausrichtung der Vergütung beendet wird.

 

Rückforderung von Lohn

Sofern es sich bei den Zahlungen um Lohn handelt, sind solche Rückzahlungsklauseln nicht zulässig bzw. nicht beachtlich.

 

Rückforderung von Gratifikationen

Handelt es sich bei Zahlungen um eine Gratifikation, Treueprämie oder um einen Sign-on-Bonus ist die Rechtslage nicht restlos geklärt. Die Zulässigkeit solcher Rückerstattungsvorbehalte ist in der Lehre umstritten und durch die Gerichtspraxis nicht eindeutig geklärt. Nach einem Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen ist die Rückforderung einer freiwillig bezahlten Gratifikation auf jeden Fall dann ausgeschlossen, wenn die Arbeitgeberin diese trotz Kenntnis der nicht erfüllten Bedingung auszahlt (KGer SG, Urteil vom 23. Februar 1984).

 

Analoge Anwendbarkeit von Art. 340c Abs. 2 OR

Hier wird die Meinung vertreten, dass, dass man eine Rückzahlungsklausel vereinbaren kann, hier aber die Regelung zum Konkurrenzverbot und zur Rückzahlung von Weiterbildungskosten Art. 340c Abs. 2 OR analog zu beachten ist.

 

Dazu was folgt:

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Konkurrenzverbot (allenfalls mit Konventionalstrafe für den Fall einer Verletzung des Konkurrenzverbotes), besteht die Gefahr, dass diese Bestimmung in Konflikt gerät zum Grundsatz der Kündigungsparität gemäss Art. 335a Abs. 1 OR: Das Konkurrenzverbot und die Konventionalstrafe schränken die Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers erheblich ein. Allenfalls schreckt dieser auch dann vor einer Kündigung zurück, wenn eine fortwährende Anstellung für ihn unzumutbar wäre. Als Ventilbestimmung sieht Art. 340c Abs. 2 OR deshalb vor, dass das Konkurrenzverbot dahinfällt und auch keine Konventionalstrafe geschuldet ist, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantwortenden Anlass kündigt. Als begründet gilt eine Kündigung beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer keine angemessene Provision erhält, wenn sich der Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Rückstand befindet, wenn generell ein angespanntes oder schlechtes Arbeitsklima herrscht, wenn der Arbeitnehmer unwürdig behandelt wird, wenn der Arbeitgeber Versprechen oder Zusicherungen nicht einhält, wenn dauerhafte Überlastung herrscht, wenn übermässige Einsätze wegen eines vom Arbeitgeber zu verantwortenden Personalmangels geleistet werden müssen sowie wenn zwei wichtige Mitarbeiter und die persönliche Sekretärin durch die Mutterfirma ohne Konsultation des Leiters der Filiale entlassen werden (vgl. auch Ullin Streiff/Adrian von Kaenel/Roger Rudolph, Arbeitsvertrag. Praxisvertrag zu Art. 319–362 OR, 7. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012 [zit. Streiff/von Kaenel/Rudolph], N 5 f. zu Art. 340c OR). Die Hürde, die ein Konkurrenzverbot inkl. Konventionalstrafe dahinfallen lässt, ist somit weniger hoch als der wichtige Grund, der gemäss Art. 337 Abs. 2 OR eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer rechtfertigt (siehe hierzu den Beitrag betreffend den Wegfall von Konkurrenzverboten).

 

Kündigungsparität

Die Regelung in Art. 340c Abs. 2 OR dient dem Schutz des Arbeitnehmers, insofern eine tatsächliche Kündigungsparität sichergestellt werden soll. Sie ist analog auch auf Rückzahlungsklauseln anzuwenden, die etwa im Zusammenhang mit der Übernahme von Weiterbildungskosten oder mit der Entrichtung von Provisionen oder Gratifikationen vereinbart werden. Bei all diesen Bestimmungen gilt, dass sie keine Anwendung finden, wenn der Arbeitnehmer aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantworteten Grund kündigt.

Stellen Kapitalzahlungen  eine Gratifikation, eine Treueprämie oder um einen Sign-on-Bonus dar, so ist auch hier im Rahmen von allfälligen Rückzahlungsklauseln Art. 340c Abs. 2 OR analog anzuwenden: Eine Rückzahlung kann dann nicht verlangt werden, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantworteten Grund kündigt oder wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne begründeten Anlass kündigt.

 

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Autor: Nicolas Facincani