Liegt eine missbräuchliche Kündigung vor, so kann die gekündigte Partei eine Entschädigung verlangen. Die wird vom Richter festgesetzt und darf den Betrag von 6 Monatslöhnen nicht übersteigen (in der Regel max. 2 bis 3 Monatslöhne – siehe hier etwa den Beitrag zur Höhe der Entschädigung). Wurde das Konsultationsverfahren im Rahmen einer Massenentlassung nicht eingehalten, beträgt der Betrag maximal 2 Monatslöhne (siehe etwa den Beitrag zu Massenentlassung).

Damit eine Entschädigung geltend gemacht werden kann, ist einerseits innerhalb der Kündigungfrist Einsprache zu erheben und innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klage einzuleiten (siehe hierzu den Beitrag betreffend Geltendmachung einer missbräuchlichen Kündigung).

 

Möglichkeit der Feststellungsklage

Werden die Fristen verpasst, so kann somit keine Entschädigung mehr geltend gemacht werden (siehe hierzu den Beitrag zu den verpassten Fristen bei der missbräuchlichen Kündigung ). Sofern gewisse Voraussetzungen aber gegeben sind, kann aber eine Klage auf Feststellung der Missbräuchlichkeit erhoben werden. Dies wurde vom Bundesgericht in 136 III 96, S. 98 bestätigt:

Nach einhelliger Lehre ist die form- und fristgerechte Einsprache gegen die missbräuchliche Kündigung aber unabdingbar. Sie entfällt auch nicht, weil Einigungsverhandlungen angesichts der Haltung der Gegenpartei keinen Sinn ergeben. Wird die Einsprache nicht gültig erhoben, stimmt die Partei, der gekündigt worden ist, der Kündigung im Sinne einer unwiderlegbaren Vermutung zu. Dem Gekündigten steht nur eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung zu.

 

Voraussetzungen der Feststellungsklage

Die Feststellungsklage ist in Art. 88 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Art. 88 ZPO lautet wie folgt:

Mit der Feststellungsklage verlangt die klagende Partei die gerichtliche Feststellung, dass ein Recht oder Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht.

Für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage muss der Kläger an der sofortigen Feststellung ein schutzwürdiges Interesse haben, welches sowohl rechtlicher als auch tatsächlicher Natur sein kann, aber erheblich sein muss. Gemäss Lehre und Rechtsprechung ist in anderen Fälle ein solch erhebliches Interesse gegeben, wenn kumulativ die Voraussetzungen Ungewissheit, Unzumutbarkeit und Subsidiarität gegeben sind (Isaak Meier, Schweizerisches Zivilprozessrecht, eine kritische Darstellung aus der Sicht von Praxis und Lehre, Zürich/Basel/Genf 2010, S. 210). Nachfolgend soll im Rahmen eines Überblickes dargelegt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlangung eines Feststellungsurteils gegeben wären, auch wenn man sich für das Feststellungsinteresse im Rahmen einer missbräuchlichen Kündigung auf diese erschwerten Voraussetzungen stützen würde.

 

Voraussetzung der Ungewissheit

Als erste Voraussetzung muss eine Ungewissheit – und zwar i.S. einer Meinungsverschiedenheit (BSK-Weber, a.a.O., N 8 zu Art. 88) – über Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien herrschen, und diese Ungewissheit muss mit einem Feststellungsurteil beseitigt werden können (BGE 114 III 68 S. 71 E.2.3).

Besteht Uneinigkeit darüber, ob die durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung missbräuchlich nach Art. 336 OR ist, kann diese Ungewissheit durch ein Feststellungsurteil beseitigt werden.

 

Voraussetzung der Unzumutbarkeit

Als zweite Voraussetzung muss das Fortdauern der Ungewissheit eine Unzumutbarkeit für die Klägerin darstellen, weil es sie in ihrer Bewegungsfreiheit, insb. in der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit und/oder im beruflichen Fortkommen behindert (Meier, a.a.O., S. 211; BGE 114 III 68 S. 71). Das Kriterium der Unzumutbarkeit sollte dabei nicht überstrapaziert werden (BSK-Weber, N 14 zu Art. 88), und auch gemäss Bundesgericht ist die Unzumutbarkeit bereits dann zu bejahen, wenn es sich nicht mehr um blosse Bagatellbeträge bzw. Bagatellstreitigkeiten handelt (BGE 141 III 68 S. 74 ; BGE 120 II 20 S. 25).

 

Voraussetzung der Subsidiarität

Drittens wird verlangt, dass sich die Unsicherheit nicht mit einer Leistungs- und Gestaltungsklage beheben lässt – es wird also Subsidiarität verlangt (BGE 135 III 378 S. 380; 119 II 368 S. 370).

Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die Fristen für die Einsprache/Klage verpasst wurden und somit keine Klage auf Geld mehr möglich ist.

 

Weitere Beiträge zur missbräuchlichen Kündigung (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani