Bezahlt eine Arbeitgeberin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Lohn eines Arbeitnehmers versehentlich weiter, so kann sie diesen gestützt auf die Bestimmungen nach der ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR) zurückfordern, sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind:

Art. 62

1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten.

2 Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat.

Art. 63

1 Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat.

2 Ausgeschlossen ist die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde.

3 Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht.

Art. 64

Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hierbei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.

Art. 65

1 Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwertes.

2 Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.

Art. 66

Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

Art. 67

1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.

2 Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.

 

Entscheid 1C_665/2024 vom 3. Juli 2025

Im Entscheid 1C_665/2024 vom 3. Juli 2025 hatte sich das Bundesgericht mit einem Fall auseinanderzusetzen, bei welchem eine politische Gemeinde einer Lehrerin nach deren Beendigung des Arbeitsverhältnisses versehentlich den Lohn weiterbezahlt hatte. Die Lehrerin bzw. Arbeitnehmerin verweigerte die Rückzahlung des Lohnes. Das Bundesgericht bestätigte die Entscheid der Vorinstanzen und entschied, dass der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhaltene Lohn zurückzubezahlen sei:

 

Regeln der ungererechtfertigten Bereicherung anwendbar

Das Bundesgericht bestätigte, dass auch im öffenltichen Recht der zuviel bezahlte Lohn nach den Regeln des Bereicherungsrecht zurückzufordern sei:

4.1.1. Analog zu den privatrechtlichen Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) gilt auch im Verwaltungsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Zuwendungen, die aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund erfolgen, zurückzuerstatten sind (BGE 144 II 412 E. 3.1; 138 V 426 E. 5.1; 135 II 274 E. 3.1; je mit Hinweisen). Ungerechtfertigt sind namentlich Leistungen, auf welche materiellrechtlich kein Anspruch besteht (BGE 144 II 412 E. 3.1; 124 II 570 E. 4b). Da die Beschwerdeführerin für die anerkanntermassen erhaltenen und nun rückgeforderten Lohnzahlungen im fraglichen Zeitraum bzw. ab dem 1. August 2020 unbestrittenermassen keine Arbeitsleistung als Lehrperson für DaZ mehr erbrachte und eine solche ab diesem Zeitpunkt auch nicht angeboten hatte bzw. diese nebst dem neu vereinbarten 100 % Pensum sachlogisch auch nicht hätte anbieten können, ist sie grundsätzlich um den Betrag der in diesem Zusammenhang bezogenen Lohnleistungen ungerechtfertigt bereichert.  

4.1.2. Eine Leistung ist nicht ohne Rechtsgrund erbracht worden, wenn sie aufgrund einer zwar materiellrechtlich falschen, aber rechtskräftigen Verfügung erfolgt ist und sofern kein Grund besteht, auf diese Verfügung zurückzukommen (BGE 144 II 412 E. 3.1; 143 II 37 E. 6.3.1; 124 II 570 E. 4c). Die vorliegend zur Diskussion stehenden Lohnzahlungen sind aufgrund einer weggefallenen bzw. zu ersetzenden Anstellungsverfügung und damit ohne Rechtsgrund geleistet worden. 

 

Keine freiwillige Bezahlung einer Nichtschuld

Nach Art. 63 Abs. 1 OR kann, wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt hat, das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befand. Mit diesem zusätzlichen Erfordernis ist für den Bereich der Leistungskondiktion eine gegenüber der allgemeinen Regel von Art. 62 OR abweichende Spezialregelung festgelegt. Hingegen liegt keine freiwillige Bezahlung einer Nichtschuld vor, wenn eine Leistung versehentlich und ungewollt erbracht wurde (BGE 124 II 570 E. 4d mit Hinweisen).

Das Bundesgericht schützte die Ansicht der Arbeitgeberin, dass vorliegend keine freiwillige Bezahlung einer Nichtschuld vorgelegen habe:

4.2.3. Die Regeln des Zivilrechts sind auf individualisierbare Einzelfälle zugeschnitten. Sie können nicht in jeder Hinsicht unbesehen auf das öffentliche Recht übertragen werden, insbesondere wenn es sich um Rechtsbeziehungen im Bereich der Massenverwaltung handelt (BGE 124 II 570 E. 4e mit Hinweisen). Vorliegend kann aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung mit der Vorinstanz ohne Weiteres davon ausgegangen werden, die Primarschulverwaltung der Stadt Dübendorf habe die fraglichen Lohnzahlungen nur in der Annahme geleistet, sie seien (weiterhin) geschuldet. Unter den gegebenen Umständen ist somit anzunehmen, die entsprechende Leistung sei versehentlich und damit ungewollt bzw. irrtümlich erbracht worden: Die fraglichen Zahlungen sollten nach unbestritten gebliebener und für das Bundesgericht verbindlicher Sachverhaltsdarstellung per Ende Juli 2020 eingestellt werden, was jedoch nicht geschah, da die Meldung an die Lohnadministration versehentlich unterblieb. Die administrative Leitung erkannte erst aufgrund der Anfrage der Beschwerdeführerin betreffend Erstellung eines Zwischenzeugnisses im März 2022, dass ihr fälschlicherweise weiterhin monatlich Lohnzahlungen für die seit dem 1. August 2020 unbestrittenermassen nicht mehr erbrachte Leistung als DaZ-Lehrperson erbracht wurden. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen die Beschwerdeführerin ohne (weiteren) Irrtumsnachweis verpflichtet haben, die erhobenen Beiträge zurückzuerstatten. Mit den Vorinstanzen ist ein Irrtum anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles ausgeschlossen werden kann, dass die Leistende eine Schenkung beabsichtigte (vgl. Urteil 4C.89/2004 vom 9. März 2005 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 131 III 222); bei Leistungen durch den Staat ist grundsätzlich nie von einer Schenkungsabsicht auszugehen (vgl. LUZIUS MÜLLER, Die Rückerstattung rechtswidriger Leistungen als Grundsatz des öffentlichen Rechts, Diss. 1978, S. 57 f., wonach der Grundsatz der gesetzmässigen Verwaltung einem Irrtumserfordernis nach dem Vorbild des Privatrechts keinen Raum lasse). Die im bundesgerichtlichen Verfahren erneut beantragte Erhebung der internen Systemabläufe und des Controllings der Schulverwaltung im Fall von Austritten und Anstellungen kann daher – wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren rechtmässig geschehen – in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden.

 

Weggefallene Bereicherung

Die Rückerstattung kann gemäss Art. 64 OR insoweit nicht gefordert werden, als die empfangende Person nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass sie sich der Bereicherung entäusserte und hierbei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste. Der gute Glaube wird im Grundsatz zwar vermutet (Art. 3 Abs. 1 ZGB). Die bereicherte Person kann sich jedoch nicht darauf berufen, wenn sie zum Zeitpunkt der Übertragung bzw. Entäusserung mit einer Rückerstattung rechnen musste, weil sie wusste oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte wissen müssen, dass die Leistung ungerechtfertigt erbracht wurde bzw. nicht geschuldet war (vgl. Art. 3 Abs. 2 ZGB; BGE 130 V 414 E. 4.3).

Die Arbeitnehmerin machte geltend, dass es sich beim entreicherten Gemeinwesen um eine professionelle Schulverwaltung handle, mindere das ihrerseits erforderliche Ausmass an Aufmerksamkeit erheblich. Sie habe keinerlei Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass die Gemeinde ihr den Lohn ab 1. August 2020 weiterhin korrekt ausbezahle. Sie habe einzelne Gutschriften jeweils nicht kontrolliert, sondern lediglich den Saldo ihres Bankkontos via Smartphone konsultiert.

Das Bundesgericht verwarf diese Auffassung:

4.3.2. Diese Argumentation verfängt nicht, nachdem die Beschwerdeführerin ab 1. August 2020 lediglich noch auf kantonaler Ebene angestellt war und weitere Lohnzahlungen seitens der Stadt Dübendorf demzufolge nicht zu erwarten waren. Konkret erhielt sie ab dem 1. August 2020 zum einen vom Kanton Zürich monatlich eine Lohnabrechnung für ein volles Anstellungspensum und zum anderen von der Stadt Dübendorf weiterhin eine Lohnabrechnung für ein Pensum von 22 %. Schon aufgrund dieses Umstands hätte ihr bei der zu verlangenden Aufmerksamkeit klar sein müssen, dass der Stadt Dübendorf ein Fehler unterlaufen war: Schliesslich war sie wie erwähnt ab dem genannten Zeitpunkt bekanntermassen nur noch als kantonal besoldete Lehrperson tätig. Dass sie die unbestrittenermassen postalisch zugestellten Schreiben nicht geöffnet habe, erscheint wenig glaubhaft. Jedenfalls muss sie zumindest den Lohnausweis der Stadt Dübendorf zur Kenntnis genommen haben, da sie im Rahmen ihrer Steuererklärung 2020 die entsprechenden Einkünfte deklariert hat. Auch ohne genaue Durchsicht der einzelnen Kontoauszüge war sodann ein monatlich stärkerer Anstieg des Kontosaldos um Fr. 1’500.– erkennbar. Und vor allem ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zumindest in der Anfangsphase des Anstellungswechsels überprüft haben dürfte, ob der zugeflossene Lohn den neuen Anstellungsbedingungen entsprach bzw. würde ein solches Vorgehen in dieser Situation der gebotenen Sorgfalt entsprechen. 

4.3.3. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die erbrachten Lohnleistungen in gutem Glauben entgegengenommen hat. Wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, ist die Beschwerdeführerin somit auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben für die zurückgeforderten Leistungen rückerstattungspflichtig und kann offen bleiben, ob sie zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert war.  

4.4. Sofern die Beschwerdeführerin unter dem Titel von Art. 65 OR die jährlichen Unterhaltskosten für das Fahrzeug, welches sie mit den versehentlich weiterhin geleisteten Lohnzahlungen gekauft haben will, als notwendige Verwendungen geltend macht, ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Beschwerdeführerin vermag nicht nachzuweisen, dass das strittige Fahrzeug überhaupt als Surrogat für die versehentlich geleisteten Lohnzahlungen qualifiziert werden könnte. Sie macht insbesondere nicht geltend, der Erhalt des Geldes sei für die Ausgabe (Kauf eines Fahrzeuges) kausal gewesen bzw. sie hätte die Disposition ohne die rechtsgrundlos erbrachten Lohnzahlungen nicht vorgenommen. Vor diesem Hintergrund bleibt ihr eine Ersatzforderung für notwendige Verwendungen gestützt auf Art. 65 Abs. 1 OR von vornherein verwehrt. Damit erübrigen sich weitere Ausführungen in dieser Hinsicht und ist der Beweisantrag bezüglich Einholung eines Gutachtens bei der B.________ AG betreffend Unterhaltskosten in antizipierter Beweiswürdigung abzuweisen.  

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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