Im Entscheid 8C_459/2021 vom 5. April 2022, welcher das öffentliche Dienstrecht betraf, hatte sich das Bundesgericht mit der Kündigung infolge einer nicht gemeldeten Nebentätigkeit auseinanderzusetzen.

Der Arbeitnehmer hatte seinen Arbeitgeber über seine Nebenbeschäftigung nicht informiert, obwohl arbeitsvertraglich vereinbart worden war, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die Ausübung einer Nebenbeschäftigung oder eines öffentlichen Amtes informiert (Arbeitsvertrag vom 23. Dezember 2008, Ziff. 6).

Am 11. November 2019 gab der Arbeitnehmer an, seit Gründung einer Unternehmung (die Gründung wurde am 31. März 2009 im Handelsregister eingetragen) im Umfang von fünf Stunden pro Jahr für diese unentgeltlich tätig zu sein. Zusätzlich reichte er eine am 17. März 2009 mit E.________ geschlossene Vereinbarung ein, wonach dieser u.a. nach Gründung der Unternehmung durch den Arbeitnehmer als Alleinaktionär fungiert.

Am 18. Dezember 2019 wurde der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erneut zur Nebentätigkeit befragt. Dabei gab er an, er habe als Gefälligkeitsdienst das Verwaltungsratsmandat übernommen, übe aber keine operativen Funktionen aus und werde ebenso wenig entschädigt. Gleichentags stellte ihn der Arbeitgeber mit Verfügung vom 18. Dezember 2019 frei. Über die „Interne Revision “ seien Informationen eingegangen, die unsachgemässes Verhalten und Unregelmässigkeiten, allenfalls sogar strafbares Verhalten des Arbeitnehmers vermuten liessen, die durch eine unabhängige Stelle untersucht würden.

Am 30. Januar 2020 unterbreitete der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung über eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wobei ihm die einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt wurde, falls keine einvernehmliche Auflösung desselben erfolge. Der Arbeitnehmer unterzeichnete die Vereinbarung nicht.

Der Arbeitgeber löste daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer auf den 30. Juni 2020 auf. Aufgrund seines intransparenten Verhaltens sowie seiner teilweise tatsachenwidrigen Aussagen sei das gegenseitige Vertrauen erschüttert worden. Die Pflichtverletzungen und der erlittene Vertrauensverlust hätten die Kündigung veranlasst.

 

Die Vorinstanz

Das Bundesverwaltungsgericht erkannte, das Gespräch vom 30. Januar 2020 sei nicht protokolliert worden. Der Arbeitgeber sei aber gemäss Kündigungsverfügung davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer für die Unternehmung jahrelang einen erheblichen Aufwand gegen Entschädigung betrieben habe und weiterhin betreibe. Zum einen habe der Arbeitgeber daraus eine Verletzung der Meldepflicht abgeleitet und zum andern das Aussageverhalten des Arbeitnehmers als intransparent und wahrheitswidrig qualifiziert, was zur Vertrauenserschütterung geführt habe. Der Arbeitgeber könne aber nicht belegen, dass er dem Arbeitnehmer bezüglich des rechtserheblichen Sachverhalts das rechtliche Gehör gewährt habe. Eine entsprechende Konfrontation lasse sich weder aus dem Inhalt der besprochenen Aufhebungsvereinbarung noch sonstwie herleiten. Dies rechtfertige bereits eine Entschädigung nach Art. 34b Abs. 1lit. a BPG aufgrund der Gehörsverletzung.

Bezüglich des Verwaltungsratsmandats schlussfolgerte die Vorinstanz, der Arbeitnehmer habe weitgehend die Wahrheit gesagt und für die Klärung des diesbezüglichen Sachverhalts Hand geboten. Die verschwiegenen Einsätze seien mit einem geringen zeitlichen Aufwand verbunden gewesen, sodass sie zu keinen Leistungseinbussen bezüglich seiner Angestelltentätigkeit geführt haben dürften und keine Interessenskonflikte auszumachen seien. Daher wertete die Vorinstanz die unterlassene Meldung nicht als schwere Verletzung der Treuepflicht.

Indessen qualifizierte sie das Verhalten des Arbeitnehmers mit Blick auf seine erhöhte Vertrauensstellung als nicht mehr leicht wiegende Treuepflichtverletzung. Denn er habe es in den persönlichen Gesprächen mit dem Arbeitgeber wiederholt unterlassen, das ganze Ausmass seiner Tätigkeit für die Unternehmung offen zu legen und damit bewusst entscheidrelevante Tatsachen verschwiegen.

Die Vorinstanz bejahte demnach das Vorliegen eines sachlichen Kündigungsgrundes nach Art. 10 Abs. 3 lit. a BPG, verneinte jedoch die Verhältnismässigkeit einer ordentlichen Kündigung ohne vorgängige Mahnung. Dies zumal es sich um einen langjährigen und verdienten Mitarbeiter gehandelt habe, der sich nie zuvor etwas habe zu Schulden kommen lassen. Die Aufdeckung der Arbeitseinsätze in der Romandie hätten das Vertrauensverhältnis wohl erschüttert, nicht aber unwiederbringlich zerstört. Es sei daher nicht auszuschliessen gewesen, dass eine Mahnung ein wirksames Mittel für eine zukünftige Verhaltensänderung gewesen wäre.

Die Vorinstanz erkannte, dass dem Arbeitnehmer ohne sachlich hinreichenden Grund gekündigt wurde. Sie bejahte folglich einen Anspruch auf Entschädigung infolge ungerechtfertigter Kündigung gemäss Art. 34b Abs. 1 lit. a BPG und setzte die Höhe der Entschädigung nach Art. 34b Abs. 2 BPG auf neun Bruttomonatslöhne fest. Darüber hinaus gewährte sie dem Arbeitnehmer aufgrund der unverschuldeten Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Beachtung seines Alters mit über 55 Jahren und einer Anstellungsdauer von 15 1/2 Jahren (am 30. Juni 2020) eine Entschädigung von sechs Monatslöhnen (Art. 19 Abs. 3 BPG).

 

Art. 34b BPG

Grundlage für die Entschädigung war Art. 34b des BPG. Dieser lautet wie folgt:

Abs. 1

Heisst die Beschwerdeinstanz die Beschwerde gegen eine Verfügung über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gut und weist sie die Sache nicht ausnahmsweise an die Vorinstanz zurück, so muss sie:

a.

der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer eine Entschädigung zusprechen, wenn sachlich hinreichende Gründe für die ordentliche Kündigung oder wichtige Gründe für die fristlose Kündigung fehlen oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind;

b.

die Fortzahlung des Lohnes bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder des befristeten Arbeitsvertrags anordnen, wenn im Fall einer fristlosen Kündigung wichtige Gründe fehlen;

c.

das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist erstrecken, wenn Vorschriften über die Kündigungsfristen verletzt worden sind.

Abs. 2

Die Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a wird von der Beschwerdeinstanz unter Würdigung aller Umstände festgelegt. Sie beträgt in der Regel mindestens sechs Monatslöhne und höchstens einen Jahreslohn.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht schützte den Entscheid der Vorinstanz:

 

Verletzung des rechtlichen Gehörs

Das Bundesgericht bestätigte die Verletzung des rechtlichen Gehörs und hielt explizit fest, dass ein solcher Mangel nicht im Rechtsmittelverfahren geheilt werden könne:

6.2.1. Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) dient einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt er ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht der betroffenen Person, sich vor Erlass eines solchen Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen und Einsicht in die Akten zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann. Voraussetzung des Äusserungsrechts sind genügende Kenntnisse über den Verfahrensverlauf, was auf das Recht hinausläuft, in geeigneter Weise über die entscheidwesentlichen Vorgänge und Grundlagen vorweg orientiert zu werden. Wie weit dieses Recht geht, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Würdigung der konkreten Umstände beurteilen. Im öffentlichen Personalrecht können auch relativ informelle Äusserungsgelegenheiten vor der Kündigung dem verfassungsrechtlichen Gehörsanspruch genügen, sofern der betroffenen Person klar war, dass sie mit einer solchen Massnahme zu rechnen hatte (BGE 144 I 11 E. 5.3 mit Hinweisen). Dabei hat sie nicht bloss die ihr zur Last gelegten Tatsachen zu kennen, sondern sie muss darüber hinaus auch wissen, dass gegen sie eine Verfügung mit bestimmter Stossrichtung in Erwägung gezogen wird (Urteile 8C_258/2014 vom 15. Dezember 2014 E. 7.2.4, 8C_728/2013 vom 22. August 2014 E. 3.1.2 und 8C_158/2009 vom 2. September 2009 E. 5.2, nicht publ. in: BGE 136 I 39).   

6.2.2. Die Vorinstanz stellte fest, dass mangels Protokollierung des Gesprächs vom 30. Januar 2020 nicht hinreichend belegt sei, ob dem Beschwerdegegner die ihm zur Last gelegten Tatsachen bekannt gewesen seien (vorstehende E. 5.1; vgl. zur Protokollierungspflicht: Urteil 8C_258/2014 vom 15. Dezember 2014 E. 7.2.6 mit Hinweis auf BGE 124 V 391). Dies ist bei der gegebenen Aktenlage nicht willkürlich (vgl. Urteil 8C_728/2013 vom 22. August 2014 E. 3.2.2 i.f.) und der Schluss im angefochtenen Urteil auf eine Gehörsverletzung im Ergebnis nicht bundesrechtswidrig.  

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einwendet, die Vorinstanz hätte nicht auf die im vorinstanzlichen Gerichtsverfahren beantragte Parteibefragung verzichten dürfen, damit er ergänzende Angaben zu den Umständen der Gewährung des rechtlichen Gehörs hätte liefern können, legt er nicht dar, welche entscheiderhebliche Tatsache er mit dem fraglichen Beweismittel hätte beweisen wollen. Hieraus lässt sich nichts zu seinen Gunsten ableiten. 

6.3. Liegt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, ist nach Art. 34b Abs. 1 lit. a BPG dem Beschwerdegegner eine Entschädigung zuzusprechen. Damit ist die vorinstanzlich bejahte Entschädigungspflicht aufgrund der Gehörsverletzung bei der Kündigung bundesrechtskonform. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lässt sich ein solcher Verfahrensmangel durch ein nachfolgendes Beschwerdeverfahren mit voller Kognition des Gerichts nicht heilen. Wenn der Anspruch auf eine diesbezügliche Entschädigung durch im gerichtlichen Beschwerdeverfahren geltend gemachte Kündigungsgründe vereitelt werden könnte, würde der Wille des Gesetzgebers umgangen. Denn danach soll der Anspruch auf eine Entschädigung nach Art. 34b Abs. 1 lit. a BPG als Kompensation für die mängelbehaftete Kündigung dienen und es sich für den Arbeitgeber nicht „lohnen“, einer angestellten Person ohne rechtlich genügenden Grund oder mittels eines fehlerhaften Verfahrens zu kündigen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 31. August 2011 zu einer Änderung des Bundespersonalgesetzes, BBl 2011 6703, 6724). Deshalb ist – wie hier – bei der Feststellung einer Verletzung der Verfahrensregeln im Sinne von Art. 34b Abs. 1 lit. a BPG die Zusprechung einer Entschädigung geschuldet, unabhängig von der Frage einer allfälligen Heilung derselben.  

 

Zum sachlichen Grund

In Bezug auf den fehlenden sachlichen Grund wurde eine falsche Sachverhaltsdarstellung geltend gemacht. Auch dies wurde verneint:

6.4.1. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand des Beschwerdeführers, ihm könne keine Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes vorgeworfen werden (vgl. vorstehende E. 5.2.1). Indem er letztinstanzlich vorbringt, er habe keine Befugnisse gehabt zur Anordnung von weitergehenden Untersuchungsmassnahmen, und einzig auf seine Aufforderung an den Beschwerdegegner hinweist, sachdienliche Informationen zu liefern, sowie erneut dessen unkooperatives Verhalten betont, vermag dies keine willkürliche Tatsachenfeststellung oder anderweitige Bundesrechtsverletzung durch die Vorinstanz zu begründen. Insbesondere legt er nicht dar, weshalb er die im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens getätigten Abklärungen nicht selbst hätte vornehmen können. Dass sich der Beschwerdegegner geweigert hätte, die verlangten Dokumente einzureichen, ergibt sich aus der Beschwerde ebenso wenig.  

Damit hält der vorinstanzliche Schluss auf eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vor Bundesrecht stand.  

6.4.2. Bei den übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers handelt es sich grösstenteils um unzulässige appellatorische Kritik, womit er erneut seine eigene Sicht der Dinge darstellt, ohne sich unter Willkürgesichtspunkten mit den Erwägungen des kantonalen Urteils auseinanderzusetzen. Darauf ist nicht näher einzugehen (vgl. vorstehende E. 3.2).

 

Weitere Beiträge zur Kündigung (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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