Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Die gekündigte Partei hat aber das Recht, eine Begründung der Kündigung zu verlangen (Art. 335 Abs. 2 OR), unabhängig davon, ob es sich um eine ordentliche Kündigung oder eine ausserordentliche (fristlose) Kündigung handelt. Der Gekündigte hat das Recht, eine mündliche oder schriftliche Begründung zu verlangen. Möglich ist auch, zunächst eine mündlich, danach für Beweiszwecke eine schriftliche Begründung der Kündigung zu verlangen. Die Begründung muss wahr, vollständig und korrekt sein. Weicht die Begründung der Kündigung vom Arbeitszeugnis ab, so bedeutet dies noch nicht die Missbräuchlichkeit der Kündigung (Facincani/Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 335 N 37).

 

Frist für Begehren um Begründung

Das Gesetz sieht keine Frist vor, innert welcher das Begehren um Begründung der Kündigung gestellt werden muss. Der Anspruch auf Begründung verjährt aber nach 10 Jahren. Wir die Begründung nicht geliefert, kann hierzu eine Leistungsklage angestrengt werden.

 

Frist zur Lieferung der Begründung

Grundsätzlich unter dem Vorbehalt des Gebots von Treu und Glauben ist die Begründung unmittelbar zuzustellen, nachdem sie verlangt wird.

 

Rechtsfolgen bei unterlassener Begründung

Eine Kündigung ist unabhängig davon wirksam, ob die Begründung korrekt geliefert wird.

Wird die Kündigung nicht begründet, macht dies die Kündigung nicht per se missbräuchlich (BGE 121 III 60, Regeste):

Eine Kündigung entfaltet ihre Wirkung unabhängig davon, ob der Begründungspflicht nachgekommen wird. Sie bleibt von den Sanktionen unberührt, die an eine Verletzung der Begründungspflicht anknüpfen; insbesondere besteht für den Fall einer unwahren Begründung keine gesetzliche Vermutung, die Kündigung sei missbräuchlich (E. 3b und c).

Für die Anwendung des allgemeinen Rechtsmissbrauchsverbots bleibt neben den gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen wenig Raum. Die unwahre Begründung als solche stellt keinen Rechtsmissbrauch dar (E. 3d).

Eine fehlende oder falsche Begründung kann aber ein Indiz für eine missbräuchliche Kündigung sein. Es kann zudem zu einer Vermutung der Missbräuchlichkeit kommen, sofern der Arbeitnehmer genügend Indizien vorbringt, die den vom Arbeitgeber angegebenen Kündigungsgrund als Unrichtig erscheinen lassen. Der Arbeitgeber muss die Behauptungen zum Kündigungsgrund belegen (Facincani/Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 336 N 66). Die Missbräuchlichkeit einer Kündigung kann zudem angenommen werden, wenn die angegebene Begründung nur ein Vorwand ist, der wahre Grund für die Kündigung nicht festgestellt werden kann (BGer 4A_224/2018 vom 28. November 2018).

Die Verletzung der Verpflichtung kann aber zur Auferlegung der Prozesskosten führen (AGer ZH, JAR 1993, 198) oder im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden.

 

Verlängerung der Einsprachefrist?

Will der Gekündigte die Kündigung wegen Missbräuchlichkeit anfechten, so muss er zunächst Einsprache gegen die Kündigung erhaben; diese Einsprache muss während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Zum Teil wird argumentiert, die Einsprachefrist würde verlängert, sofern die Begründung der Kündigung zu spät erfolge (Nachfrist von 30 Tagen ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Diese Ansicht ist nach der hier vertretenen Ansicht abzulehnen.

 

Weitere Beiträge zur Kündigung (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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