In der Stadt Winterthur wird eine sogenannter Mutterschaftsurlaub für werdende Mütter eingeführt (per 1. Januar 2026). Dies nachdem das Stadtparlament am 30. Juni 2025 die Änderung des Personalstatuts (PST) aufgrund der Motion betreffend «Mutterschaftsurlaub für werdende Mütter» beschlossen hatte.
Mit dem Beschluss des Stadtparlaments vom 30. Juni 2025 wird der neue Anspruch auf vorgeburtlichen Urlaub in Art. 59 Abs. 1 PST verankert. Des Weiteren wird ebenfalls in dieser Bestimmung geregelt, wie im Fall einer Geburt vor oder nach dem errechneten Geburtstermin mit diesem Urlaubsanspruch verfahren wird. Erfolgt die Geburt vor dem errechneten Termin, verkürzt sich der bezahlte Urlaub entsprechend. Findet die Geburt hingegen nach dem errechneten Termin statt, entsteht eine Lücke bis zum tatsächlichen Geburtstermin.
Anpassung der Vollzugsverordnung (VVO PST)
In diesem Zusammenhang hatte der Stadtrat die VVP PST anzupassen.
Neu ist in Art. 64 Abs. 1 E-VVO PST festgelegt, dass der Anspruch auf bezahlten vorgeburtlichen Urlaub frühestens drei Wochen vor dem ärztlich errechneten Geburtstermin beginnt. Anspruch auf den Urlaub haben alle Mitarbeiterinnen, die ab Inkrafttreten der Bestimmung eine Niederkunft erwarten. Dabei ist Folgendes zu beachten:
- Ärztlich errechneter Geburtstermin: Der Zeitraum für den bezahlten Urlaub richtet sich nach dem ärztlich errechneten Geburtstermin, welcher vom tatsächlichen Geburtstermin zu unterscheiden ist. Dieser errechnete Termin wird anhand des Datums der letzten Regelblutung und der durchschnittlichen Zykluslänge berechnet. Er kann sich im Verlauf der Schwangerschaft und aufgrund weiterer medizinischer Untersuchungen ändern.
- Freiwilligkeit: Der Anspruch auf bezahlten vorgeburtlichen Urlaub ist freiwillig und darf von der vorgesetzten Person nicht angeordnet werden. Es wird jedoch empfohlen, dass die betroffene Mitarbeiterin bis zur 23. Schwangerschaftswoche gemeinsam mit der Mitteilung des ärztlich errechneten Geburtstermins angibt, ob sie den vorgeburtlichen bezahlten Urlaub in Anspruch nehmen möchte.
- Umfang des Anspruchs auf bezahlten vorgeburtlichen Urlaub: Mitarbeiterinnen haben in den drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Anspruch auf bezahlten Urlaub für die notwendige Dauer. An einem Bezugstag darf zusammen mit der effektiven Arbeitszeit insgesamt höchstens die geplante Regelarbeitszeit angerechnet werden. Es darf kein Mehrzeitguthaben generiert werden. Der ärztlich errechnete Geburtstermin dient als Ausgangspunkt für die Berechnung des Anspruchszeitraums. Da der Mutterschaftsurlaub am Tag der Geburt beginnt, endet der vorgeburtliche Urlaub einen Tag davor. Die dreiwöchige Bezugsfrist beginnt am gleichen Wochentag wie der errechnete Geburtstermin.
- Mitteilung bis zur 23. Schwangerschaftswoche (Art. 64 Abs. 1a E-VVO PST): Um eine bessere Planbarkeit zu erreichen, wird der Zeitpunkt der Mitteilung des ärztlich errechneten Geburtstermins an die Arbeitgeberin festgelegt und in der VVO PST verankert. Im zweiten Trimester, in der 20. bis 23. Schwangerschaftswoche, findet in der Regel die zweite reguläre Ultraschalluntersuchung statt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Berechnung des Geburtstermins erfolgt, da dieser Termin für die werdenden Eltern von grosser Bedeutung ist und das Risiko einer Fehlgeburt bis zu diesem Zeitpunkt erheblich gesenkt ist (nach den ersten 12 Schwangerschaftswochen). Die voraussichtliche Abwesenheit der Mitarbeiterin kann somit rechtzeitig geplant und mögliche Stellvertretungen organisiert werden. Mit Art. 64 Abs. 1a E-VVO PST wird daher ein zusätzlicher Absatz eingefügt, der festlegt, dass der errechnete Geburtstermin durch ein ärztliches Zeugnis belegt und den Vorgesetzten bis zur 23. Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden muss. Spätere Anpassungen des errechneten Geburtstermins haben keine Auswirkung auf den Zeitpunkt der Gewährung des bezahlten Urlaubs. Es handelt sich zudem um eine Ordnungsfrist; wird sie nicht eingehalten, führt dies nicht zur Verwirkung des Anspruchs auf bezahlten Urlaub.
Vergleichbare Regelungen
Bereits heute gibt es im Kanton Basel-Stadt (3 Wochen) und etwa in der Stadt Bern (3 Wochen) vergleichbare Regelungen. In der Stadt Zürich wurde ebenfalls die Einführung beschlossen, doch läuft im Moment die Referendumsfrist bis am 24. November 2025.
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Autor: Nicolas Facincani
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