Das Verwaltungsgericht Zürich hatte sich in einem Fall mit der Frage der Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers wegen abgesagten Ferien auseinanderzusetzen (VB.2024.00203 vom 13.3.2025). Im Rahmen der Anstellung war er zeitweise als Protokollführer bei der Staatsanwaltschaft tätig. Der Arbeitnehmer hatte mit seiner Partnerin eine sechswöchige Auslandreise geplant und dies auch so vorgängig eingegeben. Die Ferien wurden ihm in der Folge nicht bewilligt.

 

Verstoss gegen Fürsorgepflicht

Das Verwaltungsgericht befand, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund fehlender klarer Regelungen zur Zuständigkeit für Stellvertretungen und widersprüchlicher Kommunikation gegen die Fürsorgepflicht verstossen habe. Das Vorgehen sei treuwidrig gewesen und dem Arbeitnehmer Schadenersatz zuzusprechen: Im massgeblichen Zeitpunkt fehlte für Ferienabwesenheiten von Protokollführenden bei der Staatsanwaltschaft eine (klare) Regelung der Stellvertretung bzw. herrschte innerhalb der Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft Uneinigkeit darüber, wer eine solche Stellvertretung organisieren müsse. Diesen Mangel muss sich die Staatsanwaltschaft als Einsatzbetrieb vorwerfen lassen. Das weitere Vorgehen des Beschwerdegegners, dem Beschwerdeführer den längeren Ferienbezug nicht zu verweigern, sondern ihn stattdessen im Glauben zu lassen, er könne die Ferien beziehen, wenn er eine Stellvertretung organisiere, damit Unmögliches bzw. Unzulässiges von ihm zu verlangen und ihm nach der Buchung der Ferien und nachdem er sein Möglichstes getan hatte, eine geeignete Stellvertretungslösung zu finden, kurz vor Ferienantritt den Ferienbezug zu verweigern bzw. diesen nicht zu genehmigen, ist treuwidrig. Der Beschwerdegegner hat damit gegen die arbeitgeberische Fürsorgepflicht verstossen, wobei hier aufgrund der besonderen Umstände aus dem Verstoss eine Schadenersatzpflicht des Beschwerdegegners resultiert.

4.4 Wie sich zeigt, fehlte im massgeblichen Zeitpunkt bei Ferienabwesenheiten von Protokollführenden bei der Staatsanwaltschaft eine (klare) Regelung der Stellvertretung bzw. herrschte innerhalb der Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft Uneinigkeit darüber, wer eine solche Stellvertretung organisieren müsse. Diesen Mangel muss sich die Staatsanwaltschaft als Einsatzbetrieb vorwerfen lassen. Angesichts der komplexen personellen Strukturen hätte es eines formalisierten Verfahrens bedurft mit Vorgaben, wie bei einem Ferienbezug von Protokollführenden vorzugehen ist, bzw. bedarf es eines solchen.

Die von den beiden Vorgesetzten des Beschwerdeführers bei der Staatsanwaltschaft XY und deren Leiter stattdessen ad hoc (und bloss mündlich) gemachte Vorgabe, sich als arbeitnehmende Person selbst um eine geeignete Ferienstellvertretung zu kümmern, hält sodann vor § 81 VVO bzw. der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht nicht stand, zumal hier nicht der Bezug unbezahlten Urlaubs infrage stand (vgl. VGr, 30. September 2009, PB.2009.00010, E. 2.4, wonach die Bestellung einer Stellvertretung aus der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers folgt). Zwar kam dem Beschwerdeführer kein Anspruch zu, sechs Wochen Ferien (bezahlte Ferien und Kompensation von Überzeit) am Stück zu beziehen, und hätte ihm der Bezug etwa aus betrieblichen Gründen von vornherein verweigert oder aber davon abhängig gemacht werden können, dass er sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen, den anderen Protokollführenden, hinsichtlich ihrer jeweiligen Abwesenheiten im Frühjahr/Sommer 2022 abspricht. Mit der Verpflichtung, sich selbständig um seine Stellvertretung während der gesamten sechswöchigen Abwesenheit zu kümmern und in diesem Zusammenhang eine von den jeweiligen Vorgesetzten abgesegnete Liste mit den potenziellen Stellvertreterinnen und Stellvertretern für jeden einzelnen Tag einzureichen, wurde der Beschwerdeführer indes vor eine unlösbare Aufgabe gestellt, zumal ihm gegenüber den letztgenannten Personen keinerlei Weisungsbefugnisse zukamen. Es kommt hinzu, dass die von C, D und E formulierten Vorgaben an eine akzeptable Stellvertretungslösung unklar waren bzw. Raum für Interpretation liessen („Abwesenheit [von der] Polizei zu tragen“; „Ich habe Dir schon vor zwei Monaten gesagt, dass die Kapo einen Ersatz stellen müsste“; „Seine längere Abwesenheit stand von ganz Anfang an unter dem klaren Vorbehalt einer externen Stellvertretung“; „entgegen den Vorschriften keine Stellvertretung durch die Kapo während der gewünschten Ferienabwesenheit organisiert hat“). So ist nicht klar, was die Betreffenden unter einer externen Stellvertretung bzw. einer Stellvertretung durch (externe) Mitarbeitende der Kantonspolizei verstanden. Es ist insofern nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer in dieser unklaren Situation an die Aussage seines Mentors bei der Kantonspolizei hielt und – nachdem diese die Organisation einer Stellvertretung abgelehnt hatte – selbst unter den anderen Protokollführenden bei der Staatsanwaltschaft, das heisst unter seinen Kolleginnen und Kollegen, die die gleiche Arbeit erledigten, mögliche Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter suchte. Zuletzt genügte E denn auch offenbar die vom Beschwerdeführer entsprechend organisierte „interne“ Vertretung. Vor Vorinstanz machte der Beschwerdegegner gar selbst geltend, der Beschwerdeführer sei im Vorfeld mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden, „unter den aktuell bei anderen Amtsstellen tätigen Protokollführenden einen Stellvertreter suchen zu müssen“, wobei „ein Polizist, der aktuell nicht als Protokollführer tätig ist, als Stellvertreter nicht in Frage komme“.

Da sich seine Vorgesetzten bei der Staatsanwaltschaft von Anfang an geweigert hatten, ihm bei der Suche nach Stellvertreterinnen bzw. Stellvertretern zu helfen bzw. ihn einfach an die Kantonspolizei verwiesen, ohne den Ferienbezug zu verweigern, kann dem Beschwerdeführer auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn er nach ihrer Information im Februar 2022 Ferien buchte und seine Vorgesetzten nicht in die Suche nach geeigneten Stellvertretungen einbezog. Gleiches gilt insofern, als er bei den Vorgesetzten der angefragten Personen nicht selbst um Zustimmung zu den Stellvertretungen ersuchte, sondern auf das Wort seiner Kolleginnen und Kollegen vertraute, die erforderliche Einwilligung einzuholen, zumal ihm – wie gesagt – keinerlei Weisungsbefugnisse gegenüber den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten wie auch den anderen Protokollführenden zukam.

Die weiteren Einwendungen, die E in seinem E-Mail vom 9. April 2022 gegen den Ferienbezug vorbringt (Einwilligung der übrigen Leitenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Gleichbehandlung aller Angestellten), waren schliesslich soweit ersichtlich vorgängig gegenüber dem Beschwerdeführer nie kommuniziert worden. Sie konnten ihm insofern auch nicht nachträglich entgegengehalten werden.

4.5 Das geschilderte Vorgehen des Beschwerdegegners, dem Beschwerdeführer den längeren Ferienbezug nicht zu verweigern, sondern ihn stattdessen im Glauben zu lassen, er könne die Ferien beziehen, wenn er eine Stellvertretung organisiere, diesbezüglich Unmögliches bzw. Unzulässiges von ihm zu verlangen und ihm nach der Buchung der Ferien und nachdem er sein Möglichstes getan hatte, eine geeignete Stellvertretungslösung zu finden, kurz vor Ferienantritt den Ferienbezug zu verweigern bzw. diesen nicht zu genehmigen, ist treuwidrig.

Der Beschwerdegegner hat damit gegen die arbeitgeberische Fürsorgepflicht verstossen, wobei hier aufgrund der besonderen Umstände aus dem Verstoss eine Schadenersatzpflicht des Beschwerdegegners resultiert.

 

Umfang des Schadenersatzes

Das Verwaltungsgericht beschränkte den Schadenersatz auf den reinen Vermögensschaden. Weiteren Schadenersatz für den verpassten Feriengenuss bzw. „verpfuschte Ferien“ lehnte das Verwaltungsgericht ab:

5.2 Der verpasste Feriengenuss stellt nach herrschender Lehre und Rechtsprechung keinen ersatzfähigen Schaden dar (vgl. BGE 132 III 379 E. 3.3.2, 129 III 331 E. 2.1, 115 I 474 E. 3; statt vieler sodann Rolf H. Weber/Susan Emmenegger, Berner Kommentar, 2020, Art. 97 OR N. 227 ff. mit Hinweisen).

Eine Entschädigung für die „verpfuschten Ferien“ kann der Beschwerdeführer auch nicht unter dem Titel Genugtuung erhältlich machen. Der Genugtuungsanspruch setzt nach § 11 des Haftungsgesetzes vom 14. September 1969 (LS 170.1) eine besonders schwere Verletzung in den persönlichen Verhältnissen voraus. Eine solche ist hier weder dargetan noch ersichtlich.

5.3 Dem Beschwerdeführer ist daher nur der reine Vermögensschaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist, dass er aufgrund der kurzfristigen Nichtbewilligung bzw. der Verkürzung seiner Ferien gewisse Buchungen kostenpflichtig stornieren oder umbuchen musste bzw. gewisse gebuchte und bezahlte Leistungen ohne Rückerstattung nicht in Anspruch nehmen konnte. Die diesbezüglichen Kosten setzen sich laut dem Beschwerdeführer wie folgt zusammen: Fr. 6’577.- für verfallene und nicht rückerstattungsfähige Flüge sowie für Umbuchungen, Fr. 4’611.- für die nicht erstatteten Kosten einer Segelreise vom 7. bis am 14. Mai 2022, Fr. 2’308.- für die nicht erstatteten Kosten für eine Unterkunft für die Zeit vom 30. April bis am 6. Mai 2022 und Fr. 238.-. für die Annulation einer weiteren Unterkunft für die Zeit vom 14. bis am 17. Mai 2022. Entgegen dem Beschwerdegegner sind die betreffenden Ausgaben nachvollziehbar und belegt. Dem Beschwerdeführer steht daher ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt Fr. 13’734.- zu.

 

Weitere Beiträge zum Ferienrecht (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani 

 

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